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Neue EU-Kommission
Wer sind die Schwergewichte in von der Leyens Team?

European Commission President Ursula von der Leyen speaks during the Parliament's Conference of Presidents, as part of a plenary session at the European Parliament in Strasbourg, eastern France, on September 17, 2024. (Photo by FREDERICK FLORIN / AFP)
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Selbst die schärfsten Kritiker gestehen Ursula von der Leyen zu, dass es hier um ein fast unmögliches Puzzle ging. Die Kommissionspräsidentin hat am Dienstag ihr neues Team für die zweite Amtszeit präsentiert und musste dabei widersprüchliche Interessen in Einklang bringen. Da war zuerst der eigene Anspruch, eine möglichst paritätische Kommission präsentieren zu können. Am Ende sind immerhin 11 der insgesamt 27 Mitglieder der EU-Kommission Frauen.

Dann wollen natürlich alle Hauptstädte für ihre Kommissare ein möglichst gewichtiges und einflussreiches Portfolio: Sie habe 20 Forderungen nach einem Wirtschaftsdossier deponiert bekommen, umschrieb Ursula von der Leyen das Dilemma. Zumindest auf den ersten Blick schaffte die Kommissionspräsidentin den Balanceakt. Von den sechs einflussreicheren Vizepräsidentinnen sind immerhin vier Frauen. Auch die geografische Ausgewogenheit wurde gewahrt. Jeweils drei kommen aus den alten und den neueren Mitgliedsstaaten.

Ihre schärfsten Kritiker ist von der Leyen losgeworden

Wer sind die neuen Schwergewichte in Brüssel? Ihre schärfsten Kritiker ist Ursula von der Leyen losgeworden. Der französische Binnemmarktkommissar Thierry Breton hat im letzten Moment unter Protest das Handtuch geworfen, der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell ist aus Altersgründen nicht mehr dabei, und die einflussreiche Wettbewerbskommissarin Margrete Vestager wurde von ihrer Regierung nicht mehr nominiert. Das Trio warf der Präsidentin zuletzt auch öffentlich einen wenig kollegialen und intransparenten Führungsstil vor.

(FILES) Third Vice-President of the Government of Spain and Minister for Ecological Transition and Demographic Challenge Teresa Ribera Rodriguez poses during an interview with AFP, in Paris, on February 13, 2024. Spain's Teresa Ribera was named on September 17, 2024, as executive vice president in the next European Commission, tasked with overseeing the bloc's economic transition towards carbon neutrality. (Photo by Dimitar DILKOFF / AFP)

Als starke Figur gilt die spanische Sozialistin Teresa Ribera, die als eine der Vizepräsidentinnen das einflussreiche Wettbewerbsdossier bekommt. Kontra geben dürfte auch die Liberale Kaja Kallas, frühere estnische Regierungschefin und neu EU-Chefdiplomatin. Vizepräsident und mit einem gewichtigen Dossier betraut wird der Italiener Raffaele Fitto von den Fratelli d’Italia, zuständig für Kohäsionspolitik und damit Herr über viel Geld. Es ist der Versuch von Ursula von der Leyen, die postfaschistische Partei von Regierungschefin Giorgia Meloni (lesen Sie hier über Melonis Aussenpolitik) einzubinden.

Kritik an Einbindung der Postfaschisten

Was prompt Kritik vonseiten der sozialdemokratischen S&D-Fraktion provozierte: Ursula von der Leyen belohne die «Rechtsnationale». Die deutsche Christdemokratin sei mit den Stimmen einer proeuropäischen Allianz gewählt worden und berücksichtige nun den Vertrauten von Giorgia Meloni. Diese begrüsste die Ernennung ihres Weggefährten Fitto prompt als Zeichen, dass die zentrale Rolle Italiens anerkannt werde.

Man werde das Team bei den Anhörungen nicht einfach durchwinken, mahnen die Sozialdemokraten. Auch den Liberalen und den Grünen passt die Einbindung der euroskeptischen ECR-Fraktion nicht. Die Hearings sind für Mitte November geplant. Sollten einer oder mehrere Kommissare durchfallen, könnte sich der Start der neuen Kommission auf Anfang Januar verschieben.

(FILES) Italy's ECR eurodeputy Raffaele Fitto addresses a plenary session of the European Parliament to present the programme of activities of the French Presidency as France currently holds the European Union rotating presidency holds the European Union rotating presidency, in Strasbourg, eastern France, on January 19, 2022. The EU chief on September 17, 2024, named Italy's Raffaele Fitto, a member of the Italian prime minister's hard-right Brothers of Italy party, to be an executive vice president in the next European Commission. (Photo by Bertrand GUAY / POOL / AFP)

Für Ursula von der Leyen ist das Kalkül aber einfach: Ohne Stimmen der italienischen Postfaschisten hätte sie in der letzten Legislaturperiode zum Beispiel die Migrations- und Asylreform nicht durchgebracht. Auf die Stimmen der proeuropäischen Abgeordneten wird sich die Kommissionspräsidentin auch in den nächsten fünf Jahren nicht immer verlassen können. Umso mehr, als der Fokus ein anderer ist als vor fünf Jahren mit dem Paket gegen den Klimawandel. Der Green Deal wird zwar nicht abgewickelt, aber die neue Kommission will sich nun auf die Umsetzung der Massnahmen beschränken. Als Priorität nannte Ursula von der Leyen Wettbewerbsfähigkeit, Sicherheit und den Schutz der Demokratie.

Schweiz bleibt bei Sefcovic

Klares Indiz für den neuen Fokus ist, dass es erstmals einen Verteidigungskommissar geben wird. Der frühere litauische Regierungschef Andrius Kubilius bekommt den Job. Da bei der Verteidigungspolitik die Kompetenzen bei den Mitgliedsstaaten sind, wird der neue Kommissar sich darauf konzentrieren müssen, die Fragmentierung von Europas Rüstungsindustrie mit gemeinsamen Forschungs- und Beschaffungsprogrammen zu überwinden. Auch die Ernennung der Finnin Henna Virkkunen als Vizepräsidentin für Sicherheit, Souveränität und Demokratie ist ein Indiz, dass Brüssel in der Unterstützung der Ukraine nicht nachlassen will. Balten und Finnen sind die schärfsten Kritiker Russlands in der EU.

Die Slowenin Marta Kos, auch schon Botschafterin ihres Landes in Bern und mit dem früheren Schweizer Diplomaten Henri Getaz verheiratet, wird neu zuständig für Erweiterung und damit auch für die Verhandlungen mit der Ukraine. Apropos Schweiz: Der Slowake Maros Sefcovic wird auch in der neuen Kommission für das Schweizer Dossier zuständig und Ansprechpartner für Ignazio Cassis bleiben.