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Ausbildungstitel in der Schweiz
Berufsverband führt eigenmächtig Berufs-Bachelor und -Master ein

Vertieftes Expertenwissen ist zentral: Bei einer akademischen Laufbahn entspricht das Zertifikat als eidgenössisch diplomierte Expertin in Rechnungslegung und Controlling zumindest einem Mastertitel. 
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Eidgenössisch diplomierte Expertinnen und Experten in Rechnungslegung und Controlling sind Spitzenkräfte ihres Fachs. Sie gehören zu den am besten ausgebildeten unter den im internationalen Vergleich ohnehin speziell gut ausgebildeten Schweizer Berufsleuten. Deshalb hat sie das Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation (SBFI) als erste Berufsgruppe auf der höchsten Stufe im Nationalen Qualifikationsrahmen Berufsbildung eingereiht.

Bei einer akademischen Laufbahn entspricht das einem Master- oder gar Doktortitel. Die Rechnungslegungs- und Controlling-Fachleute aber dürfen sich nicht einmal Bachelor nennen (zu den Gründen lesen Sie hier die Details).

Nun ist ihrem Verband «veb.ch» der Geduldsfaden gerissen. Er führt eigenmächtig die begehrten Bezeichnungen für seine Mitglieder ein, die über den eidgenössischen Fachausweis beziehungsweise das entsprechende Diplom verfügen. Dies gab der Verband an seiner Generalversammlung vom Donnerstag in Zürich bekannt. 

Der Vorstand habe diesen Schritt «sozusagen im Notrecht» beschlossen, sagt Präsident Herbert Mattle, der «veb.ch» während mehr als dreissig Jahren führte und nun zurücktritt. Ohne Bachelor oder Master seien die Mitglieder nicht nur bei der Stellensuche im Ausland benachteiligt, sondern auch, wenn sie in der Schweiz für einen ausländischen Konzern arbeiten möchten.

Bundeslösung gibt es frühestens 2025, «wenn überhaupt»

Den Glauben daran, dass sich der Bund bewegt, hat Mattle nach eigenem Bekunden verloren. Das SBFI habe zwar endlich eingesehen, dass die englische Übersetzung in der Praxis unbrauchbar sei, und im vergangenen April Vorschläge zum Professional Bachelor beziehungsweise Master als Titelzusätze in die Konsultation geschickt.

«Ob es aber jemals dazu kommt, steht nach unserer Beurteilung in den Sternen», so Mattle. Das SBFI sage selber, dass es frühestens 2025 eine Lösung geben werde, «wenn denn überhaupt». Dazu brauche es Gesetzes- oder Verordnungsänderungen, die das Parlament bisher stets abgelehnt habe.

Swissuniversities fürchtet Titel-Wirrwarr

Das liegt nicht zuletzt am Widerstand der Fachhochschulen und Universitäten. Deren Dachorganisation Swissuniversities bleibt skeptisch: «Die vorgeschlagenen Titel(zusätze) sind im Hochschulbereich verankert», heisst es in der Konsultationsantwort ans SBFI. Würden sie in der höheren Berufsbildung genutzt, bestehe das Risiko, «dass eine zusätzliche Verwirrung gestiftet wird». Kurz: Man solle doch bitte andere Lösungen suchen.

Eine solche hat das SBFI vor ein paar Jahren präsentiert. Herausgekommen sind regelrechte Wortschlangen. Ein Fachmann im Finanz- und Rechnungswesen mit eidgenössischem Fachausweis braucht für seinen Berufstitel auf Englisch 96 Zeichen, eine diplomierte Expertin in Rechnungslegung und Controlling gar deren 115. «Das ist sperrig, unverständlich und untauglich für den internationalen Arbeitsmarkt», sagt Mattle. 

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Noch grösser ist der Unterschied beim Master. 
Der Bachelortitel von «veb.ch» ist deutlich kürzer als die geltende englische Bezeichnung.
Noch grösser ist der Unterschied beim Master. 

«Bachelor Professional veb.ch in Accounting» hingegen kommt mit 42 Zeichen aus, für «Master Professional veb.ch in Accounting» braucht es nur 40. Die Titel lehnen sich an jene an, die in Deutschland bereits seit 2020 gebräuchlich sind. «veb.ch» hat sie als Marke beim Eidgenössischen Institut für geistiges Eigentum registrieren lassen.

Ab 1. Juli können die Mitglieder die neuen Titel beim Verband beantragen. Dieser prüft, ob sie berechtigt sind, ihn zu tragen, was nach Schätzungen von Mattle auf etwa 6500 Personen zutreffen dürfte. Wenn ja, dürfen sie sich Bachelor oder Master nennen – und sich anschliessend bessere Chancen bei einer Bewerbung im Ausland ausrechnen. Nach fünf Werktagen, nicht nach mehreren Jahren.