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Abschiedsbesuch in Berlin
Deutschland verneigt sich vor Joe Biden

President Joe Biden and German President Frank-Walter Steinmeier inspect the military honour guard during the welcoming ceremony at Bellevue Palace in Berlin, Germany, Friday, Oct. 18, 2024. (AP Photo/Ebrahim Noroozi)
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In Kürze:
  • Joe Biden besucht Berlin und wird für seine Verdienste geehrt.
  • Frank-Walter Steinmeier sagt, die USA seien für Deutschland «existenziell wichtig».
  • Diskussionen über die Ukraine dominieren Bidens Treffen mit Kanzler Olaf Scholz und weiteren europäischen Spitzenpolitikern.
  • Biden ermahnt, die Unterstützung der Ukraine im Winter noch zu verstärken.

Als Barack Obama vor acht Jahren als abtretender Präsident Berlin besuchte, lag ein Gefühl von Melancholie und aufkeimender Niedergeschlagenheit über der deutschen Hauptstadt. Damals, im November 2016, war bereits bekannt, dass der neue amerikanische Präsident Donald Trump heissen würde – weder ein Freund Deutschlands noch Europas noch der Nato.

Jetzt, beim Abschiedsbesuch seines Nachfolgers Joe Biden, kam wieder Wehmut auf. Und trotz vieler Worte, die Zuversicht ausstrahlen sollten, war unverkennbar, dass alle die nächste Wahl fürchten – und die sehr reale Möglichkeit, dass Trump ins Amt zurückkehrt.

Jahrzehntelanger Partnerschaft zum Trotz mache es eben doch einen Unterschied, wer in Washington regiere, sagte der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. «Als Sie gewählt wurden», sprach er Biden in seiner Rede im Schloss Bellevue auf Englisch an, «haben Sie die Hoffnung in das transatlantische Bündnis praktisch über Nacht wiederhergestellt.» Steinmeier sprach den Namen Trump nicht aus, aber alle wussten, wer gemeint war.

Biden sei das «Leuchtfeuer» der Demokratie gewesen

Dank Bidens Führung, fuhr Steinmeier fort, sei die Nato zuletzt stärker und die deutsch-amerikanische Partnerschaft enger gewesen denn je. «Deutschland ist Ihnen dafür zutiefst dankbar.» Die Beziehung zu den USA sei für sein Land «existenziell wichtig» – was die Sicherheit angehe, aber auch die Demokratie.

Der Überfall Russlands auf die Ukraine bedrohe den Frieden in Europa in seinen Grundfesten. «Sie in diesem gefährlichsten Moment seit dem Kalten Krieg an unserer Seite zu haben, ist ein historischer Glücksfall», so Steinmeier. Biden sei das «Leuchtfeuer» der Demokratie gewesen, nicht nur durch Taten, sondern auch durch das, was ihn als Mensch auszeichne: Demut, Ehrlichkeit, Anständigkeit. Nicht zuletzt mit diesen Tugenden habe er die Herzen der Deutschen erobert.

Die Wahl in den USA sei eine Sache der Amerikanerinnen und Amerikaner, meinte Steinmeier. Unabhängig vom Ausgang habe aber auch Deutschland eine Wahl zu treffen: «In der Unterstützung der Ukraine nicht nachzulassen, in seine eigene Sicherheit zu investieren, zum transatlantischen Bündnis zu stehen, was immer geschehe.»

Biden: «Wir sollten die Kraft von Bündnissen nie unterschätzen»

Steinmeier beendete seine Dankesrede damit, dass er den abtretenden Präsidenten mit der höchsten Auszeichnung ehrte, die Deutschland zu vergeben hat: der Sonderstufe des Grosskreuzes des Verdienstordens. Vor Biden hatte diese erst ein anderer amerikanischer Präsident erhalten: George Bush Senior 1993, wegen seiner Verdienste um die deutsche Wiedervereinigung.

President Joe Biden receives Germany's Grand Cross special class of the Order of Merit by German President Frank-Walter Steinmeier at Bellevue Palace in Berlin, Germany, Friday, Oct. 18, 2024. (AP Photo/Matthias Schrader)

Er sei «überwältigt» von Rede und Ehrung, antwortete Biden sichtlich gerührt. Als er geboren worden sei, hätten Amerika und Deutschland noch Krieg gegeneinander geführt. Als er Berlin erstmals als Senator besucht habe, sei die Stadt noch geteilt gewesen. «Wir sollten die Kraft der Demokratie nie unterschätzen, wir sollten die Kraft von Bündnissen nie unterschätzen.»

President Joe Biden is greeted by German Chancellor Olaf Scholz at the Chancellery in Berlin, Germany, Friday, Oct. 18, 2024. (AP Photo/Ben Curtis)

Wegen des Hurrikans Milton war Biden mit einer Woche Verspätung zum Abschiedsbesuch nach Berlin gekommen. Der geplante zweitägige Staatsbesuch, es wäre der erste eines US-Präsidenten seit Ronald Reagan 1985 gewesen, schrumpfte zu einem 19-stündigen Kurztrip – ohne Gang durchs Brandenburger Tor, ohne Rede Bidens an das deutsche Volk.

Abgesehen vom Festakt beim Bundespräsidenten und kurzen Ansprachen im Bundeskanzleramt, war die knappe Zeit ganz der Arbeit gewidmet. Mit Olaf Scholz besprach Biden insbesondere die schwierige Frage, wie es mit der Unterstützung der Ukraine weitergehen solle. Der Kanzler hatte dazu für den Nachmittag Emmanuel Macron und Keir Starmer hinzugebeten, den französischen Präsidenten und den britischen Premierminister.

Prime Minister Keir Starmer of the United Kingdom, US President Joe Bide, Chancellor Olaf Scholz of Germany, and President Emmanuel Macron of France, from left, wave after a Family photo during a meeting at the Chancellery in Berlin, Germany, Friday, Oct. 18, 2024. (AP Photo/Markus Schreiber)

Zu welchen Schlüssen das Quartett kam, wurde nicht bekannt. Eine gemeinsame Medienkonferenz gab es nicht. Biden hatte aber in der Ansprache mit Scholz zuvor die Aufgabe benannt: Der Ukraine stehe ein harter Winter bevor. Man dürfe mit der Unterstützung keinesfalls nachlassen, müsse diese sogar noch ausweiten. Das koste zwar viel. Der Preis sei aber noch viel höher, falls Russland sich durchsetzen sollte.

Scholz überschüttete Biden zum Abschied mit Lob: «Deiner Führung ist zu verdanken, dass Putins Plan gescheitert ist.» Der Amerikaner dankte zurück: Unter Scholz habe Deutschland sich der Realität gestellt und eine Zeitenwende eingeleitet. Mehrmals habe sich der Kanzler zu schweren, aber richtigen Entscheidungen durchgerungen, als er es sich auch hätte leicht machen können. Biden nannte die Freilassung eines russischen Killers aus deutscher Haft, die einen weitreichenden Gefangenenaustausch ermöglich hatte. «Thank you, thank you, thank you», sagte Biden.

Der bald 82-Jährige, den man in Deutschland jetzt oft den «letzten grossen Transatlantiker» nennt, hatte bei der Begrüssung dem Bundespräsidenten wie dem Bundeskanzler die Hand sehr vertraut auf die Schulter gelegt. Und am Abend sagte der grosse Bruder aus Amerika den Deutschen dann Goodbye.