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Lob und Kritik an VBS-Chefin
So reagieren Schweizer Medien auf Amherds Rücktritt

Viola Amherd, Präsidentin der Schweizerischen Eidgenossenschaft, bei der Eröffnung der Plenarsitzung des Europäischen Politischen Gemeinschaftsgipfels in Budapest, November 2024.
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«Ich bin fast Seniorin in meinem Departement. Kein anderer Chef ist so lange geblieben», sagte Viola Amherd am Mittwoch vor den Medien. «Ich blieb, weil die Weltlage nicht so schön ist und weil es spannend war.»

Ebenfalls nicht so schön waren die Spekulationen um ihre Personalie: Selten wurde so exzessiv über einen Rücktritt spekuliert wie im Fall der Verteidigungsministerin. Dabei hatte sich Amherd bereits in den Weihnachtsferien dazu entschieden. Die Schweizer Medien kommentieren unterschiedlich.

«Tages-Anzeiger»

«Ihre Kritiker vergessen: Amherd brachte Aufbruch», kommentiert diese Redaktion. Es sei ein merkwürdig bescheidener Auftritt gewesen, aber einer, der zu Viola Amherds bodenständigem Naturell passe. Während der Medienkonferenz über das neue Dienstpflichtsystem der Armee habe Amherd so nervös gewirkt, dass man sogleich geahnt habe, dass da noch mehr komme. Die erste Verteidigungsministerin der Schweiz habe in ihrem Departement für mehr Ruhe und einen Geist des Aufbruchs gesorgt.

Amherds Bilanz sei davon überschattet worden, dass sie manchmal unglücklich kommuniziert habe. Zunehmende Feindseligkeiten im Bundesrat und im Departement hätten sich in den häufiger werdenden Indiskretionen widerspiegelt. Der medial ausgetragene Konflikt mit Karin Keller-Sutter etwa habe an ihrer Reputation gekratzt. Und: Die Posse um das vermeintliche Abzockerhonorar ihrer engsten Beraterin Brigitte Hauser-Süess habe Amherd wohl besonders zugesetzt.

«NZZ»

«Die lächelnde Sphinx bleibt sich auch im Abgang treu», kommentiert die «NZZ». Obwohl sie als treue Dienerin des Staates ihr Bestes gegeben habe, sei ihre Leistung durchzogen. Möge das Timing ihrer Ankündigung noch so ungünstig wirken, lächle sie das mit ihrem «Sphinx-Lächeln» weg. Dass das Timing mit der Rücktrittsforderung der SVP nichts zu tun hat, scheint der NZZ nicht klar zu sein. Die Ankündigung vier Tage später könne Zufall sein oder auch nicht, schreibt die Zeitung.

Die aussenpolitische Bilanz der «in der Bevölkerung sehr beliebten Bundesrätin» lasse sich sehen. Innenpolitisch sehe es jedoch anders aus. Amherd sei es nicht gelungen, als Verteidigungsministerin eine führende Rolle im Bundesrat einzunehmen. Es habe den Anschein gemacht, dass sie sich für die Probleme der Armee nie «mit demselben Feuer» engagiert habe wie für die Europapolitik.

«Blick»

«Helm auf, Albert Rösti! Warum der SVP-Bundesrat jetzt ins VBS muss», schreibt der «Blick». Amherd habe als erste Frau an der Spitze des Verteidigungsdepartements (VBS) die Förderung der Frauen in der Armee so konsequent verfolgt wie kaum ein anderes Thema. In ihren ersten Amtsjahren habe sie beachtliche Erfolge verbuchen können. So habe sie internationale Kooperationen gefördert, das Armeebudget erhöht und die Behörden fit für das digitale Zeitalter gemacht.

Angesichts des «grössten Umbruchs der Armee seit Jahrzehnten» seien die Herausforderungen riesig gewesen. Zuletzt sei es der Walliserin nicht mehr gelungen, Mehrheiten zu schaffen. Obwohl die SVP Amherds Rücktritt forderte, seien viele Probleme im VBS schon zur Zeit ihrer beiden Vorgänger aus der SVP – Ueli Maurer und Guy Parmelin – da gewesen. Auch für den «Blick» ist nicht klar, dass der «Abtreten!»-Ruf der SVP nicht der Grund für den Zeitpunkt ist: Ob ihr Rücktritt auch eine Folge der harten Forderungen der SVP sei, wisse nur Amherd selbst. Jedenfalls dürfe man nun die grösste Partei in die Pflicht nehmen, schreibt die Zeitung weiter: Wer so massiv kritisiere, solle auch bereit sein, Verantwortung zu übernehmen. Und sie fordert deshalb: «Helm auf, Herr Rösti, übernehmen Sie im VBS!»

CH Media

«Amherds Rücktritt stellt die Mitte vor eine existenzielle Zerreissprobe», kommentiert CH Media. Amherd habe ihre Schlagfertigkeit in sechs Jahren im Bundesrat nicht verloren und signalisiere eine gewisse Gelassenheit gegenüber politischem Lärm. Dennoch sei es nicht ausgeschlossen, dass sie der Rücktrittsaufforderung der SVP gehorche. Dies, obwohl Amherds Abneigung gegen die SVP fast mit Händen zu greifen sei. Allerdings habe es sich längst abgezeichnet, dass sie nicht mehr lange im Amt ausharren würde.

Amherd wäre auch ohne ihre engste Beraterin Brigitte Hauser-Süess zurechtgekommen, schreibt CH Media, offensichtlich habe sie aber darauf keine Lust gehabt. Mit ihrem Entscheid stelle Amherd die Mitte bis zur Ersatzwahl im März vor eine Zerreissprobe. Dabei stehe selbst die Zukunft der Partei auf dem Spiel. Die von Gerhard Pfister vollführte Neupositionierung und der damit verbundene «Linksrutsch» sei in der Partei und innerhalb der Bundeshausfraktion noch nicht abgeschlossen.

SRF

«Amherds Rücktrittszeitpunkt hat eine gewisse Logik», schreibt SRF. Die Ankündigung komme in einem Moment des grossen Drucks. Angesichts der Rücktrittsforderung der SVP und mehrerer Grossprojekte aus ihrem Departement, die in Schieflage seien, sei die kritische Berichterstattung nicht überraschend. Doch Amherd habe in ihrer Amtszeit durchaus auch Pflöcke einschlagen können. So habe sie es im Gegensatz zu ihrem Vorgänger Ueli Maurer geschafft, das Volk von neuen Kampfjets zu überzeugen. Dies sei auch ihrem persönlichen Einsatz zu verdanken gewesen, was ihr selbst ihre Gegnerinnen und Gegner attestiert hätten.

Amherd sei immer für Gleichstellungsanliegen zu haben gewesen. So habe sie sich für mehr Frauen in der Armee und in der Politik eingesetzt. Als erste Frau an der Spitze des VBS sei sie für viele ein Vorbild gewesen.