Sogar Grünen-Wähler sind dafürMehrheit der Schweizer will unter einen europäischen Atomschutzschirm
Eine exklusive Umfrage zeigt, dass die Bevölkerung hinter der Ukraine steht und Russland weitere Kriege zutraut. Ein europäisches Atomwaffenprogramm stösst auf breite Zustimmung.

- Eine Mehrheit der Schweizer Bevölkerung befürwortet einen europäischen Atomschutzschirm.
- Die Befragten rechnen mit weiteren russischen Angriffen auf osteuropäische Länder.
- Die Unterstützung der Ukraine ist bei Schweizerinnen und Schweizern nach wie vor gross.
- Bezüglich direkter Waffenlieferungen ist die Bevölkerung aber gespalten.
Vor seiner Wahl versprach US-Präsident Donald Trump, dass er den Ukrainekrieg innerhalb von 24 Stunden beenden werde. Nun sich 87 Tage seit seinem Amtsantritt vergangen – und in ukrainischen Städten und Dörfern schlagen weiterhin täglich russische Bomben ein.
Die grosse Mehrheit der Schweizerinnen und Schweizer glaubt nicht, dass es Trump noch gelingen wird, den Konflikt in der Ukraine bis Ende Jahr zu beenden. Das zeigt eine exklusive Umfrage von Leewas im Auftrag von Tamedia und 20 Minuten an der 35’132 Menschen aus allen Landesteilen teilgenommen haben. Die Skepsis gegenüber Trumps Bemühungen zieht sich quer durch alle Parteien, wobei die Hoffnungen bei der SVP auf einen baldigen Frieden noch am grössten ist.
Auch wenn sich nur eine Minderheit vom Krieg in der Ukraine persönlich «stark» (5 Prozent) oder «eher stark» (23 Prozent) bedroht fühlt, schätzen die Schweizerinnen und Schweizer die Chancen als hoch ein, dass Russland in den kommenden zehn Jahren weitere osteuropäische Länder angreifen wird.
Als Folge der neuen geopolitischen Realitäten befürworten weite Teile der Bevölkerung, dass die Schweiz wieder mehr Geld in die eigene Verteidigung steckt. Weil auch die USA unter Donald Trump vermehrt als Unsicherheitsfaktor wahrgenommen werden, steigt auch der Zuspruch für eine unabhängige Sicherheitsarchitektur Europas.
Kurz nachdem Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Weissen Haus vor laufenden Kameras demütigte, bot Emmanuel Macron seinen europäischen Partnern an, dass Frankreich seinen Atomschutzschirm auf andere Länder erweitert. Wie die Umfrage zeigt, würden weite Teile der Schweizer Bevölkerung diesen Schritt begrüssen.
Die Zustimmung für einen europäischen Atomschutzschirm geht quer durch alle Parteien. Sogar die Wählerinnen und Wähler der Grünen, einer traditionell eher atomkritischen Partei, sind dafür. Einzig in der italienischsprachigen Schweiz ist das Vorhaben knapp nicht mehrheitsfähig – womöglich auch, weil Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni als grosse Skeptikerin von Macrons Plänen gilt.
Grosse Solidarität in der Schweiz mit der Ukraine
In Sachen Ukrainekrieg steht die Schweizer Bevölkerung auch drei Jahre nach der russischen Vollinvasion grossmehrheitlich hinter dem angegriffenen Land. Einzig bei der SVP-Anhängerschaft liegt die Unterstützung unter 50 Prozent.
Viel Zustimmung erhält auch die Ansicht, dass die Ukraine auf ihren ursprünglichen Grenzen beharren soll, wie sie nach dem Ende der Sowjetunion festgelegt wurden. 30 Prozent der Befragten finden, dass die Ukraine Russland insofern entgegenkommen soll, dass sie auf die seit 2014 besetzte Krim-Halbinsel verzichten soll.
Wenn man die Menschen fragt, wie sich die Schweiz im Konflikt positionieren soll, zeigen sich aber die Grenzen der Solidarität. Nur die Hälfte der Befragten findet, dass sich die Regierung hinter die Ukraine stellen soll. Fast genauso viele sind der Meinung, die Schweiz solle sich aus dem Konflikt heraushalten. Auch in dieser Frage gibt es grosse Unterschiede zwischen den Parteien.
Noch gespaltener ist die Bevölkerung bei der Frage, ob die Schweiz – wie andere europäische Staaten auch – Waffen in die Ukraine liefern soll. Hier gibt es bei allen Parteien gewichtige Pro- und Kontra-Lager. Tendenziell ist die Unterstützung für Waffenlieferungen bei den Linken etwas grösser als bei den Bürgerlichen.
Mehrheit befürwortet Lockerungen der Rüstungsexporte
Einig ist man sich von links bis Mitte-rechts hingegen bei der Frage, ob die Rüstungsexportregeln insofern gelockert werden, dass andere Länder Schweizer Waffen – zum Beispiel in die Ukraine – weiterexportieren können. Für die hiesige Rüstungsindustrie sind die strengen Exportregeln zu einer existenziellen Bedrohung geworden, weil europäische Länder die Schweiz mittlerweile umgehen.
Wie sehr die Frage der Rüstungsexporte polarisiert, zeigt sich am Beispiel der SVP. Während eine Lockerung der Wiederausfuhr von Schweizer Waffen von der SVP-Anhängerschaft mehrheitlich abgelehnt wird, wird eine generelle Lockerung knapp befürwortet. Dies könnte es Schweizer Rüstungsfirmen auch erlauben, Waffen an Länder zu liefern, die als Unrechtsstaaten gelten.
Anfang April hat die Sicherheitspolitische Kommission des Ständerats einer Lockerung für Kriegsmaterialexporte zugestimmt. Im Mai wird auch die zuständige Kommission des Nationalrats darüber befinden.
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