Papablog: Spezialwoche zum Vaterschaftsurlaub«Wie hätte meine Frau das alleine geschafft?»
Das Tagebuch eines jungen Vaters offenbart, wie die ersten zwei Wochen von Neueltern tatsächlich ablaufen.
Was bedeutet Vaterschaft heute? Welche Themen beschäftigen die Papas besonders? Und was geben sie ihren Kindern mit auf den Weg? Vor dem Abstimmungssonntag überlassen wir den Mamablog eine Woche lang den Vätern.
Kommenden Sonntag entscheidet sich, ob die Schweiz einen zweiwöchigen Vaterschaftsurlaub einführt. Exakt zwei Wochen war auch ich nach der Geburt meines Sohnes zu Hause. Und ich kann mich gut daran erinnern – es ist erst ein Jahr her. So viel vorweg: Die 14 Tage waren intensiv und ich weiss nicht, wie meine Frau das alleine hätte bewältigen können.
Tag 1: Geburt
Um etwa 11 Uhr klingelt das Handy, meine Frau ist dran: «Die Wehen haben zugenommen. Aber du musst nicht sofort nach Hause kommen. Warten wir mal ab, wie es sich entwickelt.» Ich lege auf, schalte meinen PC ab und gehe sofort nach Hause. Schon als ich das Büro verlasse, klingelt es wieder: «Du musst kommen! Jetzt!»
Zuhause angekommen bestellen wir ein Taxi, das uns zum Spital bringt. Ich muss meiner Frau helfen, einzusteigen. Gegen Mittag kommen wir an, die Wehen sind so stark, dass es gleich ins Geburtszimmer geht. Hier übernehmen die Hebammen und die Ärzte. Ich helfe, wo ich kann, leiste vor allem psychologische Unterstützung, die für meine Frau sehr wichtig ist.
Bis zur Entbindung geht es etwa 8 Stunden. Das ist für eine Erstgeburt vergleichsweise kurz, im Schnitt dauert diese 12 bis 14 Stunden. Im Extremfall erstreckt sich die Wehentätigkeit über 24 Stunden oder sogar noch länger. Väter, die von ihren Arbeitgebern nur 1 Tag frei erhalten, müssen also Ferientage oder Überzeit beziehen, wenn sie die Geburt ihre Kindes sicher nicht verpassen wollen – was natürlich völlig irrational wäre. Der Moment ist überwältigend!
Tage 2 bis 4: Spital
Nach der Geburt ist meine Frau komplett erschöpft. Kein Wunder: Sie hat viel Blut verloren und mehrere Stunden lang eine körperliche Höchstleistung erbracht. Eine Folge davon sind starke Kopfschmerzen, die sie ans Bett fesseln. Sie ist froh, dass ich bei ihr sein kann und sie mit dem Baby unterstütze. Und ich bin froh, dass wir Fachleute rufen können, die uns über die ersten Unsicherheiten hinweghelfen. Die Unterstützung von Hebammen und Ärzten ist für uns, die wir zum ersten Mal Eltern geworden sind, sehr wichtig.
Weil wir kein Einzelzimmer haben, darf ich nicht im Spital übernachten. Am Abend bringe ich es jeweils fast nicht übers Herz, nach Hause zu gehen. Es fühlt sich an, als würde ich meine Frau und meinen Sohn im Stich lassen. Nach drei Nächten im Spital müsste eigentlich auch meine Frau nach Hause. Wegen der Schmerzen darf sie aber noch eine weitere bleiben.
Tage 5 bis 14: Zuhause
Am Morgen des fünften Tages – aber effektiv nur 86 Stunden respektive dreieinhalb Tage nach dem Zeitpunkt der Geburt – wird meine Frau aus dem Spital entlassen. Weil sie immer noch starke Kopfschmerzen hat, empfindet sie die Heimreise als Tortur. Zuhause muss sie sich jetzt ohne Hilfe darum kümmern, dass das Baby gestillt wird. Jede Mutter weiss: Am Anfang ist das alles andere als einfach. Nicht alle Kinder trinken ohne Probleme, einige brauchen Zeit, bis sie den Dreh raus haben, andere Kinder verweigern sogar die Milch.
Letzteres ist bei uns zum Glück nicht der Fall. Trotzdem verlangt uns die neue Situation alles ab. Schlaf finden wir in diesen Tagen nur wenig. Ich kümmere mich um das Einkaufen, das Essen, versuche meiner Frau den Rücken freizuhalten. Ihre Kopfschmerzen gehen erst nach etwa sieben Tagen weg. Es dauert also eine Woche, bis die unmittelbaren Nachwehen der Geburt nachlassen.
In der zweiten Woche ist es nicht weniger streng, aber einfacher, weil meine Frau wieder mehr Sachen selber erledigen kann. Wir können uns Aufgaben aufteilen, die rundherum anfallen: Haushalt, beim Kinderarzt anmelden, Besuche von Familie und Bekannten organisieren und so weiter. Gleichzeitig kümmern wir uns zusammen um das Baby, das natürlich Rund-um-die-Uhr-Betreuung braucht.
Tag 15: Büro
Nach zwei Wochen im Spital und Zuhause ist mein Vaterschaftsurlaub vorbei. Aber was heisst hier Urlaub? Die zwei Wochen haben sich nicht wie Ferien angefühlt – im Gegenteil: Es ist ein Fulltime-Job. «Ich weiss nicht, wie ich das ohne dich gemacht hätte», sagt meine Frau. Dann muss ich wieder ins Büro. Es fühlt sich erneut an, als würde ich meine kleine Familie im Stich lassen.
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