WEF-Direktor im InterviewSorge um Standort Davos – WEF-Manager gibt Bekenntnis ab
Der Abgang von Klaus Schwab wird zur Schlammschlacht. Deswegen wird sogar die Zukunft des Forums in der Schweiz infrage gestellt. Was ist da dran? Antworten von Alois Zwinggi.

Das Weltwirtschaftsforum ist in der Krise. Vor wenigen Tagen ist WEF-Gründer Klaus Schwab zurückgetreten. Die Umstände sind umstritten. Vor einem Jahr sorgte ein Schreiben von aktuellen und ehemaligen Mitarbeitenden für Wirbel. Sie warfen dem WEF vor, ein toxischer Arbeitsplatz zu sein. Die Vorwürfe führten zu internen Untersuchungen und steter Unruhe beim WEF.
Ein zweiter anonymer Brief, der vor kurzem ans WEF ging, enthielt neue Vorwürfe gegen Schwab. Er solle Mittel der Organisation für private Zwecke verwendet haben. Schwab weist die Vorwürfe zurück und bezeichnet sie als Lügen.
Nach dem zweiten Brief gab Schwab seinen sofortigen Rücktritt als Stiftungspräsident des WEF bekannt. Mit seinem unschönen Abschied wird auch die Zukunft des WEF in der Schweiz infrage gestellt.
Alois Zwinggi, der geschäftsführende Direktor des WEF, gilt als der Botschafter des WEF in der Schweiz. Er hätte Schwab einen schöneren Abschied gewünscht – und geht davon aus, dass das WEF noch lange in Davos bleibt.
Herr Zwinggi, was ist der Stand bei der internen Untersuchung gegen Klaus Schwab – war diese der Grund für seinen Rücktritt?
Da kann ich nicht mehr sagen, als wir bislang kommuniziert haben. Es gibt keine neuen Erkenntnisse.
Das WEF und Davos gehören zusammen, ist diese Kombination durch den Abgang von Klaus Schwab infrage gestellt?
Wir, und damit meine ich die neue Führung, also unseren Chef Børge Brende und unseren Präsidenten Peter Brabeck, geben ein Bekenntnis zum Standort Davos ab. Das gilt auch für den Standort Genf, dort sind wir zu Hause.
Wie lange gilt das Versprechen?
Wir sind nun 55 Jahre in Davos, und wir wollen dort auch das 100-Jahr-Jubiläum feiern. Dafür müssen wir genügend Unterkünfte haben, die Konferenzinfrastruktur muss stimmen, und wir müssen spüren, dass die Bevölkerung uns will. Da haben wir etwas Arbeit vor uns. Wir müssen gewisse Kreise der Bevölkerung davon überzeugen, dass wir auch für sie Vorteile bringen. Für uns ist der Standort Davos jedenfalls ideal.
Wie wollen Sie den Teil der Bevölkerung überzeugen, der genug vom WEF hat?
Wir müssen besser kommunizieren, was wir Davos bringen. Das können wirtschaftliche Vorteile sein oder auch, dass wir Werbung für den Tourismus machen. Wir werden jedenfalls stärker den Kontakt zur Bevölkerung suchen.
Hat der Standort andere Nachteile, zum Beispiel die hohen Sicherheitskosten? Die Situation mit den teuren Unterkünften?
Die teuren Unterkünfte und die Folgen für die Bevölkerung sind ein Thema. Wir müssen dafür sorgen, dass wir die Nachfrage dämpfen. Etwa, wenn weniger Trittbrettfahrer mit eigenen Pavillons nach Davos kommen. Dadurch würden auch weniger Leute nach Davos reisen.
War Klaus Schwab der Garant, dass das WEF in Davos bleibt?
Institutionen sind in der Regel grösser als Individuen. Die Organisation WEF hat so viele Davos-Fans, dass die Garantie für Davos von der ganzen Stiftung und der Stiftungsleitung getragen wird.
Die Führungsriege des WEF ist immer internationaler. Dieser ist Davos möglicherweise weniger nahe als andere Optionen. Ist das ein Problem für Davos?
Ich glaube nicht. Ich spüre, dass der Stiftungsrat sehr verbunden ist mit Davos. Viele Stiftungsratsmitglieder sind schon lange ein Teil des WEF. Sie sind in Davos verankert. Die Organisation des Jahrestreffens im Januar ist für alle ein Highlight. Es hat mit der Magie des Bergorts zu tun. Die gibt es in einer Grossstadt nicht. Nur ein Beispiel: Das WEF 2022 fand im Mai statt, da haben alle den Schnee vermisst.

Das WEF hat schon früher andere Standorte geprüft, etwa Singapur. Was ist dort besser?
In der Covid-Phase haben wir zeitweise ein Jahrestreffen auf dem Bürgenstock geplant. Das klappte dann doch nicht. Damals haben wir viele Standorte angeschaut, es zeigt sich einfach, dass Davos für uns am besten ist. Dort sind alle Abläufe eingespielt, auch wenn es um die Sicherheit geht. Es zeigt sich auch, dass sich die Werte der Schweiz und des Forums decken. Es gibt Länder, wo man sich nicht so frei über alle Themen äussern kann, und auch solche, wo man nicht alle Gäste einladen könnte, die wir gerne dabei haben möchten.
Sie gelten als Vertrauter von Klaus Schwab und als das Schweizer Gesicht des WEF. Wie geht es nach der Ära Schwab für Sie weiter?
Ich bin ein Angestellter des World Economic Forum. Ich kenne den neuen Präsidenten gleich lange wie den alten Vorsitzenden. Auch Børge Brende und ich kennen uns schon lange. Ich freue mich auf die Zusammenarbeit. Und natürlich bin ich in der Schweiz sichtbar. Doch das mache ich nicht allein, hinter mir hat es ein robustes Team. Diese Leute werden auch bald sichtbarer. Denn Ende nächsten Jahres werde ich 65. Danach werde ich mich zurückziehen. Das WEF 2027 wird mein letztes sein.
Wie stark leidet das WEF unter dieser Geschichte?
Ich glaube, so eine Situation, wie wir sie jetzt erleben, ist eine Herausforderung. Sowohl emotional als auch für die Reputation. Auf der anderen Seite muss man als Führungskraft in der Lage sein, auch bei schlechtem Wetter das Schiff auf Kurs zu halten. Die letzten Monate waren sehr anspruchsvoll, doch zeigt sich nun auch, wie gross der Zusammenhalt in der Organisation ist.
Hätten Sie sich einen anderen Abgang für Klaus Schwab gewünscht?
Ich hätte mir sicher eine andere Stabübergabe gewünscht – das hätten wir alle.
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