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Angst vor Finanzkrise
Zweite US-Bank ist pleite, Biden verweigert Rettung, CS-Aktie sackt ab

Geschlossen: Das Hauptquartier der Signature Bank in New York. 
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Was ist passiert?

Erstmals nach der globalen Finanzkrise vor zwölf Jahren wurde die US-Regierung am Wochenende wieder zu einer Notfallübung gezwungen: Die Silicon Valley Bank muss schliessen, die New Yorker Signature Bank steht ebenfalls in Schieflage.

Anders als 2011 aber wurde den Krisenbanken eine staatliche Rettung verweigert. Den Einsatz von Steuergeldern lehnte die Regierung Joe Bidens ab, weil es diesmal nicht um systemrelevante Banken ging. Und auch, um den Republikanern kein politisches Kapital für den aufziehenden Wahlkampf zu liefern.

Die Ereignisse überschlugen sich, als die Aufsichtsbehörden am Freitag die Silicon Valley Bank schlossen, weil sie illiquide geworden war und die Finanzmärkte in Aufruhr geraten waren. Selbst die Titel der stärksten US-Banken waren an der Börse unter die Räder gekommen. Die Finanzaufseher versuchten daher, die Lage übers Wochenende zu stabilisieren, um einen Bankrun zu Wochenbeginn zu verhindern.

Wie sieht das Rettungsprogramm aus?

Hinter dem Eingriff der Regierung stehen das Finanzministerium, die Notenbank und der Federal Deposit Insurance. Sämtliche Bankeinlagen werden garantiert – also auch diejenigen über dem Schwellenwert der Einlagensicherung von 250’000 Dollar.* Die Aktion «sollte ausreichen, um die Panik der Einleger zu stoppen», sagte William Dudley, von 2009 bis 2018 Präsident der New Yorker Fed. 

Die Behörden betonten wiederholt, die Steuerzahlenden müssten diese Rechnung nicht begleichen. Vielmehr sollen die Garantien aus einem nach der Finanzkrise 2009 gebildeten Sonderfonds abgedeckt werden, der von den Bankkundinnen und -kunden getragen wird. Zudem sollen bis zu 25 Milliarden Dollar aus dem Währungsstabilisierungsfonds des Finanzministeriums zufliessen. Präsident Joe Biden sagte, er sei fest entschlossen, «die Verantwortlichen für diesen Schlamassel zur Rechenschaft zu ziehen und die Bemühungen zur Stärkung der Aufsicht und Regulierung grösserer Banken fortzusetzen, damit wir nicht wieder in eine solche Lage geraten».

Wie stark reagierten die Märkte?

Das Rettungsprogramm blieb im ersten Moment wirkungslos. In den USA stehen kleinere Banken an der Börse stark unter Druck. So etwa die First Republic, die am Montag 65 Prozent verliert, oder die Zions Bancorporation mit einem Minus von rund 40 Prozent. Doch auch grössere Häuser wie Goldman Sachs verlieren.

In der Schweiz erwischt es erneut die Credit Suisse am stärksten. Sie gibt zeitweise am Montag mehr als 14 Prozent nach und notiert unter 2.20 Franken. 

Die Aktie verlor am Morgen so stark an Wert, dass die Aktie an der Schweizer Börse am Morgen zwei Mal kurz vom Handel ausgesetzt wurde. Das geschieht laut der Börsenbetreiberin SIX automatisch, wenn der Kurs innerhalb einer kurzen Zeit stark schwankt. So ist etwa eine Unterbrechung von 5 Minuten vorgesehen, wenn der gebotene Preis für eine Aktie während des Handelsverlaufs plötzlich um mehr als 1,5 Prozent abweicht. 

Für die CS kommt die Bankenpleite in den USA zur Unzeit. Die Bank steckt in einer gross angelegten Restrukturierung für die sie frisches Kapital aufnehmen musste. Das Geschäft lieft zuletzt schlecht. Die CS hat erst kürzlich einen Jahresverlust von 7 Milliarden Franken vermeldet und dabei auch bekannt gegeben, dass sie massiv Kundenvermögen verloren hat. 

Die CS steht nicht alleine da, auch die Aktien der UBS oder des Rückversicherers Swiss Re verlieren stark.  Der Schweizer Leitindex SMI gibt ebenfalls deutlich nach. 

Schwappt die Krise der Silicon Valley Bank auf Europa über?

Auch in Europa verloren die Aktienmärkte am Montag massiv, Bankaktien litten dort ebenfalls besonders stark. Der europäische Bankenindex Stoxx 600 Banks verlor rund 6 Prozent. Die Ansteckungsgefahr für den Bankenmarkt sei aber laut Eurogruppen-Präsident Paschal Donohoe gering. Im Interview mit Bloomberg sagte er: «Das Engagement des Euroraums gegenüber der Silicon Valley Bank ist sehr begrenzt.»

In Grossbritannien wurde die britische Tochter der Silicon Valley Bank gerettet. Unter Mitwirkung der Regierung wurde die Ländergesellschaft an die Grossbank HSBC für den symbolischen Betrag von 1 Pfund notverkauft. Die deutsche Finanzaufsicht Bafin schloss wegen der Pleite der Silicon Valley Bank die deutsche Niederlassung der US-Bank. Die Bank sei laut der Behörde keine Gefahr für den Finanzmarkt.  In der Schweiz verfügte sie über keine Geschäftsstelle.

Ist die Silicon Valley Bank die einzige Krisenbank?

Zur totalen Überraschung des Bankenmanagements schlossen die Behörden am Sonntag dann auch die Signature Bank in New York, eine der wichtigsten Banken für Krypto-Unternehmen. Sie war zur Hausbank zahlreicher Kryptofirmen geworden, versuchte aber letztes Jahr, das Risiko abzubauen und die Bilanz ins Lot zu bringen.

Weshalb die Behörden die Bank trotzdem schlossen, ist nicht ganz klar. Zwar hatte sie am Freitag auch riesige Geldabflüsse erlebt, aber eine unmittelbare Gefahr für das System war sie nicht. Zu vermuten ist, dass die Aufsicht ein Exempel statuieren wollte, um zu zeigen, dass sie die Risiken im Griff hat und weitere Beben im Finanzsystem sofort unterdrücken würde.

Welche weiteren Auswirkungen hat die Bankenkrise noch?

Mehrere Marktbeobachter erwarten, dass die US-Notenbank Fed die Zinsen weniger schnell anhebt als bislang erwartet wurde. Die US-Grossbank Goldman Sachs geht nun davon aus, dass die Fed «angesichts des jüngsten Stresses im Bankensystem»  bei ihrer nächsten Sitzung keine Zinserhöhung mehr ankündigen werde. 

Die US-Notenbank muss einen schwierigen Entscheid treffen: Denn zum einen sollte sie die Zinsen erhöhen, um die Inflation von zuletzt mehr als 6 Prozent zu bekämpfen - auf der anderen Seite, läuft sie Gefahr, für weiteren Stress im Bankensystem zu sorgen, wenn die Zinsen steigen. Sollte die US-Notenbank ihre Zinsen weniger stark erhöhen, würden sie wohl auch in Europa weniger stark steigen.

«Damit entsteht eine unmögliche Wahl: Entweder mehr Inflation in Zukunft oder das Verschärfen einer Bankenkrise», so der Ökonom Klaus Wellershoff. Und weiter: Tendenziell rechne er damit, dass die Zentralbanken die Finanzstabilität nicht ignorieren können und daher die Ereignisse der vergangenen Tage eine höhere zukünftige Inflation wahrscheinlich machen.

Hat das Rettungspaket Schwachstellen?

Unproblematisch ist diese Hilfe nicht. Sie erlaubt den Banken, Kredite zu 100 Prozent für Wertpapiere aufzunehmen, die wegen der Zinserhöhungen der Notenbank stark an Wert verloren haben. Das heisst, dass Banken keine Wertpapiere veräussern und keine Verluste hinnehmen müssen, um Barmittel zu beschaffen, die für Abhebungen durch die Kundschaft nötig werden. Faktisch übernimmt die Regierung für die von den Banken erlittenen Verluste die Haftung.

Der US-Wirtschaftsprofessor Justin Wolvers schrieb auf Twitter, dass wieder einmal die Gewinne privatisiert werden und die Verluste verstaatlicht.

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Somit werden Investoren und die Geschäftsleitung der Banken, die sich in den vergangenen Jahren exorbitante Boni zugeschanzt hatten, durch die Hintertür entlastet. Ihr Versäumnis, die Zinsrisiken angemessen zu steuern, wird somit ausgebügelt. Dagegen verlieren die Aktionäre der Silicon Valley Bank und der Signature Bank 100 Prozent ihrer Investition.

Wer soll die Silicon Valley Bank nun übernehmen?

Die Aufsichtsbehörden starteten am Sonntag eine Auktion, um einen Käufer für die Silicon Valley Bank zu finden. Goldman Sachs und Investor Warren Buffett wurden als Interessenten gehandelt. Weit aus dem Fenster lehnte sich Elon Musk. Er signalisierte Interesse, die Rolle des Retters zu spielen und die Bank zu übernehmen, allerdings ohne weitere Details zu nennen. Das würde es dem Milliardär ermöglichen, sein altes Ziel zu verwirklichen, Twitter zu einer digitalen Bank umzubauen, die Finanz- und andere Dienstleistungen anbieten würde.

Wo hinterlässt die Silicon Valley Bank eine Lücke?

Der Kollaps der Silicon Valley Bank ist ein Schlag für die Tech- und Start-up-Szene an der US-Westküste. Das 40 Jahre alte Institut war das Rückgrat der Technologiebranche im Silicon Valley. Sie bot Finanzdienstleistungen an, die speziell auf die Bedürfnisse von Start-ups zugeschnitten waren. Besonders getroffen wurden Firmen, die neue Klimatechnologien entwickeln. Die Bank arbeitete mit über 1550 Firmen zusammen, die Solar-, Wasserstoff- und Batteriespeicherprojekte entwickeln. «Die Silicon Valley Bank war in vielerlei Hinsicht eine Klimabank», sagte Kiran Bhatraju, Geschäftsführer von Arcadia, dem führenden kommunalen Solarmanager des Landes.

Weil ein derart bedeutender Teil des Marktes über ein einziges Institut abgewickelt wurde, ist der Kollateralschaden umso grösser. Kleinere Solarprojekte, die oft Regionen mit geringem Einkommen bedienen, scheinen besonders stark betroffen zu sein. Die Bank hat nach eigenen Angaben 62 Prozent der Finanzierungen für kommunale Solarprojekte geleitet oder sich daran beteiligt.

*In einer ursprünglichen Fassung des Artikels hiess es, dass die Einlagen der Sparerinnen und Sparer nur bis 250 000 Dollar gedeckt sind. Sie sind aber vollständig gesichert.