Corona-Pressekonferenz des BundesratsSperrstunde, mehr Maske, Privates einschränken – so kämpft die Schweiz gegen die zweite Welle
Für das ganze Land gelten ab Donnerstag neue Massnahmen gegen die Corona-Ausbreitung. Der Bundesrat informierte. Die Übersicht.
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Das Wichtigste in Kürze:
Maskenpflicht im Freien, Verbot von privaten Treffen mit mehr als zehn Personen, Schliessung von Discos und Verbot von Kontaktsport: Das sind die wichtigsten schweizweit geltenden Corona-Massnahmen, die der Bundesrat beschlossen hat. Die Details finden Sie im Ticker.
Die neuen Massnahmen treten am Donnerstag in Kraft.
Risikoländer: Der Bundesrat stuft nur noch vier Staaten sowie drei Gebiete in Frankreich als Regionen mit erhöhtem Coronavirus-Ansteckungsrisiko ein.
Schnelltests sind in der Schweiz ab 2. November zugelassen.
Mitarbeitende auf Abruf erhalten auch Kurzarbeitsentschädigung.
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Die Beschlüsse des Bundesrats im Detail
Maskenpflicht teilweise auch im Freien
Die bereits bestehende Maskenpflicht wird ausgedehnt. Neu muss auch in Aussenbereichen von Einrichtungen und Betrieben eine Maske getragen werden, wie zum Beispiel vor Restaurants oder an Weihnachtsmärkten. Die Maskenpflicht gilt auch in belebten Fussgängerbereichen in Städten und Dörfern zu Ladenöffnungszeiten und überall dort, wo der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann.
Masken an Schulen
An Schulen muss ab Sekundarstufe II eine Maske getragen werden. Der Präsenzunterricht an den Hochschulen wird ab Montag verboten. Präsenzunterricht für alle anderen Schulen bleibt laut Bundesrat erlaubt.
Masken am Arbeitsplatz
Am Arbeitsplatz gilt eine Maskenpflicht. Es sei denn, der Abstand zwischen den Arbeitsplätzen kann eingehalten werden.
Maximal 10 Personen im privaten Rahmen
Im Familien- und Freundeskreis dürfen sich noch maximal zehn Personen treffen. Laut Bundesrat ist diese Begrenzung notwendig, weil sich viele Personen im Familien- und Freundeskreis anstecken.
Maximal 50 Personen in öffentlichen Veranstaltungen
Bei öffentlichen Veranstaltungen gilt neu eine Obergrenze von fünfzig Personen. Ausgenommen von dieser Regel sind Parlaments- und Gemeindeversammlungen. Weiterhin erlaubt sind politische Demonstrationen und Unterschriftensammlungen für Volksinitiativen und Referenden – mit den notwendigen Schutzmassnahmen.
Clubs zu, Sperrstunde von 23 bis 6 Uhr
Discos und Tanzlokale werden schweizweit geschlossen. In Restaurants und Bars dürfen neu schweizweit höchstens vier Personen an einem Tisch sitzen – ausser es handelt sich um Familien mit Kindern. Von 23 Uhr bis 6 Uhr müssen auch die Restaurants schliessen.
Maximal 15 Personen bei Freizeit-Sport und Kultur im Innern
Sportliche und kulturelle Freizeitaktivitäten sind in Innenräumen mit bis zu 15 Personen nur noch erlaubt, wenn sowohl genügend Abstand eingehalten werden kann also auch eine Maske getragen wird. In grossen Räumen wie Tennishallen gilt keine Maskenpflicht. Im Freien muss nur der Abstand eingehalten werden. Alle Kontaktsportarten im Amateurbereich sind verboten. Ausgenommen von den Regeln sind Kinder unter 16 Jahren. Professionelle Sportler und Künstler dürfen weiterhin proben und Auftritte absolvieren. Explizit verboten sind Proben und Auftritte von Laienchören. Professionellen Chören ist das Proben erlaubt.
Die Pressekonferenz des Bundesrats zu Ende. Vielen Dank für Ihr Interesse.
Frage: War es falsch, Grossanlässe wieder zu erlauben?
Die Situation im Sommer sei eine ganz andere gewesen, betont Alain Berset. «Das Leben darf auch nicht aufhören». Nun musste der Bundesrat jedoch reagieren. «Mit dem rasanten Zuwachs von Corona-Fällen ist es einfach nicht mehr möglich, Grossanlässe zu erlauben», erklärt der Gesundheitsminister.
Frage: Wie viel Geld stellt der Bund für Härtefälle zur Verfügung?
Gemäss Wirtschaftsminister Guy Parmelin steht der Bundesrat momentan in Diskussion mit den Kantonen, ob mehr Geld für Härtefälle zur Verfügung gestellt werden muss. «Ein Unternehmen muss einen Umsatz von unter 60 Prozent des Vorjahres vorweisen können, um als Härtefall zu gelten», erklärt Parmelin. Dies werde sich auch auf die Höhe der Entschädigung auswirken.
Frage: Wird es die ganze Saison über nur Geisterspiele geben?
Beim Profisport gibt es mit den neuen Corona-Massnahmen ab morgen eine neue Obergrenze von 50 Zuschauern. Laut Alain Berset hätten sich die Sportclubs stark für sichere Spiele eingesetzt und strikte Schutzkonzepte erarbeitet. Die neue Beschränkung sei daher auch nicht ihnen geschuldet. «Ob es nun 50 oder 0 sind, spielt für die Proficlubs auch keine Rolle, das ist klar», so Berset.«Dass die neuen Massnahmen unbefristet sind, heisst nicht, dass sie lange gelten werden.» Man müsse in der aktuellen Lage einfach flexibel bleiben.
Frage: Wird es A-Fonds-Perdu-Beiträge geben?
Discos und Clubs müssen schliessen. Aber auch andere Branchen wie beispielsweise Restaurants leiden unter den Corona-Massnahmen. Können diese Branchen von der Härtefallregelung mit À-Fonds-Perdu-Beiträgen profitieren? Die Regelung für Härtefälle sehe zu einem gewissen Teil A-Fonds-Perdu-Beiträge vor, sagt Guy Parmelin. Die Regelung werden jetzt mit den Kantonen erarbeitet.
Frage: Reicht die Testkapazitäten der Schweiz?
Eigentlich habe die Schweiz zu wenig Tests, um um eine Pandemie einzudämmen, gibt Gesundheitsminister Alain Berset zu. Die Tests müssten daher effizient eingesetzt werden. «Wir haben 30'000 PCR-Tests, nun kommen 50'000 Schnelltests dazu», sagt Berset.
BAG-Rechtsexperte Gerber fügt dabei hinzu, dass die ersten Schnelltests bereits geliefert und an die Kantone verteilt wurden.
Frage: Wird die Polizei auch Privathaushalte kontrollieren?
Mit zehn Personen gebe man etwa zwei Familien die Möglichkeit, sich zu treffen, sagt Alain Berset. Da viele Ansteckungen bei Privatanlässen passieren, brauche es jetzt aber Beschränkungen. «Wir müssen die Kontakte reduzieren. Daran führt kein Weg vorbei.»
Es sei nicht ausgeschlossen, dass die Polizei – etwa bei einer lauten Party mit 50 Personen – auf Hinweise von Nachbarn vor Ort die Massnahmen des Bundes durchsetzt, sagt dazu Rechtsexperte Michael Gerber. «Gleichzeitig ist es aber nicht das Ziel, dass die Polizei von Wohnung zu Wohnung geht und an jede Türe klopft.»
Frage: Dürfen Schüler gemeinsam zum Sportunterricht?
Die neuen Corona-Massnahmen besagen, dass höchstens 15 Personen gemeinsam Sport treiben dürfen. In Schulklassen gibt es jedoch häufig mehr Schüler. Dürfen diese noch gemeinsam zum Sportunterricht? «Wir haben dafür gesorgt, dass die Sekundarstufe I von den regeln nicht betroffen sind. Schüler bis 16 Jahre dürfen also weiterhin gemeinsam Sport treiben», sagt Rechtsexperte Michael Gerber.
Fragen: Worauf müssen sich Soldaten und Zivilschützer einstellen?
Zwei welsche Kantone können die Pandemie bereits nicht mehr mit eigenen Kräften bewältigen. Sie haben beim Bundesrat einen militärischen Truppeneinsatz beantragt. Werden nun Soldaten wieder im Kampf gegen das Coronavirus eingesetzt? «Ich habe selbst gesehen, wie Zivilschützer vor allem im Corona-Tracing eingesetzt werden», sagt Alain Berset. Der Zivilschutz werde also bereits jetzt vermehrt eingesetzt.
Ein Einsatz der Armee sei nicht ausgeschlossen – die Bedingungen dafür seien aber anspruchsvoll. «Zuerst müssen sich die Kantone einander aushelfen», so Berset. Man sei aber grundsätzlich bereit, Hilfegesuche der Kantone zu prüfen.
Frage: Welchen Nutzen haben Schutzmasken im Freien?
«Wir wollen Schutzmasken, überall wo sich viele Menschen begegnen und die Abstände nicht eingehalten werden können», sagt Alain Berset.
Kantone, die bereits eine strikte Maskenpflicht eingeführt haben, könnten Erfolge verbuchen. «Natürlich würde ich auch lieber ohne Maske herumlaufen», sagt Berset. Eine allzu grosse Einschränkung sei das Tragen einer Schutzmaske aber nicht. «Wir können dadurch ein einigermassen normales Leben führen. Es hilft, um die Lage wieder in den Griff zu bekommen.»
Frage: Verwirrung um «Ausgangssperre»
Ein Journalist aus der Romandie fragt, wie man sich die «Ausgangssperre» im Gastrobereich vorstelle. Von 23 Uhr bis 6 Uhr müssen auch die Restaurants schliessen. Der Gesundheitsminister weist auf einen Übersetzungsfehler hin: Es gebe keine Ausgangssperre, bloss eine Sperrstunde für Restaurants und Bars. «Das andere gilt in Frankreich, nicht bei uns», sagt Berset.
Frage: Braucht die Schweiz wieder eine «ausserordentliche Lage»?
Die Schweiz befindet sich aktuell in der «besonderen Lage» des Epidemiegesetzes. Bei der ersten Welle im Frühjahr erklärte der Bundesrat die «ausserordentliche Lage», die ihm mehr Entscheidungsfreiheit einräumt. «Der Bundesrat kann auch im Rahmen der aktuellen Lage weitreichende Massnahmen ergreifen», sagt Bundespräsidentin Simonetta Sommaruga.
Die «besondere» Lage erlaube dem Bundesrat zusätzlich, direkt Entscheide zu treffen, wenn es nötig sei. «Wir dürfen aber nicht abwarten, bis es dazu kommt. Die Situation ist ernst, daher gibt es jetzt auch die rote Farbe.»
Frage: Wann wird der Bundesrat weitere Massnahmen treffen?
Experten zufolge dauert es 14 Tage, bis die Wirkung neuer Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus erkennbar werden. Wartet der Bundesrat nun diese Frist ab oder wird er bei steigenden Fallzahlen schneller reagieren? «Wir erwarten, dass allfällige Wirkungen der Massnahmen relativ rasch erkennbar sein werden», erläutert Alain Berset.
Der Bundesrat werden die Lage laufend analysieren und auch zeitnah reagieren, falls das nötig sein sollte.
Frage: Wie viele Kinder dürfen sich noch treffen?
Auch bei Kindern gilt eine Obergrenze von 15 Personen für ein Treffen oder ein Fest. Eine Ausnahme gebe es dort nicht, sagt Gesundheitminister Alain Berset.
Frage: Werden die Eidgenössischen Abstimmungen im November verschoben?
«Nein, die Durchführung der Abstimmungen ist nicht in Gefahr», sagt Bundesratssprecher André Simonazzi. Es gebe jedoch logistische Massnahmen, insbesondere für den Tag der Abstimmung der Auszählung.
Frage: Was bedeuten die Massnahmen für den Wintertourismus?
«Die jetzige Situation ist Gift für den Tourismus», sagt Simonetta Sommaruga. Es sei natürlich auch im Sinne der Skigebiete, dass man das Virus schnellstmöglich eindämme. «Konkrete Beschlüsse, die den Wintertourismus betreffen, wurden heute aber nicht gefällt.»
Frage: Werden Masken-Verweigerer gebüsst?
Bisher war es oft unklar, ob Personen beim Verstoss gegen die Maskenpflicht von der Polizei gebüsst werden kann «Mit der ausgeweiteten Maskenpflicht in der Öffentlichkeit wurden die Regeln jetzt klarer definiert», sagt Alain Berset. Die Polizei habe nun klare Vorgaben für die Handhabung. «Und ja, die Polizei hat bei Verstössen gegen die Maskenpflicht die Möglichkeit, Anzeige einzureichen. Bis jetzt kan es jedoch nur in Ausnahmefällen dazu.»
Berset spricht auch die Situation im Frühjahr an. «Als das Tragen einer Maske nur eine Empfehlung war, hat fast niemand eine Maske getragen. Als es eine Regel wurde, hat sich jeder daran gehalten.»
Wieso sind die Massnahmen nicht zeitlich begrenzt?
Der Bundesrat beobachtet laufend, wie die Massnahmen sich auf die Fallzahlen auswirken, sagt Alain Berset. Zum jetzigen Zeitpunkt könne man aber nicht sagen, wie lange sie notwendig seien. «Wir wollen auch Automatismen möglichst vermeiden, um flexibel handeln zu können.»
Frage: Wieso folgt der Bundesrat nicht der Corona-Task-Force?
Die Experten der Task Force predigten in den vergangenen Tagen: «Bleiben Sie zu Hause!» – warum hat der Bundesrat das nicht befolgt?
«Das ist keine Selbstverständlichkeit, das stimmt», sagt Alain Berset. Man habe versucht, die einscheidensten Massnahmen — also einen Lockdown — zu vermeiden.
Sollten die neuen Regeln jedoch nicht greifen, werde der Bundesrat die Massnahmen überarbeiten müssen. Berset warnt aber: «Der nächste Schritt würde grosse, grosse Folgen haben»
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