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Urteil des Bundesgerichts
Wirt muss wegen Corona nur halbe Miete bezahlen

Da waren die Restaurants bereits wieder geöffnet: Touristen in Ascona während der Sommerferien 2020.
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Sie war eine der Branchen, die wohl am stärksten unter der Corona-Pandemie litt: die Gastwirtschaft. Restaurants durften während Monaten gar nicht öffnen – und wenn, dann nur eingeschränkt.

Das Bundesgericht hat nun ein Urteil gefällt, das viele Wirte mit grossem Interesse zur Kenntnis nehmen werden. Beschrieben wird der Fall in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitung «Mietrechtspraxis»: Geklagt hatte ein Wirt aus Locarno, der für sein Restaurant mit Unterkunft 10’850 Franken pro Monat zahlt. Er forderte von seinem Vermieter für die erste Zeit der Zwangsschliessung eine Mietzinsherabsetzung von erst 100, später 90 Prozent. Der Vermieter lehnte dies aber ab.

Das Bezirksgericht als erste Instanz entschied jedoch im Sinn des Mieters und sprach ihm eine Mietzinssenkung zu – jedoch etwas tiefer als gefordert, in Höhe von 70 Prozent.

Nicht im Risiko des Mieters

Doch auch diese wollte der Vermieter nicht akzeptieren. Eine noch etwas tiefere Reduktion fand dann das Tessiner Obergericht als zweite Instanz angemessen. Es entschied Ende 2021, dass der Wirt für die Zeit des ersten Shutdowns vom 15. März bis 11. Mai 2020 Anrecht auf eine Mietzinsreduktion von 50 Prozent habe.

Dabei argumentierte das Gericht im Sinn des Klägers, nämlich, dass eine behördlich angeordnete Betriebsschliessung zu einem Rechtsmangel am Mietobjekt führen könne – in diesem Fall, da die vertraglich zugesicherte Nutzung als Restaurant und Unterkunft nicht mehr möglich ist. Der Vermieter des Wirts hingegen hatte argumentiert, dass die behördlich angeordnete Betriebsschliessung zum Risiko des Mieters gehöre.

Experte sieht Leitentscheid

Entsprechend hat der Vermieter auch dieses Urteil weitergezogen, und zwar ans Bundesgericht. Doch dieses hat seine Beschwerde abgewiesen. Damit ist nun das Tessiner Urteil rechtskräftig. Allerdings trat das Bundesgericht nicht aus inhaltlichen, sondern aus formellen Gründen nicht auf die Beschwerde ein. Es berief sich darauf, dass der Streitwert unter 15’000 Franken liege.

Der Luzerner Anwalt und Spezialist für Mietrecht Thomas Rothenbühler ist sich trotzdem sicher, dass das Urteil grosse Bedeutung für Betreiberinnen und Betreiber von Restaurants haben wird. Wenn ein Mieter aus rechtlichen Gründen, für die er nicht einzustehen hat, das Mietobjekt nicht zum vertraglich vereinbarten Zweck verwenden kann, habe ihm der Vermieter normalerweise eine Mietzinsreduktion zu gewähren, sagt Rothenbühler. «Wie im Urteil nun richtig festgestellt wird, hat das auch zu gelten, wenn wie während der Shutdowns den Vermieter kein Verschulden trifft.»

Es sei nun zu hoffen, dass weitere Gerichte in den zahlreichen pendenten Fällen von klagenden Wirten ebenso entscheiden würden. Dies sei gut möglich: Denn da es bisher kein Bundesgerichtsurteil zu der Frage der Mietzinsreduktion wegen Corona gebe, komme dem Tessiner Urteil eine grosse Bedeutung zu, ist Rothenbühler überzeugt. «In diesem Sinn ist es ein Präzedenzentscheid.»

Bundesgerichtsurteil 4A_611/2021