Prozess um RohstoffhändlerSchweizer Firma Trafigura im Korruptionsskandal schuldig gesprochen
Anfang Dezember fand der Prozess gegen die Rohstoffhandelsfirma statt. Nun liegt das Urteil vor. Der Konzern muss 150 Millionen Franken bezahlen. Ein Ex-Manager soll ins Gefängnis.
- Der Rohstoffhändler Trafigura wurde vom Bundesstrafgericht in einem Korruptionsfall in Angola schuldig gesprochen.
- Das Unternehmen muss eine Strafe von insgesamt 150 Millionen Franken bezahlen.
- Der ehemalige Trafigura-Manager Mike Wainwright wurde zu 32 Monaten Haft verurteilt, 12 Monate davon unbedingt. Er legt Berufung ein.
- Die Bundesanwaltschaft begrüsst das Urteil des Gerichts – Trafigura bedauert es und prüft einen Weiterzug.
Die Schweizer Rohstoffhandelsfirma Trafigura wurde am Freitag vom Bundesstrafgericht in Bellinzona schuldig gesprochen.
Der Konzern habe zu wenig unternommen, um Korruption zu verhindern, weswegen er 150 Millionen Franken bezahlen muss. Darin enthalten ist eine Busse von 3 Millionen Franken. Rund 146 Millionen Franken sind ungerechtfertigte Gewinne, die eingezogen werden.
Ebenfalls schuldig gesprochen wurde der ehemalige hochrangige Trafigura-Manager Mike Wainwright, der wegen der unsauberen Geschäfte zu 32 Monaten Haft verurteilt wurde. 12 Monate davon sind unbedingt.
Beim Urteil handelt es sich um eine Premiere. Noch nie wurden ein hochrangiger Mitarbeiter und ein grosser Schweizer Konzern wegen Korruption im Ausland verurteilt. Trafigura hat zwar seinen offiziellen Sitz in Singapur. Die Firma hat aber eine wichtige Niederlassung in Genf, dort lebt auch ein Grossteil des Managements. Auch Wainwright lebt dort.
Anwalt: «Werden Berufung einlegen»
Wainwrights Anwalt teilt mit: «Das Urteil entbehrt jeglicher Grundlage.» Das Gericht habe Wainwright auf der Grundlage allgemeiner Annahmen für schuldig befunden und wichtige Beweise ausser Acht gelassen. Diese würden zeigen, dass er nicht an einem Bestechungsschema beteiligt gewesen sei. Wainwright habe niemals Zahlungen mit korrupten Absichten getätigt oder dabei geholfen. «Wir werden gegen das Urteil Berufung einlegen», so der Anwalt.
In einer Stellungnahme teilt Trafigura mit: «Wir bedauern den heutigen Entscheid und prüfen diesen.» Trafigura habe über Jahre hinweg erhebliche Ressourcen in die Stärkung der Compliance investiert. Dazu gehörten die Durchführung von obligatorischen Schulungen für alle Mitarbeitenden oder die Kontrollen im Bereich Compliance.
Die Bundesanwaltschaft nimmt das Urteil des Bundesgerichts hingegen mit Zufriedenheit zur Kenntnis. In einer Mitteilung schreibt sie: «Es handelt sich um die erste, wenn auch noch nicht rechtskräftige, Verurteilung eines Unternehmens durch ein Schweizer Gericht wegen Bestechung ausländischer Amtsträger an der Seite eines seiner ehemals höchsten Manager.»
Und weiter: «Dies ist ein starkes Signal, das die Entschlossenheit der Bundesanwaltschaft widerspiegelt, alle Formen der grenzüberschreitenden Korruption, insbesondere im Rohstoffsektor, zu bekämpfen.»
Die Nichtregierungsorganisation Public Eye schreibt in einer Stellungnahme, dass das Urteil «eine Warnung an die gesamte Rohstoffbranche» sei.
Aussagen eines Ex-Mitarbeiters brachten Trafigura in Schwierigkeiten
Ins Rollen kamen die Ermittlungen aufgrund der Aussagen eines langjährigen Trafigura-Mitarbeitenden, der vor acht Jahren in Brasilien verhaftet wurde. Er kooperierte mit den dortigen Behörden. Laut ihm hat der Konzern mit Sitz in Genf unsaubere Geschäfte in Angola getätigt.
Die Bundesanwaltschaft nahm sich der Sache an und reichte im Dezember 2023 Anklage gegen den Konzern und mehrere hochrangige Mitarbeiter ein. Der Vorwurf: Trafigura habe nicht genügend unternommen, um Korruption durch ihre Mitarbeitenden zu verhindern. Der Prozess fand im Dezember vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona statt, und er bot Einblicke in die heiklen Geschäfte.
Die Bundesanwaltschaft legte dort Beweise dafür vor, dass ein ehemaliger Beamter aus Angola zwischen April 2009 und Oktober 2011 Schmiergeld über rund 5 Millionen Franken von einem ehemaligen Angestellten Trafiguras erhalten habe. Das Schmiergeld soll geholfen haben, den Einfluss der Firma in der angolanischen Erdölindustrie auszubauen. Davon habe das Unternehmen profitiert: Bei Erdölgeschäften in Angola verfügte Trafigura dadurch über ein Quasimonopol.
Angehört wurde im Prozess auch der nun schuldig gesprochene ehemalige Trafigura-Manager Mike Wainwright. Er war an mehreren Verhandlungstagen anwesend. Gemäss der Anklage hat er, zusammen mit dem verstorbenen Trafigura-Gründer Claude Dauphin, die korrupten Geschäfte in Angola überwacht.
Geregelt wurden die Schmiergeldzahlungen über ein Beratungsunternehmen mit Sitz in der Schweiz, das von einem ehemaligen Trafigura-Mitarbeiter geleitet wurde.
Medien waren im Gerichtssaal zugelassen. Besonders an den ersten Verhandlungstagen war das Medieninteresse gross. Wie «Le Temps» berichtet, lagen dem Bundesstrafgericht E-Mails und Online-Chats vor.
Hausarrest für Wainwright möglich
Diese sollen belegen, dass Wainwright tief in die Operationen verstrickt war. Das steht in Widerspruch mit seinen Aussagen: Er behauptete, vor der Untersuchung «noch nie» von der Beratungsfirma gehört zu haben. Er habe bei der Angelegenheit lediglich die Gewinne und Verluste der Zusammenarbeit mit der Beratungsfirma überprüft und sie in die Konzernbilanz der Trafigura-Gruppe eingetragen.
Seine Aufgabe, die ihm Claude Dauphin zuteilte, bestand darin, zu kontrollieren, ob die Gebühren jeweils korrekt bezahlt wurden. «Ich hatte keinen Grund zur Annahme, dass diese Zahlungen zu unzulässigen Zwecken erfolgt sind», sagte er in Bellinzona. Weshalb Dauphin wollte, dass er in der Angelegenheit mitwirkte, wisse er nicht.
Das Gericht sieht es anders. Sollte Wainwright mit seinem Rekurs abblitzen und die Strafe antreten müssen, dürfte er sie wohl zu Hause absitzen können. Werden von der Haftstrafe von 32 Monaten 20 Monate zur Bewährung ausgesetzt, bleiben 12 Monate übrig. Diese können oftmals im elektronisch überwachten Hausarrest abgesessen werden.
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