Opposition in UngarnEr ist die Hoffnung aller Orban-Gegner
Der Spitzenkandidat der Opposition bezeichnet den ungarischen Premier offen als Dieb.
Am Donnerstag wird der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro nach einem Moskau-Besuch in Budapest zwischenlanden und dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban seine Aufwartung machen. Der Ungar war 2018 zur Amtseinführung des brasilianischen Rechtspopulisten gereist; nun soll Bolsonaro seinen Freund im ungarischen Wahlkampf unterstützen. Auch über einen Besuch des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump Ende März in Budapest wird gemunkelt. Bei Auftritten mit den zwei extrem umstrittenen, aber in Kreisen der regierenden Fidesz-Partei populären Politikern will sich Orban auf Augenhöhe mit den Grossen der Welt präsentieren.
Peter Marki-Zay präsentiert sich eher auf Marktplätzen mit ungarischen Bürgerinnen und Bürgern, ihm bleibt auch wenig anderes übrig. Der 49-Jährige ist seit Herbst Spitzenkandidat der vereinigten ungarischen Opposition; aus einer Urwahl von sechs Parteien, in der er bekannte linke und rechte Politiker hinter sich liess, ging er überraschend als Sieger hervor. Der promovierte Wirtschaftswissenschaftler und Marketingexperte spricht nach einem mehrjährigen Aufenthalt in den USA und Kanada zwar fliessend Englisch, er unterrichtet an der Universität Szeged und gilt als weltläufig. Aber als amtierender Bürgermeister der Regionalstadt Hodmezövasarhely kann er nicht mit der Wahlkampfunterstützung internationaler Prominenz aufwarten.
Kampf gegen Orbans Medienmacht
Eigentlich will die vereinigte ungarische Opposition an diesem Donnerstag ihr Programm präsentieren, was ohnehin recht spät ist angesichts der Tatsache, dass bereits in sechs Wochen gewählt wird. Aber der Besuch des Brasilianers dürfte die Schlagzeilen der ganz überwiegend in Regierungshand befindlichen Medien dominieren; gut möglich also, dass die Präsentation der Wahlkampfinhalte wie auch der endgültigen Kandidatenliste der Oppositionsparteien noch einmal verschoben wird. Womit die zwei grundlegenden Probleme von Marki-Zay schon beschrieben wären: Wer gegen einen medial und finanziell so übermächtigen Gegner wie Viktor Orban antritt und dies mit Rückendeckung einer Gruppe lange zerstrittener und ideologisch völlig uneinheitlicher Parteien tut, der kämpft auf schwankendem Grund.
Der Spitzenkandidat jedoch macht aus der Not eine Tugend. Er tourt durch das Land, will sich bekannt machen an der Basis und Orbans Anhängern erklären, dass die Welt ohne diesen nicht versinken würde. Denn das ist der wichtigste Programmpunkt der Opposition: Orban muss weg, die Korruption beendet, die Spaltung der Gesellschaft überwunden werden. Ein typischer Marki-Zay-Satz geht so: «Orban ist kein Migrationsgegner, kein Christ, kein Konservativer. Er ist nur ein Dieb.»
Er eint die Opposition
Er müsse Aufmerksamkeit erzeugen, sagt Marki-Zay dazu, damit er die Medienmaschine von Fidesz übertöne. Dass dabei auch vieles herauskommt, was seinen Mitstreitern massive Bauchschmerzen bereitet – etwa wenn er feststellt, dass das Oppositionsbündnis auch Kommunisten und Faschisten repräsentiere –, nimmt der Spitzenkandidat offenbar billigend in Kauf. Widerspruch aus der Opposition gibt es derzeit nicht; man will den Kandidaten nicht beschädigen.
Marki-Zay gilt vielen Fidesz-kritischen Wählern nach wie vor als guter Kompromisskandidat: Er ist gläubiger Christ und hat sieben Kinder, gilt als liberal und proeuropäisch, kommt nicht aus der Budapester Blase, hat Auslandserfahrung. Bei seiner Kür zum Spitzenkandidaten war er ein weitgehend unbeschriebenes Blatt – und damit eine Blackbox auch für die aggressive Propaganda der Regierungspartei. Anna Donath, Parteichefin der liberalen Partei Momentum, sagt über Marki-Zay, er sei sehr spontan; seine Auftritte seien daher «immer ein Abenteuer» – was es aber auch für Fidesz schwer mache, eine Strategie gegen ihn zu entwickeln.
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