Mit Geo-Namen Politik machenWie Trump und Musk Sprache als Prügel und Trophäe verwenden
Ein Berg in Alaska, der Golf von Mexiko und sogar der Ärmelkanal: Die Trump-Administration will deren Namen ändern. Was soll das sprachpolitische Revierpinkeln?
Der Obertroll hat es wieder getan. Elon Musk, inzwischen alleiniger Leiter von Doge, dem neuen amerikanischen «Departement of Government Efficiency» der Trump-Administration, hat auf seiner digitalen Plattform X wieder einmal schwer auf die Empfindlichkeiten einer eigentlich befreundeten Nation gezielt. Musk hat einen neuen Namen für «das Wasser, das England und Frankreich trennt», also für den Ärmelkanal, vorgeschlagen – oder eher gesetzt: «The George Washington Channel».
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Da hat es den Briten erst einmal die Sprache verschlagen. In den beiden Anrainerländern heisst das Ding immer noch «La Manche» (Ärmelkanal) oder «The English Channel». Tatsächlich trägt die Wasserstrasse diese Namen länger, als die USA überhaupt existieren. Laut der Encyclopædia Britannica sprachen die Franzosen schon seit dem frühen 17. Jahrhundert vom «Ärmel» und die Briten seit dem frühen 18. Jahrhundert vom englischen Kanal. Früher waren «Oceanus Britannicus» und «The British Sea» im Umlauf.
Nun ist es nicht so, dass geografische Namen jemals unpolitisch gewesen wären, ja selbst über Strassennamen wird bisweilen auch heute bitter debattiert. Allerdings gibt es internationale Namenskonventionen, für deren Änderung es keinen vernünftigen Grund gibt.
Sogar das digitale britische Männermagazin «The Lad Bible» sah Musks Einlassung, die inzwischen über 100 Millionen Views hat, kritisch und taxierte sie als «bizarr»; der dort befragte Experte interpretierte sie als Symptom dafür, dass Trolling mittlerweile das wichtigste Mittel für Ruhm und Verbreitung geworden und der öffentliche Diskurs inzwischen korrumpiert sei. Desinformation und Shitposting werde auf Plattformen wie X belohnt.
Ausgerechnet jene politische Seite, die sich lange gegen jede Art von «Sprachpolizei» gewehrt hat, verfolgt nun eine aggressive Sprachpolitik, die sich darüber hinwegsetzt, was die Änderungen für die Betroffenen bedeuten könnten. Sie verwendet die Sprache als Prügel und Siegtrophäe zugleich. Sensibel oder diplomatisch jedenfalls agieren die Sieger nicht, man könnte auch sagen: Es wirkt wie sprachpolitisches Revierpinkeln.
Trump nennt Denali wieder Mount McKinley
Schon 1975 hatte das Parlament von Alaska darum gebeten, dass der Name des Mount McKinley zu Denali geändert werde: Dies war der Name, den die First Nations dem Berg einst gegeben hatten, und er war in den Siebzigern (und bis heute) in regem Gebrauch. Doch im Kongress wurde diese Änderung mehrfach von Abgeordneten aus Ohio verhindert.
2015 setzte der damalige US-Präsident Barack Obama dann die Rückkehr zum ursprünglichen Namen Denali durch, was von den Vertretern Alaskas begrüsst wurde. Trump hat dies jetzt am 23. Januar rückgängig gemacht. Denali heisst seither offiziell wieder Mount McKinley. Obwohl selbst der republikanische Gouverneur Alaskas davon nicht begeistert ist.
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Dass der «Golf von Mexiko» in Amerika neuerdings offiziell zum «Golf von Amerika», umgetauft wurde, «um die Grossartigkeit Amerikas zu ehren» (so Trump in seinem Dekret) mag noch mehr überraschen, denn für diese Bezeichnung gibt es keine Tradition. Trotzdem wird Google-Maps in den USA demnächst bloss den neuen Namen zeigen; in den anderen Ländern werden beide Namen erscheinen.
Bezeichnungsfuror ist oft kein gutes Zeichen, egal, von welcher Seite er kommt. Er zeugt von einem Fokus auf, sagen wir, womöglich etwas weniger relevante Probleme, und es kann da auch eine Cancel-Culture drohen. Manchmal – und wohl auch hier – wird er als Nebelkerze verwendet, um abzulenken.
Er kann auch kontraproduktiv sein, kann Unverständnis auslösen oder auch instrumentalisiert werden für eine Rolle rückwärts – wie jetzt von der Trump-Administration: Sie tilgt per Dekret alle «genderideologischen» Sprachschnipsel aus ihren Dokumenten.
Eines lässt sich dabei nicht bestreiten, wie auch immer man zu den jeweiligen Sprachverwendungen stehen mag: Es hat etwas Gewalttätiges, wenn man den Menschen ihre freiwillig gewählten Selbstbezeichnungen nimmt oder ungebeten geografische Bezeichnungen überstülpt. Und es macht Angst. Über den «George Washington Channel» wurde nur wenig gelacht.
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