Kritik an CS-ChefAussage von CS-Grossaktionär nährt Spekulationen um Gottstein
Ein US-Fondsmanager spricht sich für die Absetzung von Thomas Gottstein aus. Obwohl ihm die Bankspitze öffentlichen Rückhalt gibt, reissen die Gerüchte um ihn nicht ab.
An der Generalversammlung vor einem Monat versuchte der frisch gewählte CS-Präsident Axel Lehmann, alle Spekulationen um Thomas Gottstein zu beenden. Er stellte klar, Gottsteins Posten stehe nicht zur Debatte. In der NZZ doppelte Lehmann nach: «Bei so vielen Neubesetzungen braucht es an der Spitze auch jemanden, der weiss, wie die ganze Organisation tickt und wer die Schlüsselkunden sind.» Gottstein ist seit zwei Jahren Chef, er habe wohl den schwierigsten Posten in der ganzen Branche, doch sei er der richtige Mann.
Doch Lehmann gelang es damit nicht, die Debatte zu beruhigen. Die Diskussionen um Thomas Gottstein wollen nicht verstummen.
Sein Wort hat Gewicht
Vor einer Woche berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg, dass der Verwaltungsrat der Credit Suisse erste Gespräche geführt habe, um Gottstein «möglicherweise zu ersetzen». Es könne «bereits in diesem Jahr» dazu kommen. Aus der Bank ist zu hören, dass an der Geschichte nichts dran sei. «Der Verwaltungsratspräsident hat Thomas Gottstein klar sein Vertrauen ausgesprochen. Daran hat sich nichts geändert», so die offizielle Antwort der Bank.
Nun folgt schon der nächste Unruheherd. David Samra, Manager des US-Vermögensverwalters Artisan Partners, hat in einem Interview mit der Nachrichtenagentur Reuters die Ablösung von Gottstein gefordert. Sein Wort hat Gewicht: Artisan gehört mit einem Aktienanteil von 1,5 Prozent zu den zehn grössten Investoren der Grossbank.
«Es gibt keine offensichtlichen Kandidaten, die wir identifizieren können.»
Allerdings fordert Samra nicht den schnellen Rauswurf Gottsteins. Der Fondsmanager gibt dem CS-Chef eine gewisse Schonfrist und erklärte, dass der Wechsel einige Zeit in Anspruch nehmen könne. Gottstein solle erst ersetzt werden, wenn ein erstklassiger Nachfolger gefunden sei. Und das ist nicht so einfach: «Es gibt keine offensichtlichen Kandidaten, die wir identifizieren können. Und wir haben mit vielen Führungskräften in der Branche gesprochen», sagte Samra.
Das deckt sich mit Stimmen aus der Bank. Zwei hochrangige Bankinsider sagten dieser Zeitung, dass in nächster Zeit nicht mit der Ablösung Gottsteins zu rechnen sei und sie auch keine Kenntnisse von laufenden Gesprächen zu diesem Thema hätten.
«Das macht zum jetzigen Zeitpunkt auch keinen Sinn», sagt eine Quelle aus dem Umfeld der Geschäftsleitung. Denn ein neuer Chef, eine neue Chefin könne angesichts der laufenden Umbauarbeiten und der Krisenverarbeitung nicht wirklich einen Neuanfang verkörpern. Die Bank stöhnt unter steigenden Kosten für die Aufarbeitung ihrer alten Rechtsfälle, gleichzeitig sorgen die Börsenturbulenzen dafür, dass die Einnahmen nicht mehr so üppig sprudeln.
Topjob vakant
Ferner ist de facto bereits die gesamte Geschäftsleitung in den letzten zwei Jahren ausgetauscht worden. Es brauche ein Minimum an Stabilität an der Bankspitze, um die Credit Suisse durch die Krise zu führen, heisst es unisono.
Schon heute hat die CS einen Topjob vakant: Der Abgang des langjährigen Finanzchefs David Mathers wurde zwar angekündigt, doch bisher konnte die CS keinen Nachfolger, keine Nachfolgerin präsentieren. Dabei ist der Posten des Finanzchefs bei einer Grossbank eine Schlüsselposition.
Den nächsten Sturm könnte der Greensill-Bericht der Finanzmarktaufsicht auslösen. Die Pleite des australischen Lieferketten-Fonds hat die Bank schwer getroffen. Die Frage ist, welchen Anteil am Debakel Gottstein direkt angelastet werden kann. Der Finanzblog «Tippinpoint» schreibt: «Wenn der Verwaltungsrat einen Anlauf nimmt, Thomas Gottstein zu ersetzen, dann um den Zeitpunkt der Publikation des Finma-Greensill-Berichts herum.»
Sollte Gottstein rote Zahlen präsentieren, wird die Debatte um seine Ablösung erneut Fahrt aufnehmen.
So wird als weiteres Argument hinter vorgehaltener Hand genannt, warum der CS-Chef bis auf weiteres bleibe: Gottstein sei quasi eine Art Faustpfand, so eine Quelle. Denn der neue Chefjurist Markus Diethelm soll die juristischen Altlasten der Grossbank ausräumen. Sollten hierbei staatliche Stellen wie die US-Justiz harte Konsequenzen fordern, wäre ein Austausch des Bankchefs eine Option.
Gefährlich könnte für Gottstein auch der Jahresabschluss 2022 werden. «Wir gehen 2022 von einem Gewinn aus», hatte er gegenüber der «Finanz und Wirtschaft» erklärt. Er fügte allerdings an, dass Unsicherheitsfaktoren wie die Russlandkrise, die Inflation und das Zinsumfeld eine Prognose schwierig machten. Dennoch bleibt bei vielen Beobachtern die Aussage hängen, dass die Bank 2022 keine roten Zahlen schreiben soll.
Sollte Gottstein das nicht schaffen, wird die Debatte um seine Ablösung erneut Fahrt aufnehmen.
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