Bakterien in warmen GewässernBeim Baden infiziert und gestorben – wie gefährlich sind Vibrionen?
Zwei Männer sind in Deutschland nach einer Vibrionen-Infektion gestorben. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Erregern.
In Deutschland sind zwei Personen an einer Infektion mit Vibrionen gestorben. Mindestens eine hatte sich beim Baden in der Ostsee angesteckt, bei der zweiten sind die Umstände unklar. Gemäss den Behörden von Mecklenburg-Vorpommern sind es dieses Jahr die ersten Todesfälle im Zusammenhang mit Vibrionen. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu den Krankheitserregern.
Was sind Vibrionen?
Als Vibrionen bezeichnet man eine Gruppe von Bakterien, die mit dem wissenschaftlichen Namen Vibrio heissen. Diese Mikroorganismen leben vorwiegend im Salzwasser und finden sich weltweit in Meeresgewässern und Flussmündungen. Einige Vibrionen-Arten können Menschen gefährlich werden. Am bekanntesten sind die Cholera-Bakterien, die zu schweren Durchfällen führen, in Industrieländern aber nur noch vereinzelt auftreten. Die aktuellen Todesfälle stehen jedoch mit sogenannten Nicht-Cholera-Vibrionen im Zusammenhang. Entsprechende Infektionen treten in den Sommermonaten bei höheren Wassertemperaturen regelmässig auf. Die Bakterien können aber auch in Lebensmitteln stecken und so Infektionen auslösen.
Wie gefährlich sind die Krankheitserreger?
Bei den Todesfällen in Deutschland handelt es sich in beiden Fällen um Männer. Laut den Behörden von Mecklenburg-Vorpommern war einer ein 81-jähriger Urlauber, der sich die Infektion beim Baden in der Ostsee zugezogen hatte. Er litt unter mehreren chronischen Erkrankungen und hatte offene Wunden. Beim zweiten Opfer handelt es sich um einen 59-jährigen Mann aus der Region, in dessen Blut Vibrionen nachgewiesen wurden. Er ist an einer Blutvergiftung (Sepsis) gestorben. Die näheren Umstände sind laut Behörden nicht bekannt.
Solche Todesfälle sind sehr selten. Das Gleiche gilt für die Infektion. Das Robert-Koch-Institut (RKI) in Deutschland hat Kenntnis von jährlich zwischen 0 und 20 Infektionen an deutschen Küsten, mit einer Häufung in wärmeren Sommern. Gemeldete Erkrankungen betrafen «fast ausnahmslos» ältere Personen mit Vorerkrankungen. Einige wenige starben im Zusammenhang mit dieser Infektion. Noch seltener sind Magen-Darm-Infektionen. In der Schweiz werden Vibrionen-Infektionen nicht erfasst.
Gibt es Vibrionen in der Schweiz?
Als Krankheitserreger spielen die Vibrionen in der Schweiz vor allem bei rohem Fisch oder rohen oder unzureichend gegarten Meeresfrüchten (zum Beispiel Austern) eine Rolle. Sie führen zu unangenehmen Magen-Darm-Infektionen, die gemäss Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (BLV) «meist mild» verlaufen würden. Nur in seltenen schweren Fällen kann eine gefährliche Sepsis die Folge sein. Während solche Infektionen in der Schweiz eher selten vorkommen, sind Vibrionen in vielen Ländern Asiens und Amerikas die Hauptursache für bakterielle Durchfallerkrankungen. Allerdings gibt es keine genauen Zahlen zur Häufigkeit in der Schweiz. Das BLV ist deshalb zurzeit an einer Studie zum Vibrionen-Vorkommen in Fisch und Meeresfrüchten.
Welche Symptome treten auf?
Oberflächliche Wundinfektionen mit Nicht-Cholera-Vibrionen können sich schnell ausbreiten und sollten dann rechtzeitig behandelt werden. Im Extremfall kann dies gemäss RKI zu schwerwiegender Gewebezerstörung und schliesslich zu einer Sepsis führen.
Eine Infektion etwa durch rohen Fisch führt in der Regel zu Durchfall mit leichtem Fieber, Bauchkrämpfen, Übelkeit, Erbrechen, wässrigem Stuhl mit sichtbarem Schleim und zu Dehydrierung. In der Regel klinge die Erkrankung meist von selbst ab, schreiben Fachleute der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) in einer Literaturstudie zu Vibrionen. Symptome setzen nach 4 bis 96 Stunden ein und dauern bis zu drei Tage. In seltenen Fällen muss mit Antibiotika behandelt werden. Das gilt vor allem für Patientinnen und Patienten mit Immunschwäche oder Vorerkrankungen wie Diabetes oder Leberschäden. Bei ihnen besteht bei einer Vibrionen-Infektion ein erhöhtes Risiko einer gefährlichen Sepsis.
An welchen Stränden gibt es Vibrionen?
In Europa ist das Risiko derzeit insbesondere an den Ostseestränden, aber auch an der niederländischen Küste sowie im Schwarzen Meer erhöht. Dies geht aus den Zahlen des Europäischen Zentrums für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC) hervor. Grundsätzlich kommen Vibrionen aber weltweit vor.
Ob konkrete Strände stärker betroffen sind, ist nicht bekannt. Klar ist, dass die Vibrionen-Verbreitung nichts mit hygienischen Faktoren zu tun hat. Die Mikroben vermehren sich vor allem bei einem Salzgehalt von 0,5 bis 2,5 Prozent und ab einer Temperatur von über 20 Grad Celsius stark. Dadurch ist die Infektionsgefahr grundsätzlich erhöht in flachen und sich schnell erwärmenden Küstenbereichen, wo das an Flussmündungen einströmende Süsswasser den Salzgehalt reduziert. Wellengang, Strömungen oder Gezeiten machen hohe Vibrionen-Konzentrationen hingegen weniger wahrscheinlich. Fachleute erwarten, dass durch die globale Erwärmung insbesondere in gemässigten Regionen die Infektionen mit Vibrionen zunehmen.
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