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Entwicklung an den Aktienmärkten
Warum die Börsenblase Anlass zur Sorge gibt

Die Krise bereits abgehakt: Ein Händler mit Gesichtsmaske an der New Yorker Börse Anfang Juli.
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Gemessen am Einbruch der weltweiten Produktion und dem Anstieg der Arbeitslosigkeit, befinden wir uns in einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen der jüngeren Geschichte. Schaut man aber auf die Börsenkurse, hat sich dort nicht viel verändert. Der Schweizer Leitindex SMI notiert wieder dort, wo er Anfang März lag – zu Beginn der Krise – oder im vergangenen Herbst, als noch niemand wissen konnte, was da auf die Welt zukommt. Ein ähnliches Bild zeigt sich bei anderen führenden Börsenindizes der Welt. Wenn die Börsen ein Massstab für die wirtschaftliche Entwicklung wären, dann können wir die Krise abhaken.

Warum die Kurse besorgniserregend sind

Würden die Börsen die wirtschaftliche Zukunft vorausnehmen, dann wäre die Entwicklung der Kurse ein gutes Zeichen. Doch alleine der Umstand, dass sie bereits zu Jahresbeginn zu Höchstwerten neigten, weckt Zweifel. Damals herrschte die Überzeugung vor, die Krise bleibe auf China beschränkt. Mit der Ernüchterung folgte ein massiver Kurssturz über mehrere Wochen.

Das Gleiche droht auch jetzt: «Ich denke, die Risiken werden an diesen Märkten aktuell unterschätzt», sagte der Chef der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) jüngst zu Tamedia. Dort scheint sich die Überzeugung durchgesetzt zu haben, dass wir die Pandemie überwunden haben, obwohl noch sehr viele Unsicherheiten bestünden. Bei der BIZ sorgt man sich aber nicht um die Gewinnchancen von Anlegern, sondern um die Finanzstabilität.

Wie die Börse die Finanzstabilität gefährden kann

Rasch fallende Kurse vernichten zum einen direkt Vermögen. Wenn zudem Unternehmen und Private Aktien als Sicherheiten für Schulden benutzen, müssen sie bei einem Kurssturz zusätzliche Sicherheiten aufbringen oder Geld nachschiessen. Ein Kurssturz hätte zudem indirekte Folgen: Die Sorglosigkeit an den Börsen steht für ein geringes Risikobewusstsein.

Wie der bekannte Ökonom Mohamed El Erian schreibt, verschulden sich nicht nur Staaten in einem einmaligen Ausmass, sondern auch Unternehmen, wie die rekordhohe Ausgabe neuer Anleihen zeigt. Zum einen sichern sich so Firmen nötige Liquidität, um die Krise zu meistern; zum anderen nutzen sie die Möglichkeiten, die ihnen Notenbanken bieten, die – wie in den USA – direkt Unternehmensanleihen aufkaufen.

Bricht aber die Börse ein, schnellen die Risikoaufschläge wieder hoch, das Schuldenmachen wird teurer. Das ist Ende Februar und im März bereits geschehen. Das hat die Finanzlage von Privaten und Unternehmen verschlimmert und damit den Absturz der Kurse beschleunigt. Nur dank der erneuten massiven Geldspritzen durch die Notenbanken konnte damals eine neue Finanzkrise als Folge der Virusausbreitung vermieden werden.

Was für eine Blase an den Börsen spricht

Börsenkurse sollten die Gewinnerwartungen von Unternehmen widerspiegeln. Doch bei den Firmenergebnissen ist die Unsicherheit so gross wie selten zuvor. Als Grund für die aktuell hohen Bewertungen werden verschiedene Daten herangezogen, die zeigen, dass es mit der wirtschaftlichen Aktivität nach dem Lockdown in vielen Ländern wieder steil nach oben geht. Doch für die Zukunft ist die Aussagekraft daraus beschränkt. Dass viele aufgeschobene Käufe getätigt werden, war zu erwarten.

80 Prozent aller Unternehmen in den USA sind nicht in der Lage, eine Aussage über ihre künftigen Gewinnerwartungen zu machen.

Doch solange unklar ist, ob es zu weiteren Wellen kommt, bleiben hohe Risiken. Wenn staatliche Liquiditätshilfen oder Kurzarbeitsprogramme auslaufen, ist mit mehr Firmenpleiten zu rechnen. Darüber hinaus dürfte die steigende Arbeitslosigkeit den Binnenkonsum belasten. Der Welthandel ist als Folge der Krise ebenfalls weiter eingebrochen. Dabei ist der Handelskrieg, der noch vor der Krise auch die Börsen belastet hat, auch noch nicht ausgestanden.

Kein Wunder, sind allein in den USA rund 80 Prozent aller Unternehmen nicht in der Lage, eine Aussage über ihre künftigen Gewinnerwartungen zu machen. Damit fehlt ein zentrales Element für die Einschätzung, ob der Aktienkurs eines Unternehmens gerechtfertigt ist. Deshalb kommt die Investmentlegende Jeremy Grantham zum Schluss, die Entwicklung an den Börsen sei «verrückt» und entspreche einer massiven Blase.