Arbeit auf GarantieWarum bei Kulanz Vorsicht geboten ist
Repariert ein Hersteller ein Produkt auf Kulanz, fällt die Garantieverlängerung weg. Und wenn eine Nachbesserung scheitert, können Kundinnen und Kunden vom Kauf zurücktreten.
Es klingt grosszügig und kundenfreundlich, wenn Händler oder Hersteller eine Reparatur auf Kulanz anbieten. Doch tatsächlich ist das Gegenteil der Fall, wenn ein Produkt noch während der Garantiezeit geflickt werden soll. «Eine Nachbesserung auf Kulanz ist ungenügend, weil sie keine neue Frist auslöst», sagt Arnold Rusch, Professor für Privatrecht und Wirtschaftsrecht an der Universität St. Gallen (lesen Sie hier mehr zu umstrittenen Garantiefällen).
Kommt es trotz üblichen Gebrauchs zu einem Defekt, so müsste eigentlich der Schaden als Garantiefall behoben werden. Bei einem Garantiefall beginnt – durch dessen Anerkennung – für das instand gestellte Teil eine neue Garantiefrist. Bei der Arbeit auf Kulanz hingegen nicht.
Das gilt nicht nur für Produkte, sondern auch für Bauten. Rechtsexperte Rusch verweist auf ein Gerichtsurteil, bei dem es um Schäden an einem Fundament ging. Der Bauunternehmer wollte diese auf Kulanz beheben. Der Bauherr beharrte aber darauf, dass der Bauunternehmer dies als Mangel und Garantiefall anerkennt. Das Gericht gab ihm recht, wie Rusch erläutert.
Wenn hingegen die Garantiefrist schon abgelaufen ist, kann die Konsumentin oder Konsument um eine Wiederinstandstellung auf Kulanz bitten. Das ist Verhandlungssache, da ein Hersteller oder Händler nicht mehr zu Reparatur oder Ersatz verpflichtet ist.
Wann der Kauf rückgängig gemacht werden kann
Interessant ist in diesem Zusammenhang auch ein Bundesgerichtsurteil vom 9. November 1965. Dabei ging es um einen roten Rambler Classic. Der Kunde brachte dieses Auto schon kurz nach dem Kauf wegen Störungen zurück. Trotz mehrerer Anläufe konnten die Motorenprobleme nicht behoben werden.
Der Kunde hatte schliesslich die Nase voll. Er wollte vom Vertrag zurücktreten und sein Geld zurück, obwohl die Garantiebestimmungen nur eine Nachbesserung vorsahen. Das Bundesgericht gab ihm schliesslich recht. «Im vorliegenden Fall hat der Kläger (…) im Zeitraum von fünf Wochen mehrmals Gelegenheit zur Behebung der Störungen gegeben, ohne dass dieses Ziel erreicht worden wäre», schrieb das Gericht in seiner Begründung. Ein weiteres Zuwarten sei dem Kunden nicht zuzumuten. Der Verkäufer dürfe für die Wiederherstellung auch nicht die gesamte Garantiezeit beanspruchen.
Zuerst eine Nachfrist setzen
Dieser wegweisende Entscheid hatte zur Folge, dass Konsumentinnen und Konsumenten auch heute noch Produkte zurückgeben können, wenn diese nach Reparaturen nicht voll funktionsfähig sind. «Wenn die Nachbesserung scheitert, müssen Betroffene eine Nachfrist setzen – scheitert die Reparatur erneut, können sie vom Kauf zurücktreten», sagt Rechtsprofessor Arnold Rusch. Er verweist dabei auf das Fallbeispiel einer Studentin, die ein Notebook wegen einer reparaturanfälligen Tastatur mehrmals einsenden musste. Auch sie konnte schliesslich vom Kauf zurücktreten und erhielt ihr Geld zurück.
Fehler gefunden?Jetzt melden.