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26 Prozent weniger Einreisen
«Trump, no thanks»: Schweizer Touristen verzichten auf den USA-Trip

Die Freiheitsstatue bei Sonnenuntergang mit einem Passagierflugzeug, das sich dem Flughafen Newark in New York am 11. August 2024 nähert.
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In Kürze:
  • Die Einreisen aus der Schweiz in die USA sind im März um 26 Prozent zurückgegangen.
  • Vier von fünf Schweizerinnen und Schweizern möchten laut einer Umfrage derzeit nicht in die USA reisen.
  • Tourismusexperten nennen die Unsicherheit bei Grenzkontrollen als wichtigsten Grund für die Zurückhaltung.
  • Airlines können die ausgebauten Kapazitäten für US-Flüge nicht mehr vollständig auslasten.

Heinz Zimmermann beschäftigt sich von Berufs wegen mit der Frage, was Schweizerinnen und Schweizer in die USA lockt. Er ist der Vorsitzende des Schweizer Visit USA Committee, das die USA als Reiseland promotet. Er hat daher eine klare Meinung dazu, welchen Einfluss der jeweilige US-Präsident auf den Reiseentscheid hat.

Zimmermanns Antwort bisher: Ausschlaggebend für den Entscheid, in die USA zu reisen oder nicht, war immer der Dollarkurs – und nicht die politische Ausrichtung des Präsidenten. Bis jetzt.

«Zum ersten Mal habe ich nun aber den Eindruck, dass der Sympathiebonus für die USA wegen Trump aufgebraucht ist und sich dies negativ aufs Reiseverhalten der Schweizer auswirkt», sagt Zimmermann. Entscheidend ist für die Reisenden also nicht der starke Franken, dank dem die Ferien günstiger sind, sondern wer im Weissen Haus sitzt.

Auch aktuelle Zahlen des US-Handelsministeriums weisen in diese Richtung: Um fast 26 Prozent, also um mehr als ein Viertel, gingen die Einreisen aus der Schweiz in die USA im März im Vergleich zum Vorjahresmonat zurück. Der Rückgang fällt damit stärker aus als in vielen anderen Ländern. Im Durchschnitt der westeuropäischen Staaten betrug der Rückgang im März 17 Prozent.

Diese Entwicklung wird von einer exklusiven Onlineumfrage untermauert, die das Institut Leewas Anfang April im Auftrag von «20 Minuten» und Tamedia durchgeführt hat. Über 35’000 Personen nahmen teil. Gefragt, ob man trotz der Regierung Trump derzeit in die USA reisen würde, antworteten 59 Prozent der Teilnehmer mit Nein und 18 Prozent mit Eher nein.

Fast vier von fünf Schweizern gaben also insgesamt an, derzeit lieber nicht in die USA reisen zu wollen.

Normalerweise reisen Schweizerinnen und Schweizer überdurchschnittlich häufig in die USA. «Wir sind fast zehnmal kleiner als Deutschland, stellen aber ein Viertel der Reisenden des deutschen Marktes», weiss Heinz Zimmermann.

Letztes Jahr waren es 380’000 Reisende aus der Schweiz, dieses Jahr sollten es 400’000 werden. «Mit diesem Wert rechnen wir nun nicht mehr», sagt Zimmermann. In Trumps erster Amtszeit war dies noch anders, erinnert er sich. Obwohl er schon damals von vielen in der Schweiz kritisch gesehen wurde, sei die Zahl der Reisen in die USA wegen des im Vergleich zum Franken günstigen Dollars eher angestiegen. Unter Präsident Barack Obama sei hingegen die Zahl der Reisen wegen des starken Dollars eher gesunken.

Adrian Müller, Tourismusforscher an der Uni Bern, glaubt, dass es für die neue Zurückhaltung bei USA-Reisen vor allem einen Grund gibt: Unsicherheit. «Reisen sollen erholsam sein und Spass machen, man will sich keine Gedanken machen müssen. Das ist in der aktuellen Situation nicht gegeben.»

Wie Müller feststellt, machen sich USA-Reisende besonders über die Lage an der Grenze Sorgen. «Man hört immer wieder von Leuten, die abgewiesen wurden, und liest in den Medien von abschreckenden Beispielen – von unklaren Regeln und Willkür.»

Angst vor Grenzkontrollen wie in China

Manche aktuelle Reiseempfehlung erinnert Müller gar an solche, die man normalerweise für Länder wie China ausspreche. «In Reiseblogs wird etwa geraten, ein anderes Handy mitzunehmen, falls dieses an der Grenze durchsucht wird – ganz so, wie man es Athleten zu den Olympischen Spielen in Peking geraten hat.» Ein Ratschlag, der wahrscheinlich übertrieben sei – aber für Müller Bände spricht.

Zu der Unsicherheit in Bezug auf die Einreise geselle sich bei manchen die politische Überzeugung, die Trump-Regierung nicht finanziell unterstützen zu wollen. US-Promoter Heinz Zimmermann sagt: «Schweizer haben generell nichts zu befürchten.» Eine unglückliche Änderung sei sicherlich, dass bei der Einreise nur zwei Geschlechter akzeptiert würden. Er rät deshalb dazu, im Einreiseformular die gleiche Geschlechtszugehörigkeit wie im Pass anzukreuzen. So liessen sich Probleme vermeiden.

Reiseanbieter spüren den Rückgang

Für die Schweizer Airlines sind die USA eine wichtige Destination. Nach der Pandemie wurde die Anzahl Flugverbindungen wieder ausgebaut, und Reiseunternehmen promoteten die USA als Top-Fernziel auf der anderen Seite des Atlantiks.

Ein Selbstläufer ist das Geschäft mit den USA-Reisen aber nicht mehr. So bestätigte Carsten Roetz, der Töffreisen in aller Welt anbietet, letzte Woche gegenüber dieser Redaktion, dass sein Umsatz mit US-Reisen seit den Wahlen um etwa die Hälfte eingebrochen sei.

Martin Wittwer, der Präsident des Schweizer Reiseverbands, sagt, es sei zu früh, um abzuschätzen, wie gross die Konsequenzen der aktuellen US-Politik wirklich sein werden. «Auch weil viele ihre Fernreise bereits gebucht haben und diese nicht einfach stornieren werden», so Wittwer. Zudem müssten Umfrageergebnisse stets mit Vorsicht interpretiert werden, da gerade bei Reisezielen Absichtserklärung und Wirklichkeit oft auseinanderlägen.

Trotzdem rechnet auch Wittwer mit einem Dämpfer für die Reisedestination USA: «Wenn Leute jetzt vor der Entscheidung stehen, wohin sie im Sommer verreisen wollen, werden sie sich weniger die USA als Reiseziel auswählen, das ist klar.»

Führt tiefere Flugzeugauslastung zu tieferen Preisen?

Die Airline Edelweiss hat ihr Angebot in die USA zuletzt ausgebaut. Tampa Bay in Florida wird beispielsweise im Sommer fünfmal wöchentlich angeflogen, Seattle ab 2. Juni neu zweimal wöchentlich. Bisher habe man 13 Prozent mehr Buchungen als letztes Jahr, heisst es bei Edelweiss. Im Vergleich zum Vorjahr wurde aber auch das Angebot um 29 Prozent ausgebaut.

Edelweiss schreibt: «Kurz gefasst: Wir können die zusätzliche Kapazität aus der Schweiz nicht vollständig absetzen, was mit der aktuellen Lage zusammenhängen könnte.»

Könnte sich dies als Vorteil erwiesen für all jene, die sich von Trumps Politik bei ihren Reiseplänen nicht abhalten und nun vielleicht an das ein oder andere Schnäppchen kommen könnten?

Martin Wittwer vom Reiseverband winkt ab: «Beim Kapazitätsangebot sind die Airlines heute sehr flexibel und Flüge können schnell zusammengestrichen werden.» Das hätte das Gegenteil zur Folge: «Dann gibt es eher zu wenig als zu viel Plätze, was die Preise für Tickets eher verteuern könnte.»

Auch günstige Hotelpreise in den USA erwartet er nicht. «Trumps Zinspolitik führt dazu, dass die bereits heute hohen Hotel- und Nebenkosten für Reisende noch weiter ansteigen und Reisen in die USA noch teurer werden. Und das trotz dem tiefen Dollar.»