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Nachfolge von Viola Amherd
Gerhard Pfister ist der grosse Favorit – wer sonst noch infrage kommt

Drei lächelnde Geschäftsleute in Anzügen vor orangefarbenem Hintergrund. Eine Frau und zwei Männer sind zu sehen. Von links nach rechts: Isabelle Chassot, Gerhard Pfister und Martin Candinas von der Partei Die Mitte.
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In Kürze:
  • Viola Amherd tritt nach sechs Jahren aus dem Bundesrat zurück.
  • Gerhard Pfister gilt als Favorit für die Nachfolge im Bundesrat.
  • Martin Candinas könnte der grösste Herausforderer von Pfister werden.
  • Isabelle Chassot wird als mögliche Frauenkandidatur gehandelt.

Sie wolle den Stab nach gut sechs Jahren im Amt an eine «unverbrauchte Kraft» abgeben, schrieb Viola Amherd in ihrem Rücktrittsschreiben ans Parlament. Wer diese Kraft sein soll, lässt sie offen. Eine Wunschnachfolge habe sie nicht, sagte sie an der anschliessenden Medienkonferenz.

Klar ist, dass der Sitz bei der Mitte bleibt – der Anspruch der Partei ist im Parlament unumstritten. Weil die Mitte bis Anfang Sommer auch ihr Präsidium neu besetzen muss, kommt ins Kandidatenkarussell nun noch einmal zusätzlich Dynamik rein.

Ambitionen aufs höchste Politamt im Land haben einige, reelle Chancen aber nur ein paar wenige. In dieser Prioritätenreihenfolge:

Gerhard Pfister

Gerhard Pfister, Präsident der Partei Die Mitte Schweiz, bei der Delegiertenversammlung in Thun, November 2023.

Am vorletzten Montag brachte sich Gerhard Pfister für die Amherd-Nachfolge schon mal in Stellung. Nach neun Jahren als Präsident der Mitte gab er bekannt, dass er Ende Juni abtreten wird. Dass Amherd nun bereits Ende März abtritt, dürfte seinen Plänen nicht wirklich in die Quere kommen. Es ist wahrscheinlich, dass Pfister seinen Abgang als Parteipräsident nun beschleunigen wird, um für den Bundesratssitz kandidieren zu können. Dass er Ambitionen hat, ist seit Jahren ein offenes Geheimnis.

Pfister dürfte als Favorit ins Rennen gehen. Zwar ist der Zuger bezüglich seines Alters – er wurde letzten Oktober 62 Jahre alt – eher an der oberen Grenze. Für ihn sprechen aber auch regionale Argumente: Seit dem Rücktritt von Kaspar Villiger 2003 war die Zentralschweiz nicht mehr im Bundesrat vertreten. Der Druck aus Pfisters Heimatregion dürfte enorm sein.

Die grosse Frage bleibt, wie viel Rückhalt der ausgewiesene Politfuchs innerhalb seiner eigenen, aber auch in den anderen Parteien geniesst. Er ist nach Maya Graf und Hannes Germann das amtsälteste Mitglied im Parlament und gilt als «Animal politique», das mit allen Wasser gewaschen ist. Er hat aber auch eine aufbrausende Seite. In den 20 Jahren, in denen er in Bern bereits politisiert, hat er sich nicht nur Freunde gemacht. An Pfisters fachlicher Qualifikation fürs Bundesratsamt dürfte derweil kaum jemand zweifeln.

Martin Candinas

Martin Candinas bei der Medienkonferenz des Komitees «Die Meinungsfreiheit» im Medienzentrum Bern.

Der Bündner zeigte vergangene Woche kein Interesse, als es um die Besetzung von Pfisters Nachfolge als Parteipräsident ging. Ob er nach Amherds Rücktritt für den Bundesrat kandidiert, lässt er auf Anfrage offen. Seine Ambitionen sind seit langem bekannt. Und spätestens seit seiner Zeit als Nationalratspräsident ist klar, dass sich der 44-Jährige auf der grossen politischen Bühne wohlfühlt. Wenn er kandidiert, könnte er zu Pfisters grösstem Herausforderer werden.

Für Candinas spricht, dass er im Gegensatz zu den anderen genannten Kandidaten einer jüngeren Politikergeneration angehört. Trotz seines Alters ist Candinas in der Politik schon ein alter Hase. Von 2006 bis 2011 vertrat er seine Heimatregion Surselva im Grossen Rat des Kantons Graubünden. Seither ist Candinas Nationalrat, wo er den Ruf eines Kämpfers für die Bergregionen sowie eines SRG-Freunds erlangte.

Er gilt im Vergleich mit Pfister als umgänglicher Typ. Auch wenn er rhetorisch nicht ganz mit seinem Parteipräsidenten mithalten kann, ist auch er ein guter Redner, der ein Publikum einnehmen kann. Nachdem der Bündner SP-Nationalrat Jon Pult vor gut einem Jahr an Beat Jans gescheitert war, ist für Candinas der Weg auch aus regionalpolitischer Sicht frei.

Sein noch junges Alter könnte ihm – insbesondere innerhalb seiner eigenen Partei – auch als Nachteil ausgelegt werden, weil er den Bundesratssitz der Mitte über mehrere Legislaturen hinweg okkupieren könnte. Auch hat Candinas noch Kinder im Schulalter, was Fragen der Vereinbarkeit aufwirft.

Isabelle Chassot

Isabelle Chassot im Bundeshaus in Bern, September 2023, lächelnd in einer grünen Jacke fotografiert.

Als Präsidentin der parlamentarischen Untersuchungskommission zur CS-Krise bekleidete Isabelle Chassot jüngst ein prestigeträchtiges Amt. Die 59-Jährige soll ihren Job gut gemacht haben, hört man in Bundesbern. Allerdings wurde auch Kritik laut, dass bei der Übung nicht allzu viel rausgeschaut habe.

Gegen Chassot spricht, dass mit Guy Parmelin, Elisabeth Baume-Schneider und Ignazio Cassis bereits drei Vertreter aus der lateinischen Schweiz im Bundesrat vertreten sind. Für sie spricht hingegen, dass mit Amherds Rücktritt nur noch zwei Frauen im Bundesrat sitzen. Die Linke dürfte deshalb von der Mitte mindestens eine Frauenkandidatur fordern. Und da stünde Chassot in der ersten Reihe.

Zudem könnte das Parlament darauf setzen, dass bei einem Rücktritt von Ignazio Cassis der Sitz des Tessiners an die Deutschschweiz geht und diese in absehbarer Zeit wieder mit vier Sitzen vertreten wäre. Chassot wäre auch deshalb prädestiniert, weil sie aus einem zweisprachigen Kanton kommt. Sie gilt zwar als Romande, spricht aber perfekt Deutsch. Als Freiburger Staatsrätin hat sie bereits zwölf Jahre Regierungserfahrung. Auch den Berner Regierungsbetrieb kennt sie als persönliche Beraterin zweier CVP-Bundesräte sehr gut. Bis zur Wahl in den Ständerat war sie Direktorin des Bundesamts für Kultur.

Allerdings nahm sich Chassot nach dem Rücktritt Pfisters schon mehr oder weniger aus dem Rennen. Es fehle ihr die Lust auf das Bundesratsamt, sagte sie im Westschweizer Fernsehen (RTS).

Benedikt Würth

Ständerat Benedikt Würth, Mitte, St. Gallen, am 21. September 2023 im Bundeshaus in Bern, Porträtfoto.

Benedikt Würth politisiert am rechten Flügel der Mitte-Partei und könnte deshalb bei FDP und SVP punkten. Der 56-Jährige steht für eine restriktive Finanzpolitik und ist gegen einen weiteren Ausbau der Sozialwerke. Für Würth spricht auch seine Regierungserfahrung. Von 2011 bis 2020 war er Mitglied der St. Galler Kantonsregierung und spielte als Finanzdirektor eine wichtige Rolle. Er gehört zu jenen Mitte-Ständeräten, die sich der Parteiräson auch mal widersetzen und eine eigene Linie fahren.

Grösstes Handicap für Würth ist, dass mit Karin Keller-Sutter bereits eine Vertreterin des Kantons St. Gallen in der Landesregierung sitzt.

Christophe Darbellay

Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Unterwalliser eine Oberwalliserin im Bundesrat beerben wird, ist gering. Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, dass sich Christophe Darbellay seit je zu den höchsten Weihen berufen fühlt. Wenn er eine Chance für sich sieht, könnte der ehemalige CVP-Präsident und heutige Walliser Staatsrat seinen Hut in den Ring werfen.

Darbellay kennt den Bundesbetrieb in Bern in- und auswendig. Auch hat er in den letzten Jahren Regierungserfahrung sammeln können. Ende März wird er 54 Jahre alt sein und somit im optimalen Alter für den Sprung in die Landesregierung.

Neben seiner Walliser Herkunft dürfte es für seine Kandidatur ein weiterer Nachteil sein, dass er seit zehn Jahren nicht mehr im Bundeshaus politisiert und somit die meisten Parlamentsmitglieder nicht mehr persönlich kennt. In der SVP leidet sein Ruf bis heute darunter, dass er einer der Strippenzieher hinter der Abwahl von Christoph Blocher war. Auch gilt er in seiner eigenen Partei als wertkonservativer Vertreter, was dem neuen Image der Mitte nicht mehr ganz entspricht.

Heidi Zgraggen

Die Urnerin unterlag im Dezember 2018 bei der Bundesratswahl ihrer Kontrahentin Viola Amherd. Es ist offen, ob sie nochmals antreten wird. Für die 58-jährige Ständerätin spricht, dass sie aus der Zentralschweiz kommt. Zudem war Uri noch nie im Bundesrat vertreten.

Erich Ettlin

Der 62-jährige Obwaldner sitzt seit 2015 im Ständerat. Er gilt als profunder Kenner der Sozialwerke. Als Vertreter der Zentralschweiz hätte er gute Chancen. Allerdings sagt er auf Anfrage Nein zu einer Kandidatur.

Pirmin Bischof

Der Solothurner sitzt im Parteipräsidium und ist Gruppenchef der Mitte im Ständerat, gehört also zum engsten Zirkel der Parteispitze. Bischof galt vor Amherds Wahl als meistgenannter Bundesratsanwärter im Parlament, verzichtete 2018 allerdings auf eine Kandidatur. Er wird im Februar 66 und wäre der Älteste im Bundesrat. Zudem ist er vor knapp drei Jahren noch einmal Vater geworden. Familiäre Verpflichtungen dürften ihn wohl auch diesmal von einer Kandidatur abhalten.