Anschlag in Belgiens HauptstadtAttentäter in Brüssel suchte nach schwedischen Fussballfans
Ein Tunesier erschiesst am Rande eines Fussballspiels zwischen Belgien und Schweden zwei schwedische Fans, einer mit Wohnsitz in der Schweiz. Die Polizei meldet am Dienstagmorgen den Tod des Attentäters.
Erst am Morgen nach den tödlichen Schüssen konnten die belgischen Behörden den mutmasslichen Täter in der Brüsseler Gemeinde Schaerbeek in einem Café lokalisieren. Der Verdächtige sei «neutralisiert» und in ein Spital gebracht worden, meldete die Polizei. Wenig später hiess es, der Attentäter sei an seinen Verletzungen gestorben. Der Mann hatte am Montagabend kurz nach 19.00 Uhr auf schwedische Fussballfans das Feuer eröffnet, die für das EM-Qualifikationsspiel gegen Belgien in der Stadt waren. Zwei 60 beziehungsweise 70 Jahre alte Männer starben, einer soll einen Wohnsitz in der Schweiz haben. Ein dritter schwedischer Staatsbürger wurde schwer verletzt.
Rasch identifiziert
Die Polizei sprach rasch von einem Terroranschlag und identifizierte den mutmasslichen Täter als Abdeslam L., einen abgewiesenen Asylbewerber aus Tunesien. «Der Mann war unseren Polizeikräften bekannt, aber nicht wegen gewalttätigen Extremismus», sagte Belgiens Premier Alexander De Croo. Alles deute darauf hin, dass der Attentäter allein gehandelt habe und nicht Teil eines Netzwerks gewesen sei. Er habe aktiv nach schwedischen Staatsbürgern gesucht, die unterwegs zum Fussballspiel im wenige Kilometer entfernten Roi Baudouin Stadion waren.
Schweden ist im Fokus von Islamisten im Zusammenhang mit Koranverbrennungen. Sie finden seit Monaten im skandinavischen Land statt. In einem Video vor der Tat erklärt sich der Mann als Anhänger der Terrororganisation Islamischer Staat (IS). Kurz nach der Tat taucht ein weiteres Video auf, in dem der 45-Jährige erklärt, «drei Schweden» getötet zu haben.
Der Täter war mit Leuchtweste auf einem Motorrad unterwegs und eröffnete das Feuer auf die Fans, als diese ein Taxi verliessen. Der Tunesier soll dabei laut «Allahu Akbar» (Gott ist gross) gerufen, seine Opfer in einen Hauseingang verfolgt und zumindest einen der Männer per Kopfschuss hingerichtet haben. Der Attentäter soll mit einer halbautomatischen Waffe vom Typ AR-15 geschossen haben.
Höchste Warnstufe
Die belgischen Behörden hatten nach den tödlichen Schüssen für Brüssel die höchste Terrorwarnstufe 4 ausgerufen. Der Anschlag weckt in der belgischen Hauptstadt Erinnerungen an die Sprengstoffattentate von 2016, bei denen am Flughafen und in einer Metrostation 32 Menschen ums Leben gekommen und Hunderte verletzt worden waren. Brüssel sei wieder die «Hauptstadt der Angst», erinnert die Zeitung «Le Soir» an den Lockdown beim Doppelanschlag vor sieben Jahren. Der Prozess ist erst vor wenigen Wochen mit lebenslangen Haftstrafen für die Attentäter zu Ende gegangen.
Nun also wieder Brüssel. Schulen blieb am Dienstag zu, Behörden empfahlen Angestellten, zu Hause zu bleiben. Das Fussballspiel war am Abend nach der Halbzeit beim Stand von 1:1 abgebrochen, doch 35’000 Fans mussten aus Sicherheitsgründen bis Mitternacht im Stadion ausharren. Der Attentäter konnte zuerst nach den tödlichen Schüssen auf seinem Motorrad die Flucht ergreifen. Die Befürchtung war, dass der Mann auf dem Weg zum Stadion auf der Suche nach weiteren Opfern war.
Abgewiesener Asylbewerber
Abdeslam L. hat laut Sicherheitsbehörden 2019 ein Asylgesuch eingereicht, das aber innert eines Jahres negativ entschieden worden sei. Eine Ausreiseverfügung habe nicht zugestellt werden können, da der Tunesier untergetaucht sei. Allerdings lebte der Mann mit seiner Frau in Schaerbeek unter dem Radar der Polizei und schickte seine Tochter in die örtliche Schule.
Einmal mehr sehen sich die belgischen Behörden mit unangenehmen Fragen konfrontiert. Auch bei den Anschlägen 2015 von Paris war die belgische Hauptstadt Unterschlupf und logistische Drehscheibe für die Attentäter. Medien aus der ganzen Welt schrieben damals über das «Terrornest Brüssel». Nun wächst zusätzlich die Angst vor einer neuen Terrorwelle in Europa, auch vor dem Hintergrund der Eskalation im Nahen Osten zwischen Hamas und Israel.
Vergangene Woche tötete in Frankreich ein Tschetschene einen Lehrer mit Messerstichen und verletzte zwei weitere Personen. Der Mann war den Behörden ebenfalls als Gefährder bekannt und bezeichnete sich in einem Video als Anhänger des «Islamischen Staates». Europa werde durchgeschüttelt, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson rief zu Wachsamkeit auf: «Wir müssen in Schweden und in der EU unsere Grenzen besser schützen». Der mutmassliche Täter von Brüssel habe sich vor den Anschlag zum Teil auch in Schweden aufgehalten. Ulf Kristersson kommt am Mittwoch nach Brüssel zu einer gemeinsamen Gedenkfeier mit seinem belgischen Amtskollegen Alexander De Croo.
Fehler gefunden?Jetzt melden.