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TV-Kritik «Tatort»
«The Bear» in böse: Ein Sternekoch und seine Brigade wetzen die Messer

Zwei Personen stehen in einer professionellen Küche, umgeben von kochenden Mitarbeitern und verschiedenen Kochutensilien.
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Jetzt hat der «Tatort» es auch getan. Vom Kinderkultfilm «Ratatouille» bis zum Disney+-Serienhit «The Bear» hat sich der harte Kosmos der Haute-Cuisine-Küche als Bildschirm-Faszinosum etabliert, und er garantiert gute Einschaltquoten – also hat das Sonntagskrimiformat nachgezogen: Die österreichische Drehbuchautorin Sarah Wassermair, die bereits vor zwei Jahren einen Wien-«Tatort» schrieb, schildert in «Messer» eine Fine-Dining-Welt, die, hinter den Kulissen, dreckiger und unappetitlicher nicht sein könnte.

Im Interview bezeichnet Wassermair den Plot, wunderbar austriakisch, als «Mischkulanz» aus realen Skandalen der nationalen Nobelgastronomie.

In «Messer» ist der schillernde, egomanische Chefkoch André (Daniel Keberle) der Katalysator des Geschehens. Der Star des Betriebs hält alle anderen unter seiner Knute, selbst seine Frau, die Geschäftsführerin der «Efeukrone». André ist ein notorischer Fremdgeher, und sexuelle Belästigung gehört ohnehin zur Betriebskultur.

Seinen überambitionierten Souschef Lars (Simon Morzé) und auch die anderen in seiner Küchenbrigade regiert er mittels Schrecken, Erniedrigung und Manipulation, und in dem toxischen Betriebsklima kämpfen auch die Mitarbeiter mit harten Bandagen.

Im Wiener Tatort «Messer» will jeder ein Star werden

Schliesslich will es jeder und jede ganz nach oben schaffen, «Perfektion» kreieren, Sternekoch werden. Dafür geben sie alles: ihre Gesundheit, ihr Rückgrat, ihre Seele. Nachts wird als Gegengift Aufputschpulver eingeworfen und gefeiert bis zum Zusammenbruch.

Nach einer dieser Nächte wird André ermordet aufgefunden, erstochen mit einem High-End-Küchenmesser – und verdächtig sind nicht wenige, allen voran die Nr. 2 der Brigade, der Souschef. Damit wir die brutalen Verhältnisse und die Hackordnung verstehen, formuliert Regisseur Gerald Liegel sie szenisch unerbittlich aus, in schnellen, düsteren, adrenalin-prallen Shots. Was für eine energiegeladene Milieustudie!

Ein Koch in einer professionellen Küche, fokussiert und vor einem Herd stehend, während zwei weitere Personen im Hintergrund arbeiten.

Als Kontrapunkt dazu hat Autorin Wassermair eine stille Krisenstory rund um die zwei altgedienten Ermittler Bibi Fellner (Adele Neuhauser) und Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) entwickelt. Im 35. Fall spürt die Ex-Alkoholikerin, dass ein Burn-out im Anzug ist, und denkt daran, sich versetzen zu lassen, statt den Crash und die völlige Gefühllosigkeit abzuwarten. Gleichzeitig fürchtet sie bei einem solchen Schritt um ihre feine, nie explizit definierte Beziehung mit Eisner.

Wie sich Bibi Fellner darüber mit einem alten Freund berät, der gerade einsitzt, einem Wiener «Strizzi» – Simon Schwarz als grossartig trockener Inkasso Heinzi, der im Wiener «Tatort» zum Stammpersonal zählt –, hat der Regisseur mit kalter Komik in Szene gesetzt.

Dass die beiden Kommissare, beide um die 60, allerdings derart gehemmt und länglich umeinander herumeiern, will man ihnen denn doch nicht recht abkaufen. Die Könner der Selbstironie und des Wiener Schmähs sind da leider aus ihrem üblichen Sound herausgefallen – egal, sehenswerte Schärfe hatte «Messer» insgesamt trotzdem.