Pläne des neuen US-PräsidentenDeutschland weit oben auf Trumps Feindesliste – das hat unser Nachbar zu befürchten
Der neue US-Präsident wird Berlin drängen, noch mehr für seine eigene Sicherheit auszugeben. Auch hat er Strafzölle angekündigt, die die deutsche Wirtschaft besonders hart treffen würden.
- Donald Trump kritisierte Deutschland für unzureichende Sicherheitsausgaben und Handelsüberschüsse.
- Trump will deutsche Autohersteller in den USA ansässig machen, sagen Experten.
- Deutschlands Abhängigkeit von den USA erhöht Handelskonflikte und wirtschaftliche Unsicherheiten.
- IFO-Studien prognostizieren erhebliche Verluste für Deutschlands Exportwirtschaft durch Trumps Politik.
Schon in seiner ersten Präsidentschaft 2016 bis 2020, deutsche Kanzlerin war damals Angela Merkel, behandelte Donald Trump Deutschland unter den amerikanischen Verbündeten als seinen «Lieblingsfeind». Es ärgerte ihn, dass bei Konferenzen Merkel als «Erwachsene im Raum» und als «Anführerin der freien Welt» galt und nicht er. Er zahlte es der Deutschen heim, indem er sie unablässig mit einem Spruch piesackte: «Angela, du musst zahlen!» Deutschland lasse sich seine Sicherheit von den USA bezahlen, und er, Trump, werde das nicht weiter hinnehmen.
Die Deutschen würden ihn nicht mögen, beklagte sich Trump noch in den letzten Tagen des Wahlkampfs, obwohl seine Vorfahren doch aus Deutschland stammten. Von Trump heisst es, ihn ärgere jeder BMW auf den Strassen von New York, weil er denke, es müsste eigentlich ein amerikanisches Auto sein. «Ich will, dass deutsche Autokonzerne zu amerikanischen Autokonzernen werden», kündigte er seinen Wählerinnen und Wählern vor kurzem an. In deutschen Ohren klang es wie die Drohung, als die es gedacht war (lesen Sie hier, wie das Ausland auf Trumps Sieg reagiert).
Weder die Politik noch die Wirtschaft sind auf Trump vorbereitet
Sicherheit und Wirtschaft werden die zentralen Herausforderungen sein, vor die Donald Trumps erneute Präsidentschaft Deutschland stellt. «Sein Wahlsieg führt die Bundesrepublik Deutschland in den wirtschaftlich schwierigsten Moment ihrer Geschichte», kommentiert Moritz Schularick, einer der führenden deutschen Ökonomen. Weder Politik noch Wirtschaft seien darauf wirklich vorbereitet.
Als der scheidende Präsident Joe Biden im Oktober Berlin besuchte, bezeichnete Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die USA als «existenziell wichtig» für die deutsche Sicherheit. Anders als Frankreich oder Grossbritannien, die anderen europäischen Mittelmächte, verfügt Deutschland über keine eigenen Atomwaffen zur Abschreckung. In dieser Hinsicht, aber auch in den meisten Belangen der konventionellen militärischen Verteidigung ist die drittgrösste Wirtschaftsmacht der Welt von den Vereinigten Staaten in hohem Masse abhängig.
Deutschland wird mehr für eigene Sicherheit bezahlen müssen
Dass Trump den Atomschirm über Deutschland (und Europa) in den nächsten Jahren zuklappen wird, glaubt man in Berlin zwar nicht. Aber alle erwarten, dass er von Deutschland fordern wird, viel mehr für die eigene Sicherheit zu bezahlen als bisher. Erst nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine 2022 löste die deutsche Regierung das bereits 2014 gegebene Versprechen ein, 2 Prozent seines Bruttoinlandprodukts für Verteidigung auszugeben.
In Berlin geht man davon aus, dass die 2 Prozent künftig keinesfalls mehr genügen werden, sondern ein Minimum darstellen. 3 bis 4 Prozent wären wohl nötig – wie im Kalten Krieg –, meinen Fachleute, insbesondere wenn die USA sich aus der Unterstützung der Ukraine zurückziehen sollten. Die deutsche Regierung tut sich aber jetzt schon ausserordentlich schwer, die nötigen Ausgaben zu stemmen.
Trumps Protektionismus wird zum Problem
Die sicherheitspolitische Abhängigkeit Deutschlands gibt Trump auch ein Druckmittel auf anderen Feldern in die Hand, in denen er Deutschland zu einer anderen Politik bewegen möchte, bei den Handelsbeziehungen etwa.
Die deutsche Exportwirtschaft, die bereits jetzt in einer ernsten konjunkturellen und strukturellen Krise steckt, dürfte unter Trumps angekündigter protektionistischer Aussenhandelspolitik mehr leiden als alle anderen Länder Europas. Die USA sind in den letzten Jahren nämlich zum mit Abstand wichtigsten Handelspartner Deutschlands geworden, 2023 betrug das Gesamtvolumen von Exporten und Importen 350 Milliarden Euro. 10 Prozent aller deutschen Ausfuhren gehen in die USA, nur 6 Prozent nach China.
Höhere amerikanische Zölle dürften Deutschland also besonders hart treffen. Studien des Münchner Instituts für Wirtschaftsforschung (IFO) haben die voraussichtlichen Folgen kürzlich berechnet: Erhebe Trump, wie angekündigt, künftig einen Grundzoll von 20 Prozent auf Importe aus dem Ausland (und sogar von 60 Prozent auf Einfuhren aus China), würden die deutschen Exporte in die USA um 15 Prozent sinken, diejenigen nach China um 10 Prozent. Chinesische Gegenmassnahmen könnten die Lage weiter verschlimmern.
Deutschland steht ganz oben auf Trumps Feindesliste
Mit keinem anderen Land erwirtschaftet Deutschland einen grösseren Handelsüberschuss als mit den USA: 2023 betrug dieser 88 Milliarden Euro. Trump und seine Ökonomen werten Handelsbilanzdefizite aber pauschal als Indikatoren für unfaire Handelspraktiken – und haben angekündigt, aggressiv vorzugehen, um die Bilanzen wieder auszugleichen. Nach China, Mexiko und Vietnam steht Deutschland ganz oben auf Trumps Feindesliste.
Die Fachleute des IFO glauben, Trumps protektionistische Politik könnte das Wirtschaftswachstum in Deutschland in den kommenden vier Jahren erheblich dämpfen. Die Effekte dürften dabei von Jahr zu Jahr stärker werden: 2027 könnte die Wachstumseinbusse bereits 1,4 Prozentpunkte betragen. 195’000 bis 235’000 Arbeitsplätze wären bedroht. Angesichts des aktuellen Nullwachstums drohe die deutsche Wirtschaft dann in eine ernste Depression zu stürzen.
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