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Analyse zum Entscheid des Europäischen Gerichtshofs
Bald kein EU-Geld mehr für Orbans Schwiegersohn

Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und Ungarns Regierungschef Viktor Orban sind mit ihrer Klage gegen den Rechtsstaatsmechanismus vor dem Europäischen Gerichtshof abgeblitzt.  
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In Ungarn ist ein Heizungsmonteur und Freund von Regierungschef Viktor Orban heute einer der reichsten Männer im Land. Und Orbans Schwiegersohn kam zuletzt gerne bei Bauprojekten zum Zug, die mit EU-Geldern verwirklicht wurden. Ungarn ist Spitzenreiter, wenn es um Korruption mit EU-Fonds geht. Vier Prozent der Mittel sollen so versanden. Hinweisen aus Brüssel gehen die nationalen Behörden, die für die Strafverfolgung zuständig wären, nicht nach. Ähnlich in Polen, wo die Regierung die Unabhängigkeit der Justiz untergräbt und Gerichte mit Gefolgsleuten besetzt.

Ab sofort muss die EU-Kommission dem Missbrauch von europäischen Steuergeldern nicht mehr tatenlos zusehen. Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat eine Klage Ungarns und Polens gegen einen sogenannten Rechtsstaatsmechanismus abgelehnt. Das Urteil ist eine Niederlage für die rechtsnationalen Regierungen in Budapest und Warschau. Als Sieger sehen sich das EU-Parlament und die Nettozahler unter den Mitgliedsstaaten, die den neuen Mechanismus gefordert haben. Der war eigentlich schon 2020 zusammen mit dem 750 Milliarden Euro schweren Corona-Wiederaufbaufonds beschlossen worden. Die EU-Kommission hat die Aktivierung des Mechanismus mit Verweis auf die Klage hinausgeschoben, was Ursula von der Leyen viel Kritik aus dem EU-Parlament eingetragen hat.

Rücksicht auf deutsche Wirtschaft

Kritiker werfen der EU-Kommissionspräsidentin falsche Rücksichtnahme auf die Regierungen in Budapest und Warschau vor. Manche sehen einen Zusammenhang mit der Tatsache, dass Ursula von der Leyen einst auch mit den Stimmen der Abgeordneten von Viktor Orbans Fidesz-Partei gewählt wurde. Lange hatte Angela Merkel als Regierungschefin des grössten EU-Mitgliedsstaates die Konfrontation vermieden. Aus Rücksicht auf Interessen der deutschen Wirtschaft, die in Ungarn stark engagiert ist. Allerdings hält die EU-Kommission bereits die üppigen Gelder aus dem Wiederaufbaufonds zurück. Wenn die Kommission jetzt zusätzlich Mittel aus dem allgemeinen Haushalt verweigern kann, ist das eine weitere Eskalationsstufe.

Diesen Schritt dürfte Ursula von der Leyen auch aus politischen Erwägungen hinausgezögert haben. Polen und Ungarn drohen bereits mit Totalblockade. Zumindest dort, wo Einstimmigkeit nötig ist, könnte das Folgen haben. Mitten in der Konfrontation mit Russland stünde die EU gelähmt und blamiert da. So schnell wie einige im EU-Parlament hoffen, wird es ohnehin nicht gehen. Der EuGH pocht in seinem Urteil darauf, dass Brüssel sich an das mehrstufige Verfahren hält, wie es in der Verordnung zum Rechtsstaatsmechanismus festgelegt ist. Auch ist der Fokus eng gefasst. Die EU-Kommission muss belegen, dass ein konkreter Missbrauch von Mitteln droht. Der Rechtsstaatsmechanismus ist also eigentlich ein Instrument zum Schutz des EU-Haushaltes und  gegen den Missbrauch von europäischen Steuergeldern.

Hoffen auf Wahlen

Frühestens in sechs bis neun Monaten wird die EU-Kommission erstmals EU-Gelder blockieren können. Im Fall von Ungarn hat sich im Idealfall das Problem bis dann schon von selber gelöst. Viktor Orban hat bei den Parlamentswahlen am 3. April erstmals einen ernsthaften Herausforderer: «Der EuGH hat entschieden, Dieben kein Geld mehr zu geben», twitterte Oppositionsführer Peter Marki-Zay nach dem Urteil am Mittwoch erfreut. Ungarns Bevölkerung bezahle den Preis, wenn Gelder aus europäischen Fonds in Korruption versickerten. Die Mittel gehörten den Ungarinnen und Ungaren: «Wir schicken Orban weg, und eine neue Regierung wird die Gelder zurückbringen.»

Ursula von der Leyen hat bisher die Konfrontation mit Ungarn und Polen gescheut. Nach dem Urteil des EuGH kommt die Kommissionspräsidentin in Zugzwang.