TV-Kritik zum SRF-AbschiedNach 18 Jahren «Happy Day»: Röbi Kollers letzte TV-Träne
Er war das Aushängeschild des Livezeitalters von SRF, am Samstag moderierte er ein letztes Mal «Happy Day». Geht diesmal tatsächlich der Letzte seiner Art?
- Der langjährige SRF-Moderator beendet seine TV-Karriere mit einer emotionalen Abschiedssendung.
- Während seiner Karriere entwickelte sich Koller vom dynamischen Livereporter zum einfühlsamen Gesprächspartner.
- Der 52-jährige Nik Hartmann übernimmt künftig die beliebte Sendung «Happy Day».
Was isst ein Röbi Koller vor dem Auftritt? Eine Banane. So weit, so banal, aber überhaupt ist es ab da vorbei mit den Gewohnheiten, weil «Happy Day» für einmal keine Sendung ist, wie sie es die letzten 18 Jahre lang war. Schon im Vorspann gratulieren Prominente wie Zucchero, Shania Twain, Peter Reber, Sina. Dann läuft er ein letztes Mal ein, «sitzed ab, mir müend Sändig mache», sagt er in diesem trockenen Röbi-Koller-Duktus, irgendwo zwischen Peach Weber und Heiri Müller.
Und man merkt schnell, dass in diese anberaumten drei Stunden «Happy Day» nicht nur 18 Jahre Sendungsgeschichte, sondern auch 40 Jahre Radio- und TV-Karriere passen müssen. Koller, der «Röbi national», tritt ab.
Aus der Livewaffe Koller wird ein Sofapsychologe
Es war eine Karriere, wie es sie so wohl nicht mehr geben wird bei SRF. Nicht, weil einer wie Koller gleich mit einem derart einzigartigen Talent gesegnet gewesen wäre. Sondern mehr, weil Fernsehen, wie es Koller machte, seltener wird: live, lang und facettenreich.
Röbi Koller war so etwas wie das Sackmesser des Schweizer Fernsehens. Man konnte ihn für die «Tagesschau» in den Zoo, für «SF spezial» aufs Matterhorn stellen. Koller und die Kamera machten auf sich aufmerksam damals, in der Eigernordwand sowieso oder auch nur schon in der Zürcher Langstrasse. Fernsehen in den 90er-, in den Nullerjahren war – Achtung, Floskel – ein digitales Lagerfeuer. Wenn es den Kandidaten im Survival-Format «Steinzeit» gelang, ohne Zündhölzli ein Feuer zu entfachen, so stand das im «Blick» – heute lockt man damit im Nachfolgeformat von «Abenteuer Wildnis» niemanden mehr hinter dem Ofen hervor.
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Mit den Jahren wurde aus der Livewaffe Koller der Sofapsychologe Röbi. Er moderierte «Quer», später den «Club», ab 2007 «Happy Day». Die Melierung der Schläfen ging bei ihm einher mit einem vertiefteren Interesse am Gegenüber. Oder wie es Weggefährtin Gabriela Amgarten am Samstag in einem Einspieler erzählt: «Irgendwann war er nicht mehr der junge Wilde, sondern ein Fels in der Brandung.»
So was geht runter wie Öl. Röbi bekommt an diesem Abend seinen ganz persönlichen «Happy Day», darf immer wieder «wunderbar» und «so schön» sagen.
Dazwischen: das herkömmliche Format in einer eher braven Ausgabe. Ein Bueb hat einen bescheidenen Wunsch mit dem Zürcher Sächsilüüte. Eine pensionierte Lehrerin und Hobbypilotin kommt zum Rundflug mit einem Kunstflugpiloten. All das, natürlich, immer begleitet von Kollers Satz – im Showbusiness lieber: Line –, der zum «Top, die Wette gilt» der Schweiz geworden ist: «Hüt isch din Happy Day».
Tatsächlich war «Wetten, dass …?»-Moderator Thomas Gottschalk lange Zeit ein Vorbild von Koller. War, weil er heute nicht versteht, dass sich Gottschalk aus dem Off immer wieder zuschalten muss. Gehen, wenn es noch schön ist, so sagt sich das Koller.
Die Schweiz nicht nur kennen, sondern gern haben
Mit den berühmten Moderatoren ist es wie mit den grossen Fussballern: Immer, wenn einer geht, geht «der letzte seiner Art»: Mäni Weber, Beni Thurnheer, Röbi Koller. Ältere Männer indes dürften dem Schweizer Fernsehen erhalten bleiben: «Happy Day» könnte noch eine Weile funktionieren, und Kollers Nachfolger ist der 52-jährige SRF-Rückkehrer Nik Hartmann. Aber natürlich wird sich das Medienpublikum weiter diversifizieren, das Fernsehen Zuschauer verlieren – und damit seine Exponenten irgendwann auch an Bedeutung. Insofern kann es schon sein, dass nicht mehr viele Röbi Kollers auf Röbi Koller folgen.

Irgendwie scheint man das beim SRF zu ahnen. Die Abschiedssendung jedenfalls gerät bombastisch lang. Kiki Maeder, Kollers Sidekick in der Sendung, nimmt den scheidenden Moderator dafür liebevoll an die Hand. Weggefährten aus dem Leutschenbach grüssen, Mona Vetsch, Katja Stauber, Roger Schawinski, auch Nik Hartmann. Um eine Sendung zu moderieren wie «Happy Day», sagt er, müsse man die Schweiz nicht nur kennen, «man muss sie gern haben».
Und tatsächlich ist «Happy Day» neben den Jass-Formaten wohl das Schweizerischste, was SRF noch im Abendprogramm hat. Von der NZZ wurde Koller vor ein paar Jahren gefragt, was er an der Sendung als typisch schweizerisch erachte. «Dass man bescheiden ist, sein Schicksal trägt», sagte Koller.
Am Samstag sind viele von diesen gutschweizerischen Schicksalserträgern wieder da. Beglückte aus früheren Sendungen sitzen im Publikum, sie erinnern sich an ihre grossen Momente, mit Röbi in Rumänien zum ersten Mal bei den leiblichen Eltern, in Griechenland nach Jahrzehnten wieder beim verschollenen Vater.
Gefühle ohne sarkastische Brechung sind dem Feuilleton seit je unangenehm.
Natürlich flossen über all die Jahre literweise Tränen, und natürlich war das immer auch gewollt, inszeniert und ausgewählt. «Wir sind nicht das Sozialamt, sorry», sagte Koller einmal, «wir machen eine TV-Show.»
Nach seiner Lancierung wurde «Happy Day» bald einmal als Tränendrüsenshow abgekanzelt, Koller etwas verächtlich zum «Wunschzampano» der Nation erkoren. Aber eigentlich war dieser Spott immer auch Ausdruck eines Unbehagens darüber, dass eine Sendung Emotionen auf den Bildschirm bringt, ohne sie ins Lächerliche zu ziehen. Gefühle ohne sarkastische Brechung waren dem Feuilleton schon immer unangenehm.
Am Samstag aber muss alles schnell gehen. Noch ein, zwei Happy Moments, noch rasch einen Oberwalliser Lehrer auf eine Bühne mit Pegasus stellen, noch einmal die Brauen hoch- und die alte Talkmaster-Frage aus der Tasche ziehen: «Wie geht es dir dabei?»
Aber eigentlich geht es nur noch um ihn, um unser aller Röbi. Meriten ziehen über den Bildschirm, alte Bekannte schauen vorbei. Irgendwann sogar Stéphane Eicher, der Bob Dylans «Don’t Think Twice, It’s All Right» zum Besten gibt. Jetzt kommen selbst Koller, einem Dylan-Verehrer, die Tränen.
Und jetzt fällt die kontrollierte SRF-Art, es hat etwas von deutschem Privatfernsehen, wenn sich alle im Konfettiregen schluchzend herzen. Was bleibt ist ein Bonmot des Barden Eicher, der irgendwann, einigermassen unbeachtet, ins Mikrofon näselt: «Moderator ist ein wichtiger Beruf heute, weil er Menschen zusammenbringt in einer Zeit, in der man einander nur noch Parolen an den Kopf wirft.» Tschüss, Röbi national!
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