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Auftakt zum Betrugsprozess
Der 88-jährige Sepp Blatter ist ganz der Alte – die Fifa wird vermisst

Der ehemalige FIFA-Präsident Sepp Blatter und sein Anwalt Lorenz Erni am Montag vor dem Berufungsgericht in Muttenz, Schweiz, begleitet von Pressevertretern.
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In Kürze:
  • Der Betrugsprozess gegen Blatter und Platini in Muttenz findet ohne die Fifa statt.
  • Blatter behauptet, die 2-Millionen-Zahlung sei eine legitime Schuld gewesen.
  • Die Fifa verzichtet darauf, die Berufung im Prozess ausdrücklich zu unterstützen.
  • Die Bundesanwaltschaft ist überzeugt von Betrug und Urkundenfälschung der Angeklagten.

Wo ist die Fifa? Das war die grosse Frage zum Auftakt des Betrugsprozesses gegen Sepp Blatter, den ehemaligen Fifa-Präsidenten, und gegen den früheren Uefa-Chef Michel Platini. Die Weltpresse wartet in Muttenz vor dem Baselbieter Strafjustizzentrum auf die beiden. Der Weltfussballverband glänzt derweil durch Abwesenheit.

In Muttenz müssen die lange mächtigsten Männer im Fussballgeschäft vor Gericht, weil Blatter Platini im Jahr 2011 zwei Millionen Franken aus der Fifa illegal zugeschanzt haben soll. In erster Instanz waren die beiden vor rund drei Jahren freigesprochen worden. Damals hatte sich der Verband, der von Blatter-Nachfolger Gianni Infantino präsidiert wird, vor dem Bundesstrafgericht an der Seite der Bundesanwaltschaft für zwei Verurteilungen eingesetzt.

Doch nun bei der Berufungsverhandlung, die in Muttenz stattfindet, fragen sich viele: Wo ist die Fifa? Zwar hat sich der Verband vor längerem schriftlich der Berufung der Bundesanwaltschaft angeschlossen. Doch danach unterliess es die Fifa, diese Berufung zu begründen. Sie teilte dem nachfragenden Gericht nur mit, dass sie sich vom Prozess vor den Toren Basels dispensieren lassen wolle.

Fifa wählte den Abgang durch die Hintertür

«Was ist ein Fussballspiel ohne gegnerische Mannschaft?», fragte Platinis Verteidiger Dominic Nellen zum Prozessauftakt rhetorisch. Und sogar Staatsanwalt Thomas Hildbrand wollte wissen: «Ja, wo ist die Fifa? Sie ist nicht da. Ist das ein Rückzug?»

Die Antwort gab das Gericht. Es hatte abgewartet, ob in letzter Minute noch eine schriftliche Eingabe der Fifa eintreffe. Doch dies war nicht der Fall. Der Verband wählte den Abgang durch die Hintertür, nachdem er sich lange starkgemacht hatte für den Schuldspruch seines Ex-Präsidenten.

Die Konsequenz: Sie kann das Urteil von Muttenz, falls es ihr nicht passt, nicht mehr weiterziehen. Sie wird diesbezüglich abhängig von der Bundesanwaltschaft. Diese machte im Baselbieter Gericht klar, dass sie weiterhin davon überzeugt ist, dass Blatter und Platini betrogen und Urkunden gefälscht haben.

Sepp Blatter scheint ganz der Alte

Der Walliser, der seit Jahren an seinem Zweitwohnsitz Zürich lebt, erhielt in Muttenz zuerst die Gelegenheit, sich zu den Vorwürfen zu äussern. Er, der kommende Woche 89 Jahre alt wird, schien wieder ganz der Alte, als er das Wort erhielt. In einem mehrminütigen Monolog schilderte er unter anderem drei Prinzipien, die sein Vater ihm gelehrt habe: «1. Wir nehmen nur Geld an, das wir verdient haben. 2. Wir bezahlen unsere Schulden und auch Steuern. 3. Wir sind fleissig.» Daran habe er sich immer gehalten.

Bei der umstrittenen 2-Millionen-Zahlung an Platini habe es sich um Schulden der Fifa gehandelt. Er habe ein Gentlemen’s Agreement mit dem ehemaligen Weltfussballer geschlossen, damit dieser um die Jahrtausendwende als Berater für die Fifa arbeite. Jahre später habe Platini das Geld eingefordert, und man habe bezahlt.

Platinis später Ärger

Der frühere Regisseur der französischen Nationalmannschaft und von Juventus Turin seinerseits erklärte, Blatter hätte ihm eine Million Franken Beraterlohn pro Jahr geboten. Allerdings habe die Fifa, damals noch weniger vermögend als heute, nicht die volle Summe bezahlen können. Blatter habe ihm das Geld für später versprochen.

Platini sagte weiter aus, er habe seine Forderung erst rund zehn Jahre später geltend gemacht, als er vernommen habe, dass ausgeschiedene Funktionäre hohe Abfindungen erhalten hätten. Das habe ihn «verärgert».

Die Gerichtsverhandlung dauert voraussichtlich mehrere Tage. Als Zeuge wird auch der heutige Bundesstrafrichter Olivier Thormann angehört. Weil er früher die Fussballverfahren der BA leitete, findet das Berufsverfahren nicht vor dem Bundesstrafgericht, sondern im dafür ausgelosten Kanton Basel-Landschaft statt. Die Urteilsverkündigung in Muttenz ist auf den 25. März angesetzt.