Aufrüstung der Schweizer ArmeeFunkgeräte, Mörser, Duros – Amherds Nachfolger erwarten noch mehr Baustellen als bisher bekannt
Seit Monaten steht die Armee wegen Problemen bei Beschaffungsprojekten in der Kritik. Nun zeigt ein neuer Bericht, dass es noch mehr Verzögerungen und Mehrkosten gibt.

- Die Beschaffung mobiler Funkgeräte soll neu überprüft werden.
- Die Verzögerungen bei der Telekommunikation tangieren auch weitere Projekte.
- Bei der Modernisierung der Duros zeigen sich bereits jetzt altersbedingte Mängel.
- Beim Drohnenprojekt ADS 15 bleiben weiterhin grosse Unsicherheiten bestehen.
In einem Monat wählt das Parlament den Nachfolger der abtretenden Verteidigungsministerin Viola Amherd. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird entweder Markus Ritter oder Martin Pfister das frei werdende VBS von Amherd übernehmen – und damit auch die Gesamtverantwortung für die milliardenschweren Rüstungsbeschaffungen der Armee.
Diese Beschaffungen haben ihre Tücken. Das zeigt auch der neueste Bericht zum Stand der Topprojekte beim VBS. Im Vergleich zum Vorjahr hat gleich bei mehreren Beschaffungen die Ampel von Grün auf Orange gewechselt – und teilweise sogar auf Rot. Hier die Übersicht:
Modernisierung der Duros

2015 bewilligte das Parlament 558 Millionen Franken für die Modernisierung von 2220 geländegängigen Fahrzeugen des Typs Duro des Schweizer Herstellers Mowag. Ob die 250’000 Franken pro Fahrzeug sinnvoll investiertes Geld sind – oder ob man sich dafür nicht genauso gut neue Fahrzeuge kaufen könnte –, darüber wurde im Parlament seinerzeit lebhaft debattiert. Nun zeigt sich: Das Geld dürfte nicht ausreichen.
Die Armee teilt mit, dass bei dieser Modernisierung nicht sämtliche Bauteile erneuert beziehungsweise saniert worden seien und sich nun «diverse altersbedingte technische Mängel» zeigten. Derzeit laufen zwischen der Armee und der Mowag Verhandlungen, welche dieser Mängel unter Garantieleistungen fallen und welche nicht. Per Ende 2024 hat das VBS bereits 561 Millionen Franken ausgegeben.
Funkgeräte

Mit dem Projekt Telekommunikation der Armee (TKA) sollen die Kommunikationssysteme der Schweizer Armee modernisiert werden. Über Funk, Mobilfunk und andere Datenverbindungen sollen Soldaten und Einsatzkräfte schnell, sicher und zuverlässig miteinander kommunizieren können. 1,7 Milliarden Franken sind dafür budgetiert.
Dass sich das Projekt verspäten wird, zeichnete sich bereits Ende vergangenen Jahres ab. Nun ist klar, wie sehr: Statt 2032 wird das Projekt voraussichtlich erst 2035 fertig sein. Grund dafür sind Lieferschwierigkeiten und Qualitätsprobleme bei der Lieferantin Elbit, welche die mobilen Funkgeräte bereitstellen soll.
Der Lieferrückstand beim israelischen Hersteller führt wiederum zu Verzögerungen bei anderen Beschaffungsprojekten. So vermeldet das VBS unter anderem, dass auch das taktische Aufklärungssystem Tasys ein Jahr später kommt als geplant. «Die Gruppe Verteidigung und das Bundesamt für Rüstung erstellen derzeit unter Einbezug der Projekte, welche Abhängigkeiten zu TKA aufweisen, eine Neuplanung und beantragen diese beim Projektausschuss zur Genehmigung», sagt Kaj-Gunnar Sievert, Sprecher des Bundesamts für Rüstung (Armasuisse), auf Anfrage.
Flugabwehr

Fünf Feuereinheiten des Systems Patriot sollen die Schweiz dereinst vor Angriffen aus der Luft schützen. 2,3 Milliarden Franken kostet die Beschaffung, ab 2030 soll die Luftabwehr einsatzbereit sein. Nachdem das VBS den Zeitplan letztes Jahr noch als «plangemäss» deklariert hat, ist der Status neu «knapp». Die Ressourcenlage sowie die Einhaltung der Terminpläne seien «angespannt, aber unter Kontrolle», teilt das VBS mit.
Hintergrund der Unsicherheiten dürfte sein, dass momentan mehrere Nationen beim amerikanischen Hersteller Raytheon auf Nachschub drängen. Am ursprünglichen Plan, dass die Systeme 2030 geliefert und in Betrieb sein sollen, hält das VBS aber dezidiert fest.
Neues Rechenzentrum

Geschäftskritische Informationen will die Bundesverwaltung in Zukunft vollständig selbst speichern. Dafür hat das Parlament vor Jahren den Bau dreier Rechenzentren bewilligt. Zwei davon stehen bereits. Das dritte mit dem Namen Kastro II lässt aber weiterhin auf sich warten.
Laut der Armee lässt es die «Finanzzuteilung innerhalb des VBS» nicht zu, dass mit der Realisierung des Projekts im laufenden Jahr begonnen werden kann. Dies führe zu einem Projektverzug von mindestens einem Jahr.
Damit hat das Gesamtprojekt, das ursprünglich 2023 hätte fertig sein sollen, eine voraussichtliche Verspätung von zehn Jahren. Unsicher ist, ob die 510 Millionen Franken, die für den Bau des Rechenzentrums vorgesehen sind, ausreichen werden. Das VBS beurteilt die Finanzen des Projekts derzeit als «knapp».
Mörser

2009 wurden die alten Panzerminenwerfer der Armee altersbedingt ausgemustert. Seither verfügt die Schweiz über kein System mehr, das indirekte Feuerunterstützung auf kurze Distanz leisten kann. Mit dem Mörser 16 will die Armee diese Fähigkeit wiedererlangen. 600 Millionen Franken wurden dafür 2020 bereitgestellt.
Nun warnt das VBS, dass das Geld womöglich knapp werden könnte. Bei ersten Tests auf dem Simplon zeigten sich Störungen in der Software. Auch die Probleme beim Kommunikationsprojekt TKA sorgen für Verzögerungen und führen zu möglichen Mehrkosten.
Aufklärungsdrohnen

Als «Trauerspiel in mehreren Akten» bezeichnete Priska Seiler Graf, SP-Nationalrätin und Präsidentin der Sicherheitspolitischen Kommission, jüngst die 300 Millionen Franken teure Drohnenbeschaffung. Probleme beim Hersteller Elbit und beim Zulieferer Ruag haben dafür gesorgt, dass das Projekt mittlerweile bereits fünf Jahre Verspätung hat.
Das neue Ziel ist, die Beschaffung 2026 abzuschliessen. Die Unsicherheiten, ob das Projekt überhaupt zum Fliegen kommt, bleiben aber hoch, wie kürzlich auch ein Bericht der Eidgenössischen Finanzkontrolle gezeigt hat. Fraglich ist insbesondere, ob das automatische Ausweichsystem der Drohne rechtzeitig fertig wird. Ein solches System gibt es weltweit noch nicht. Immerhin haben die beiden Hersteller Elbit und Ruag signalisiert, dass sie bereit sind, die Mehrkosten selber zu tragen.
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