Katastrophe bei Titan-TauchgangDie Vorwürfe des Ex-Chefingenieurs und die letzte Botschaft vor der Implosion
Im Rahmen der Anhörungen zum Untergang des Tauchboots Titan gab die US-Küstenwache neue Details preis. Der ehemalige Chefingenieur erhebt schwere Vorwürfe.
Am 18. Juni 2023, kurz nach Beginn der Mission, brach plötzlich der Kontakt zwischen der Titan und dem Mutterschiff Polar Prince ab. Das Tauchboot war auf dem Weg zum Wrack der untergegangenen Titanic. An Bord befanden sich fünf Insassen, darunter der Chef der Betreiberfirma OceanGate. Einige Tage später die traurige Gewissheit: Das Tauchboot war implodiert und alle Insassen ums Leben gekommen.
Der Chefingenieur hinter dem experimentellen Gefährt des Unternehmens Oceangate hat nun schwere Vorwürfe gegen einen Mitgründer der Firma erhoben, der bei dem Vorfall getötet wurde.
Nissen zu Rush: «Ich steige da nicht ein»
Er habe sich unter Druck gesetzt gefühlt, das U-Boot bereit für Tauchgänge zu machen und sich einige Jahre zuvor geweigert, selbst eine Pilotfahrt mit dem Gefährt zu unternehmen. «Ich steige da nicht ein», habe er zu Oceangate-Mitgründer Stockton Rush gesagt, berichtete Tony Nissen, als er am Montag als erster Zeuge in einer Untersuchung der US-Küstenwache aussagte. Das Unglück am 18. Juni 2023 löste eine weltweite Debatte über die Zukunft privater Tiefseeerkundungen aus.
Nissen sagte, es sei teils nicht leicht gewesen, für Rush zu arbeiten. Dieser sei unter anderem oft sehr auf Kosten und Zeitpläne fokussiert gewesen. Rush habe für seine Interessen gekämpft – und die hätten sich manchmal von einem Tag auf den anderen geändert. Er habe sich darum bemüht, die Auseinandersetzungen hinter geschlossenen Türen zu halten, damit der Rest des Unternehmens nichts davon mitbekomme. Die meisten Menschen hätten Stockton gegenüber schliesslich nachgegeben, sagte Nissen bei der Anhörung in Charleston im Bundesstaat South Carolina.
Nissen verweigerte Pilotfahrt
Aufhorchen liess auch Nissens Angabe, dass die Titan bei einer Testmission im Jahr 2018 von einem Blitz getroffen worden sei, was möglicherweise die Hülle des Tauchboots beeinträchtigt habe. Auf die Frage, ob es Druck gegeben habe, die Titan ins Wasser zu bekommen, antwortete er: «100 Prozent.»
Nissen berichtete weiter, dass er die Pilotfahrt einst verweigert habe, weil er den zuständigen Mitarbeitern nicht vertraut habe. Im Jahr 2019 habe er zudem einen Tauchgang zum Wrack der Titanic verhindert und Rush gesagt, die Titan funktioniere nicht so, wie man es angenommen habe. Im selben Jahr wurde er bei Oceangate gefeuert. Die Titan sei aber zusätzlichen Tests unterzogen worden, bevor sie später Tauchgänge zu dem berühmten Schiffswrack unternommen habe, sagte er.
Letzte Nachricht der Titan: «Alles gut hier»
Kurz vor der Implosion des Tauchboots Titan auf dem Weg zum Wrack des untergegangenen Passagierdampfers Titanic schickte die Besatzung noch die Botschaft «Alles gut hier» an die Oberfläche. Das geht aus einer Animation zum Schicksal der Titan im Nordatlantik hervor, die am Montag von der US-Küstenwache vorgestellt wurde.
Der Präsentation zu entnehmen ist, dass die Besatzungsmitglieder der «Titan» per Textnachrichten mit Helfern an Bord des Schiffs «Polar Prince» kommunizierten. Sie tauschten sich noch zu Tiefe und Gewicht des Tauchboots Titan aus, kurz danach brach der Kontakt ab. Die Schiffsbesatzung fragte dann wiederholt, ob die Titan die «Polar Prince» noch auf der Anzeige an Bord sehen könne. Eine der letzten Antworten von der Titan war dann «Alles gut hier».
Vertreter der Küstenwache sagten am Montag aus, dass das Tauchboot über einen Zeitraum von sieben Monaten zwischen 2022 und 2023 bei der Lagerung der Witterung ausgesetzt gewesen sei. Zudem sei der Rumpf der Titan nie gemäss dem Standard-Verfahren durch eine Drittpartei überprüft worden.
Die Suche nach dem Tauchboot nach seinem Verschwinden hatte weltweit für Aufsehen gesorgt. Trümmerteile der Titan wurden auf dem Meeresgrund etwa 300 Meter vom Wrack der Titanic entfernt gefunden, wie die Küstenwache mitteilte.
DPA/jaw
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