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Streit um EU-Parlaments-Entscheid
Polen und Ungarn kämpfen gegen EU-Rechtsstaats-Schutz

Am Sonntagabend kam es in Warschau zu Protesten gegen das Urteil des Verfassungsgerichts, wonach nationales Recht vor EU-Recht kommt.
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Vor dem Europäischen Gerichtshof beginnt an diesem Montag die mündliche Verhandlung zu den von Polen und Ungarn eingereichten Klagen gegen den neuen EU-Rechtsstaatsmechanismus. Die beteiligten Parteien können dabei den zuständigen Richtern ihre Position erläutern. In dem beschleunigten Verfahren dürfte das Gericht dann bereits in wenigen Monaten das mit Spannung erwartete Urteil sprechen.

Das neue Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit sieht vor, dass EU-Ländern Mittel aus dem Gemeinschaftsbudget gekürzt werden können, wenn wegen Rechtsstaatsverstössen ein Missbrauch der Gelder droht. Die Regierungen in Ungarn und Polen befürchten, dass das neue Verfahren vor allem gegen sie eingesetzt werden soll. Kritiker werfen ihnen vor, die Justiz entgegen den EU-Standards zu beeinflussen.

Beide Länder argumentieren nun vor dem EuGH, dass der sogenannte Konditionalitätsmechanismus nicht mit dem geltenden EU-Recht vereinbar sei. So dürfen aus polnischer Sicht für die Vergabe von Geld aus dem EU-Haushalt einzig «objektive und konkrete Bedingungen» gelten. Die EU habe keine Befugnis, den Begriff «Rechtsstaat» zu definieren, heisst es aus Warschau.

Am vergangenen Donnerstag hatte das polnische Verfassungsgericht dieser Sichtweise noch einmal Nachdruck veliehen, indem es ein höchst umstrittenes Urteil zum Vorrang von nationalem Recht vor EU-Recht fällte.

Mittelkürzungen drohen

Für Polen und Ungarn könnte es in dem Rechtsstreit um erhebliche Summen gehen. Aus dem regulären EU-Haushalt erhielt Polen zuletzt netto rund 12,4 Milliarden Euro pro Jahr, Ungarn rund 4,7 Milliarden Euro. Zudem rechnet Polen mit rund 23,9 Milliarden Euro an Corona-Hilfen, Ungarn mit rund 7,2 Milliarden Euro.

Der Mechanismus zum Schutz der Rechtsstaatlichkeit war im vergangen Dezember nach langen EU-internen Diskussionen vom Europäischen Parlament und dem Rat der Mitgliedstaaten per Mehrheitsentscheidung beschlossen worden. Eine Einigung der Staats- und Regierungschefs sieht allerdings vor, dass er erst dann angewendet werden soll, wenn der EuGH über die Klage von Ungarn und Polen entschieden hat. Mit diesem Zugeständnis wurden die Regierungen in Budapest und Warschau im vergangenen Jahr dazu gebracht, eine Blockade von wichtigen EU-Haushaltsentscheidungen aufzugeben.

Derzeit ist allerdings unklar, ob die zuständige EU-Kommission nicht vielleicht schon vor dem Urteil erste Verfahren für Mittelkürzungen einleiten wird. Grund dafür ist vor allem Druck des Europaparlaments. Eine Mehrheit der Abgeordneten sieht den Deal der Staats- und Regierungschefs als nicht bindend für die Kommission an und droht sogar mit einer Untätigkeitsklage gegen die Behörde, wenn sie nicht zügig handelt.

/roy/oli