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Datenschutz in der Schweiz
Versicherer wollen an die Autodaten ran

Tesla-Elektroauto unterwegs in Zürich: E-Autos sind auch Datensammelmaschinen, doch wer welche Daten nutzen darf, ist unklar.  
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Moderne Autos, allen voran E-Autos, produzieren Unmengen an Daten: Wird der Sitz häufig verstellt, deutet das auf wechselnde Fahrer hin, wie oft und wie stark wird gebremst und Gas gegeben, wo genau befindet sich das Fahrzeug, wie schnell ist es?

Der Datenschatz weckt Begehrlichkeiten, zum Beispiel bei der Versicherungsindustrie: «Wir arbeiten an verschiedenen Ansätzen, wie wir die Daten, welche E-Autos produzieren, nutzen können», sagt Conny Kalcher, die oberste Kundenverantwortliche der Zurich Insurance, im Gespräch. 

Wem gehören die Daten?

«Die Nutzung kann auf zwei Arten geschehen: Zum einen könnten wir sogenannte ‹Pay as you drive›-Angebote individuell verbessern dank der Daten», erklärt sie. Bei diesen Tarifen wird die Prämie individuell in Abhängigkeit der Zahl der gefahrenen Kilometer berechnet. Solche Tarife gibt es schon länger, haben sich bisher aber noch nicht durchgesetzt. 

«Darüber hinaus sind die anonymisierten statistischen Daten der Autoflotten interessant», sagt sie. Denn je mehr Daten ein Versicherer hat, umso genauer kann er Tarife berechnen und unter Umständen die Konkurrenz unterbieten.

Die Zurich-Managerin betont, dass die Versicherer zwingend das Einverständnis der Nutzerinnen und Nutzer benötigen, wenn sie auf individuelle Daten zugreifen wollen. 

Auch die Behörden haben keine freie Fahrt: Will die Polizei zum Beispiel zur Klärung eines Unfalls die Daten eines Fahrtenschreibers auslesen, muss dies die Staatsanwaltschaft beantragen.

Rechtlicher Rahmen fehlt

Offen ist hingegen, wie die Auswertung anonymisierter Daten laufen kann: «Es ist rechtlich noch nicht klar, wem die Daten final gehören, hier braucht es noch einen klaren rechtlichen Rahmen», sagt Kalcher.

Die ersten Fahrtenschreiber für «Pay as you drive»-Policen tauchten schon vor Jahren auf. Daher forderte der Eidgenössische Datenschutzbeauftragte bereits im Jahr 2015, «klare gesetzliche Regelungen zu schaffen, wer unter welchen Umständen Zugriff auf die in einer solchen Blackbox gespeicherten Daten haben soll».

Moderne Autos sammeln mittlerweile viel mehr Daten als eine Blackbox. Doch wer wann welche nicht personenbezogenen Daten auslesen und nutzen darf, ist nach wie vor unklar. 

Autohersteller gegen Versicherer

Seit Jahren liefern sich die Autoindustrie und die Versicherer eine Lobbyschlacht in dieser Frage. Vor kurzem hat die EU mit dem sogenannten Data Act dazu einen Vorschlag gemacht. Demnach soll jeder, der Daten sammelt, verpflichtet werden, sie den Nutzern kostenlos zur Verfügung zu stellen, und diese sollen sie auch verkaufen dürfen. Sprich, die Autofahrer sollen die Daten verwerten dürfen. In der Regel orientiert sich die Schweiz im Bereich Datenschutz an den EU-Vorschriften.

Der deutsche Automobilclub ADAC begrüsst das Vorhaben, hält es aber für unzureichend. Die komplexen Datenströme bei Autos und die Vielzahl der Marktbeteiligten mache es erforderlich, dass die Frage des Zugangs zu den Autodaten gesondert geregelt werden soll, fordert der Autoclub. 

In Deutschland hat die Ampel-Koalition in dieser Frage das Treuhänder-Modell vorgeschlagen: Ein Treuhänder soll die Informationen anonym und sicher speichern und garantieren, dass die Autobesitzer die Datenhoheit behalten. Der Treuhänder soll zudem Dritten den Versicherern und Behörden unter gewissen Bedingungen Zugang bieten. Die Autoindustrie will davon aber nichts wissen. Kein Wunder, das Treuhänder-Modell geht auf eine Idee des deutschen Versicherers Allianz zurück.

Die Zurich sucht nun in der Frage den Dialog mit der Industrie: Laut Conny Kalcher sei der Konzern über die Datennutzung «mit verschiedenen Autoherstellern in ersten Gesprächen».