Rücktritt des WEF-GründersKlaus Schwabs überraschender Abschied: Wer auf ihn folgen könnte
Der Abgang des 87-jährigen Vorsitzenden des Weltwirtschaftsforums kommt in einem heiklen Moment. Denn die Beziehung des WEF zu Davos ist angespannt.

- Die Beziehung zwischen Davos und dem Weltwirtschaftsforum gestaltet sich zunehmend kompliziert.
- Eine kürzlich eingereichte Klage einer Ex-WEF-Mitarbeiterin gegen Schwab wurde aussergerichtlich beigelegt.
- Der Nachfolger Schwabs könnte aus dem Stiftungsrat des WEF kommen.
Der Rücktritt von Klaus Schwab kommt überraschend. Bei einem 87-jährigen Mann mutet dieser Satz eigenartig an. Doch schon seit Jahren wird darüber spekuliert, wann der Gründer des Weltwirtschaftsforums (WEF), seine offiziellen Aufgaben abgibt. Nun hört Schwab mit sofortiger Wirkung auf. Er habe sich anlässlich seines Eintritts ins 88. Lebensjahr zu diesem Schritt entschieden, heisst es in der Mitteilung des WEF.
Für das Weltwirtschaftsforum ist das eine Zäsur. Klaus Schwab schuf das WEF 1971. Er eröffnete es jahrelang und lud die prominentesten Gäste auf die Bühne. Zusammen mit seiner Frau Hilde, die ihm als seine erste Mitarbeiterin half, die ersten Austragungen zu organisieren, sorgte er dafür, dass aus dem überschaubaren Managerseminar ein Weltanlass wurde.
Er wurde von Globalisierungskritikern jahrelang kritisiert, weil Umweltthemen nicht genügend berücksichtigt wurden. Schwab spürte den Zeitgeist und öffnete das Forum in der Folge für Nichtregierungsorganisationen. In jüngerer Zeit kam die Kritik von einer anderen Seite: Verschwörungstheoretiker sehen in Schwab einen Vordenker der globalen Elite, welche den Kurs der Welt bestimmen soll.
Dessen ungeachtet reist jedes Jahr die globale Managerelite mit Politikerinnen und Politikern aus der ganzen Welt in die Schweizer Berge. Schwab gelang es regelmässig, mit aktuell relevanten Teilnehmenden zu punkten. Sei es der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen oder US-Präsident Donald Trump. Ihn hat das WEF für die nächste Austragung im Januar 2026 wieder eingeladen.
Sollte er die Einladung annehmen, würde das nächste Forum wieder auf der ganzen Welt beachtet werden.
Der Stress in Davos steigt
Der Erfolg sorgt für Stress im Landwassertal. Die Beziehung zu Davos ist angespannt. Von den reichen Gästen aus aller Welt profitiert die Stadt, doch sorgt das Forum auch dafür, dass sie phasenweise lahmgelegt ist. Schon Wochen vor dem Start wird mit dem Aufbau begonnen. Während der Veranstaltung fühlen sich die Einheimischen unerwünscht, bis dann am letzten Tag der Abbau angegangen wird und ihre Erleichterung zu spüren ist.
Das WEF versucht die Beziehung zu kitten. Die Organisation geht etwa gegen Trittbrettfahrer vor, die Davos ebenfalls als Bühne nutzen und dort zur WEF-Zeit grosse Pavillons aufbauen, aber nichts mit dem Forum zu tun haben. Sie sorgen aber für noch mehr Verkehr und weitere Gäste. Diese Firmen lassen sich immer neue Tricks einfallen, um von der Ausstrahlung des WEF zu profitieren, etwa indem sie sich als gemeinnützige Vereine ausgeben.
Auch auf die schwindelerregenden Preise für Hotelübernachtungen wirkt das WEF ein. Auf die horrenden Preise, die für private Unterkünfte bezahlt werden, hat es wenig Einfluss. Für den Widerstand des Bündner Mieterverbands gegen Vertragsklauseln, die Mietende zu einer Zwangsräumung ihrer Wohnung während des WEF drängt, ist aus dem Umfeld des WEF sogar Verständnis zu spüren. Der Imageschaden für das Forum wäre einfach zu gross, wenn reihenweise Menschen aus ihren Wohnungen müssten, nur um für vermögende WEF-Gäste Platz zu machen.
Eine andere Problemzone wurde in den letzten Wochen aus dem Weg geschafft. Vor einem Jahr machte das «Wall Street Journal» Vorwürfe gegen das WEF und dessen Gründer publik. Eine Gruppierung mehrerer aktueller und ehemaliger Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter warfen der Organisation sexuelle Belästigung und ein toxisches Arbeitsumfeld vor. Das Weltwirtschaftsforum, das dafür einsteht, die Welt zu verbessern, stand plötzlich selbst unter Beschuss. Eine Ex-Mitarbeiterin reichte in der Folge in den USA eine Klage gegen Schwab persönlich ein. Das WEF und Schwab wiesen die Vorwürfe stets zurück.
Eine interne Untersuchung des Forums ergab, dass es «Führungs- und Managementprobleme gibt (…), die nicht den Standards entsprechen». Die Klage der Ex-Mitarbeiterin wurde im März zurückgezogen. Laut einem Bericht der «Handelszeitung» sollen sich das WEF und die Klägerin in einem aussergerichtlichen Vergleich geeinigt haben.
Wer folgt auf Klaus Schwab?
Die grosse Frage bleibt: Wer wird das Amt von Schwab übernehmen? Bei einer ausserordentlichen Sitzung am 20. April wurde der ehemalige Nestlé-Chef Peter Brabeck-Letmathe zum interimistischen Nachfolger ernannt, und ein Suchausschuss wurde zur Ermittlung eines neuen Vorsitzenden eingerichtet.
Aus dem Umfeld des WEF ist zu hören, dass die Nachfolge von Schwab eher im Stiftungsrat und nicht in der Stiftungsleitung zu finden sein wird. Das Gremium ist prominent besetzt. Darin findet sich etwa Christine Lagarde, die Chefin der Europäischen Zentralbank, der ehemalige US-Vizepräsident Al Gore, der ehemalige Siemens-Chef Joe Kaeser, Larry Fink, Kristalina Georgieva, die Chefin des Internationalen Währungsfonds, oder Roche-Erbe André Hoffmann.
Das sind alles grosse Namen – offen ist, ob sie die Anziehungskraft von Klaus Schwab haben.
Fehler gefunden?Jetzt melden.