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Ticker zur Machtübernahme in Afghanistan
+++ Taliban: Frauen dürfen getrennt von Männern Uni besuchen +++ Taliban sollen Bruder von Ex-Vizepräsident getötet haben

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Taliban haben in Afghanistan die Macht übernommen. Hochrangige Führer der Islamisten sind aus dem Exil zurückgekehrt.

  • Die USA, Deutschland und andere Staaten haben seit Mitte August Zehntausende Schutzsuchende aus Kabul evakuiert.

  • Der von US-Präsident Joe Biden per Ende August gewollte Truppenabzug ist vollzogen.

  • Vergangene Woche sorgten zwei Bombenanschläge für dutzende Todesopfer und Verletzte, dabei kamen auch 13 US-Soldaten ums Leben. Die USA haben mit einem Drohnenangriff reagiert.

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Austin: Anschläge bringen uns nicht vom Auftrag ab

Der Terroranschlag ausserhalb des Flughafens von Kabul wird das US-Militär nach Angaben von Verteidigungsminister Lloyd Austin nicht davon abhalten, seinen Aufgaben weiter nachzukommen. Alles andere würde das von den getöteten Soldaten erbrachte Opfer entehren, teilte Austin am Donnerstag mit. Er sprach den Familienangehörigen und Kameraden der getöteten und verletzten US-Soldaten und -Soldatinnen sein Beileid aus.

«Wir bedauern ihren Tod. Wir werden ihre Wunden behandeln. Und wir werden die Familien unterstützen bei dem, was sicher vernichtende Trauer sein wird. Aber wird werden uns nicht von unserer Aufgabe abbringen lassen», erklärte Austin.

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Das US-Verteidigungsministerium geht davon aus, dass sich noch 1000 Amerikaner in Afghanistan befinden.

Biden verschiebt Treffen mit Bennett nach Anschlägen

Der Besuch des israelischen Ministerpräsidenten Naftali Bennett im Weissen Haus ist wegen der dramatischen Entwicklungen in Afghanistan um einen Tag verschoben worden. US-Präsident Joe Biden werde nun am Freitag mit Bennett zusammentreffen, erklärte das Weisse Haus. Das ursprünglich für Donnerstagmittag (Ortszeit; 17.30 Uhr MESZ) angesetzte Treffen hatte sich zunächst um rund drei Stunden verzögert. Ein anderer geplanter Termin Bidens – eine Schalte mit Gouverneuren später am Donnerstag – war vom Weissen Haus schon zuvor gestrichen worden.

Die US-Regierungszentrale teilte mit, der Präsident habe sich am Donnerstag mit seinem Team für nationale Sicherheit getroffen, darunter Aussenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin. Biden werde weiter kontinuierlich über die Entwicklung in Afghanistan informiert. Wann er sich zu der Lage in Kabul an die Öffentlichkeit richten wird, war zunächst offen.

Zweite deutsche Phase der Rettungsaktion wird eingeläutet

Die deutsche Regierung will nach dem Ende des Evakuierungseinsatzes der Bundeswehr in Afghanistan auf anderen Wegen versuchen, schutzbedürftigen Menschen bei der Ausreise zu helfen. «Die militärische Evakuierung ist nun beendet. Aber unsere Arbeit geht weiter und zwar so lange, bis alle in Sicherheit sind, für die wir in Afghanistan Verantwortung tragen», sagte Aussenminister Heiko Maas am Donnerstag in Berlin. «Deshalb geht unsere Hilfsaktion heute in eine neue Phase.»

Mit den noch in Afghanistan verbliebenen Deutschen bleibe man weiter in Kontakt und arbeite daran, «sie mit einer organisierten Ausreise zu unterstützen». Maas machte aber auch klar, dass man sich weiter darum kümmern werde, dass Afghanen das Land verlassen können. «Wir werden auch alles daran setzen, den Ortskräften, die jetzt noch in Afghanistan sind, die Ausreise zu ermöglichen. Und das gilt für die gesamte Bundesregierung.» Die Botschaften in den Nachbarstaaten hätten die Anweisung, allen ehemaligen Mitarbeiten von Bundeswehr und Bundesministerien, die bereits eine Aufnahmegenehmigung haben, Einreisepapiere zu erteilen.

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Auch für andere besonders gefährdete Afghanen werde eine «Ausreiseperspektive» geschaffen. «Sie werden von uns eine Aufnahmezusage bekommen, mit der sie bei unseren Botschaften in den Nachbarstaaten schnell und unkompliziert Visa für Deutschland erhalten können.» Für Sonntag kündigte Maas eine Reise in drei Nachbarländer Afghanistans an: Usbekistan, Pakistan und Tadschikistan.

Nato: Evakuierung leibt nach Anschlägen «Priorität»

Nach den Anschlägen am Flughafen Kabul haben die Nato und die Europäische Union die Fortsetzung der Evakuierungen aus Kabul gefordert. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg erklärte am Donnerstag im Online-Dienst Twitter, er verurteile den «furchtbaren terroristischen Anschlag». Zugleich betonte er, die «Priorität» der westlichen Allianz liege darin, «so viele Menschen wie möglich so schnell wie möglich in eine sichere Umgebung» zu bringen.

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EU-Ratspräsident Charles Michel zeigte sich «extrem besorgt», forderte aber ebenfalls, die Evakuierungen fortzusetzen. Einen gesicherten Zugang zum Flughafen zu gewährleisten, sei von lebenswichtiger Bedeutung, erklärte Michel. Die derzeitige Lage dürfe nicht dazu führen, dass der «Terrorismus» in Afghanistan wieder um sich greife. (Lesen Sie auch unser Interview mit einem Terrorexperten: «Al-Qaida hat mächtige Freunde unter den Taliban»).

Johnson kündigt Fortsetzungen von Evakuierungen an

Trotz der Anschläge am Flughafen von Kabul will Grossbritannien weiterhin britische Staatsbürger und Afghanen aus dem Krisenland ausfliegen. «Wir werden mit diesem Einsatz fortfahren. Wir kommen jetzt ohnehin zum absoluten Ende», sagte Premierminister Boris Johnson am Donnerstag nach einem Treffen des Krisenkabinetts. «Wir werden bis zum letzten Moment weitermachen», kündigte Johnson an.

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Über die Anschläge am Flughafen der afghanischen Hauptstadt sagte Johnson: «Wir waren darauf gefasst». Die Anschläge zeigten «die Wichtigkeit, diese Arbeit so schnell und so effizient wie möglich fortzusetzen in den Stunden, die uns noch bleiben», fügte der Premierminister hinzu.

Das britische Verteidigungsministerium schrieb im Onlinedienst Twitter, dass unter den Opfern der Anschläge kein Soldat oder Mitarbeiter der britischen Regierung sei.

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UNO-Generalsekretär lädt Vetomächte zu Krisensitzung ein

Angesichts der chaotischen Situation und der angespannten Sicherheitslage in Afghanistan hat UNO-Generalsekretär António Guterres die Vetomächte zu einem Krisentreffen eingeladen. Diplomatenkreisen zufolge sollen die Botschafter der USA, Chinas, Russlands, Grossbritanniens und Frankreichs am Montag in New York mit dem UNO-Chef zusammenkommen, um sich über die Lage auszutauschen.

Näheres zu den Zielen des anvisierten Treffens wurde zunächst nicht bekannt. Ein Sprecher der Vereinten Nationen wollte die Informationen zunächst nicht offiziell bestätigen. Guterres hatte die Tat zuvor über seinen Sprecher Stephane Dujarric scharf verurteilt und sie als «abscheulich» bezeichnet: «Dieser Vorfall unterstreicht die Unbeständigkeit der Lage vor Ort in Afghanistan, stärkt aber auch unsere Entschlossenheit, während wir weiterhin dringende Hilfe im ganzen Land leisten».

Deutschland beendet Evakuierung

Die Bundeswehr hat ihre Evakuierungsflüge aus Afghanistan beendet. Wie Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer am Donnerstag sagte, sind die letzten deutschen Flugzeuge am Flughafen von Kabul gestartet. «Alle Soldaten und Angehörige des Auswärtigen Amtes und der Bundespolizei» seien aus der afghanischen Hauptstadt ausgeflogen worden.

Der Abflug der Maschinen fand unmittelbar nach den zwei Anschlägen vor dem Flughafen statt. Die Flieger hätten sich zum Zeitpunkt der Anschläge in der Phase der Beladung befunden, sagte Kramp-Karrenbauer. Nach den Anschlägen seien Notfallpläne zum Einsatz gekommen. Bis auf zwei Soldaten, die sich noch im US-Teil des Flughafens befanden, hätten so alle deutschen Einsatzkräfte Kabul verlassen können. Sie seien mittlerweile in Taschkent gelandet.

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Die zwei verbliebenen Soldaten hätten nach den Explosionen Schutzräume aufgesucht, ihnen sei nichts geschehen, sagte die Ministerin. Sie seien wenig später von einem deutschen MedEvac-Flugzeug aufgenommen worden, das sich zur Unterstützung im Luftraum über Kabul befand. Auch diese beiden Soldaten hätten mittlerweile den afghanischen Luftraum verlassen und seien auf dem Weg nach Taschkent.

Schüsse während Flugzeugstart

Am Donnerstagnachmittag gab es Schüsse, während eine Maschine der italienischen Armee vom Flughafen Kabul startete. Laut «Corriere della Sera» sei die C-130 mit 98 afghanischen Zivilisten und einigen italienischen Journalisten gegen 7 Uhr abgeflogen. In dem Moment seien Schüsse abgefeuert worden.

Der Pilot habe den Start nicht abgebrochen. Er habe «Ausweichmanöver durchgeführt», um den Schüssen auszuweichen, so «Corriere». Schliesslich sei der Flieger in Kuwait sicher gelandet.

Laut Geheimdiensten war das Flugzeug jedoch nicht das Ziel des Sperrfeuers: Ein afghanisches Maschinengewehr feuerte in die Luft, um die auf das Flughafengate drängende Menschenmenge zu zerstreuen, es seien keine Schüsse auf das startende Flugzeug gerichtet worden.

Kanada beendet Evakuierungen in Afghanistan

Vor dem Abzug der US-Truppen aus der afghanischen Hauptstadt Kabul haben die kanadischen Streitkräfte ihre Evakuierungsmission beendet. Dies verkündete der befehlshabende General Wayne Eyre am Donnerstag, wie das kanadische Verteidigungsministerium bestätigte.

Etwa 3700 Menschen seien vom Militär in den vergangenen Tagen ausser Landes gebracht worden. Kanada hatte wie auch europäische Staaten auf eine Verlängerung der Evakuierungsaktion gepocht, die amerikanische Abzugsankündigung zwingt das Land jedoch zum Ende der Operation.

USA und Verbündete fliegen über 13'000 Menschen aus Kabul aus

Vor dem baldigen Ende der militärischen Evakuierungsmission in Afghanistan sind binnen 24 Stunden erneut mehr als 13'000 Menschen aus Kabul ausgeflogen worden.

Das Weisse Haus teilte am Donnerstag mit, zwischen dem frühen Mittwochmorgen und dem frühen Donnerstagmorgen habe das US-Militär rund 5100 Menschen ausser Landes gebracht, Flugzeuge von Verbündeten wiederum hätten im gleichen Zeitraum rund 8300 Menschen evakuiert. Seit dem Start des Evakuierungseinsatzes Mitte August hätten die Vereinigten Staaten und ihre Partner insgesamt mehr als 95'000 Menschen ausgeflogen.

Ein Soldat der US-Luftwaffe trägt ein Kind durch den Flughafen in Kabul. (20. August 2021)

Mehr als 40'000 Menschen nach Katar evakuiert

Bei der Rettung Schutzbedürftiger aus Afghanistan sind nach Angaben von Katar mehr als 40'000 Menschen in das Golf-Emirat gebracht worden. Sie wurden von der katarischen und der US-amerikanischen Luftwaffe ausgeflogen.

Die meisten würden vor der Weiterreise für einige Tage in dem Golf-Emirat bleiben, teilte das Aussenministerium in Doha am Donnerstag mit. Tausende seien auf Gesuch unter anderem von Nichtregierungsorganisationen, Medienhäusern und Bildungseinrichtungen ausgeflogen worden. Auch Deutsche, Briten, US-Amerikaner und Bürger anderer Länder seien evakuiert worden.

Nach dpa-Informationen sammelte Katar die Schutzbedürftigen in Kabul an einem zentralen Punkt ein und brachte sie in einem Konvoi zum Flughafen. Begleitet wurde dieser immer vom katarischen Botschafter, um Kontrollen der militant-islamistischen Taliban leichter passieren zu können, die in Afghanistan die Macht übernommen haben.

Taliban-Kämpfer kontrollieren Autos an einem Checkpoint in Kabul. (22. August 2021)

Katar tritt auch als Vermittler zwischen den USA und den Taliban auf. Doha pflegt gute Kontakte zu ihnen. Mit Blick auf die Evakuierungen hat Katar erklärt, «die volle Verantwortung» für die Sicherheit der Menschen zu übernehmen, die Afghanistan verlassen wollten.

Wer beim Transit über Katar nicht gleich den nächsten Flug antritt, bekommt nach Angaben aus Doha eine vorübergehende Unterkunft, Essen und medizinische Versorgung. Ausserdem können die Betroffenen sich auf das Coronavirus testen oder sich dagegen impfen lassen. Die meisten der Evakuierten seien derzeit Studierende, Familien und Journalisten.

Journalisten in Afghanistan von Taliban geschlagen

Zwei Mitarbeiter des beliebten afghanischen Fernsehsenders ToloNews sind in Afghanistan eigenen Angaben zufolge von militant-islamistischen Taliban misshandelt worden.

Der Reporter Siar Jad und sein Kameramann seien am Mittwoch im Zentrum der Hauptstadt Kabul geschlagen worden, als sie gerade an einem Bericht arbeiteten, teilte ToloNews am Donnerstag auf Twitter mit.

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Die Mitarbeiter hätten Tagelöhner und Arbeitslose für einen Beitrag gefilmt, als Taliban-Kämpfer sie plötzlich schlugen. Der Grund dafür sei unbekannt. Der Reporter Jad selbst schrieb auf Twitter, die Taliban seien plötzlich aus ihrem gepanzerten Landcruiser ausgestiegen und hätten ihn mit vorgehaltener Waffe geschlagen. Auch Kameras, technische Geräte und sein persönliches Handy seien gekapert worden. Ein Vertreter der Taliban habe zu ToloNews gesagt, der Fall werde «ernsthaft» untersucht.

Augenzeuge: Noch mehr Menschen bei Eingang zu Flughafen Kabul

Ungeachtet Terrordrohungen ist an einem Eingang zum Flughafen Kabul die Zahl der dort versammelten Menschen erneut gestiegen. Das berichtete ein Augenzeuge der Nachrichtenagentur DPA am Donnerstag.

Er befinde sich den dritten Tag nun bereits bei einem Tor am östlichen Teil des Flughafens, aber so viele Menschen habe er an keinem Tag davor gesehen. Die Menschen stünden «so eng aneinander wie Ziegel einer Mauer». Man könne keinen Meter weit kommen. Er sei rund 200 Meter vom Eingang entfernt, und es würde das Leben seines Kindes oder seiner Frau kosten, wenn er versuchte, diese 200 Meter zu überwinden.

In einem von dem Augenzeugen übermittelten Video sieht man Menschen mit Dokumenten in der Hand winken. Sie rufen «Help me!» – helfen Sie mir – und stehen Schulter an Schulter in der prallen Sonne. In der Menge sind auch Kinder und Frauen, man hört auch Babys weinen.

Italien: Mehr Einsatz von G20-Staaten für Rechte afghanischer Frauen

Italiens Regierungschef Mario Draghi hat nach der Eroberung Kabuls durch die Taliban von den G20-Staaten gefordert, alles zu tun, um die Rechte von Frauen in Afghanistan zu schützen.

«Afghanische Frauen und Mädchen stehen kurz davor, Freiheit und Würde zu verlieren», liess Draghi anlässlich der Konferenz der 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) zur Stärkung der Rolle von Frauen am Donnerstag mitteilen. Die G20 müssten vor allem deren Recht auf Bildung wahren sowie den Fortschritt, der in den vergangenen 20 Jahren erreicht worden sei.

«Als G20-Staaten haben wir eine Pflicht nicht nur gegenüber unseren Bürgern, sondern auch gegenüber der Weltgemeinschaft», hiess es in Draghis Botschaft weiter.

A woman embraces her sister-in-law as she arrives with other Afghan refugees on a flight at Dulles International Airport in Chantilly, Virginia on August 23, 2021. - Around 16,000 people were evacuated over the past 24 hours from Afghanistan through the Kabul airport, the Pentagon said on August 23, 2021, as the US speeds toward completing its airlift by an August 31 deadline. (Photo by Olivier DOULIERY / AFP)

Vertreter der G20-Staaten und von Organisationen trafen sich am Donnerstag im norditalienischen Santa Margherita Ligure, um über die Stärkung der Rolle von Frauen zu sprechen.

Albanien und Kosovo wollen Tausende Afghanen aufnehmen

Die Balkanländer Albanien und Kosovo haben ihre Bereitschaft bekräftigt, tausende Afghanen zumindest vorübergehend aufzunehmen.

Das Nato-Land Albanien werde etwa 4000 Menschen, die als sogenannte Ortskräfte für die Nato-Mission in Afghanistan tätig gewesen seien, sowie ihren Angehörigen Aufenthalt gewähren, erklärte Ministerpräsident Edi Rama am Mittwoch (Ortszeit) dem US-Nachrichtensender CNN.

Auch das Kosovo will 2000 evakuierte Afghanen aufnehmen. Dies sagte Innenminister Xhelal Svecla nach Berichten von Medien in Pristina. Sie könnten bis zu einem Jahr im Land bleiben, bis für sie eine dauerhafte Lösung gefunden sei, sagte er.

Eine Familie wartet darauf, mit einer Maschine der US-Luftwaffe aus Kabul ausgeflogen zu werden. (24. August 2021)

«Wir sind bereit, jene Afghanen aufzunehmen, die an uns als Nato geglaubt haben, die mit uns zusammengearbeitet haben und denen wir (in Afghanistan) nicht helfen können, wenn sie riskieren, getötet zu werden», sagte er. Für die Betroffenen sei dies eine Frage auf Leben und Tod, für die Nato-Partner wiederum «eine schwere moralische Frage», fügte er hinzu. Grundsätzlich sei geplant, dass die Menschen in den USA dauerhaft Asyl fänden. Albanien werde aber niemandem die Tür weisen, der wegen seiner Tätigkeit für die Nato-Mission Schutz benötige, sagte er.

Bruder von berühmtem Taliban-Gegner berichtet von wachsendem Widerstand

In Afghanistan weitet sich die Widerstandsbewegung gegen die radikalislamischen Taliban nach den Worten des Bruders des legendären afghanischen Kriegsherrn und Taliban-Gegners Ahmed Schah Massud aus. Der Widerstand habe sich über das Land verbreitet, sagte Ahmed Wali Massud am Mittwoch der Nachrichtenagentur AFP.

Die Einstellungen der Afghanen hätten sich in den vergangenen 20 Jahren entwickelt, sagte Massud. «Die Frauen Afghanistans sind der Widerstand, denn ihre Werte unterscheiden sich sehr von denen der Taliban.» Auch die jüngeren Generationen, die einen Grossteil der Bevölkerung ausmachten, seien Teil der Widerstandsbewegung. «Egal was passiert, der Widerstand wird weitergehen. Es ist ein Freiheitskampf für universelle Rechte und Überzeugungen. Das wird niemals sterben», sagte Ahmed Wali Massud.

The brother of slain Afghan warlord Ahmad Shah Massoud - Ahmad Wali Massoud - one of a band of leaders holding out against the Taliban from their base in the Panjshir Valley, poses during a photo session in Paris on August 25, 2021. (25. August 2021)

Der Sohn des früheren Kriegsherrn Massud, Ahmed Massud, hatte in der vergangenen Woche zum Widerstand gegen die Taliban aufgerufen. Nach seinen Angaben haben sich ihm im Pandschir-Tal tausende Kämpfer angeschlossen. Das Pandschir-Tal war in den 90er Jahren eine Hochburg des Widerstands gegen die Taliban und fiel nie unter die Kontrolle der Islamisten.

Lesen Sie zum Widerstand gegen die Taliban in Afghanistan: Herrschaft der Taliban ist längst nicht gesichert

Frankreich will Evakuierungsflüge am Freitag einstellen

Frankreich will seinen Evakuierungseinsatz in Afghanistan nach den Worten von Premierminister Jean Castex am Freitag beenden. «Von morgen Abend an können wir nicht länger Evakuierungen vom Flughafen Kabul aus durchführen», sagte Castex am Donnerstagmorgen dem französischen Sender RTL.

Frankreichs Regierung begründet den anvisierten Abbruch des Rettungseinsatzes mit dem bevorstehenden Truppenabzug der USA.

Eine Familie steigt am Flughafen in Kabul in eine Maschine der US-Luftwaffe. (24. August 2021)

Terrorgefahr am Flughafen Kabul

Die Sicherheitslage rund um den Flughafen von Kabul spitzt sich wenige Tage vor dem mutmasslichen Ende der militärisch gesicherten Evakuierungen erheblich zu. Die deutsche Botschaft in Afghanistan und andere Stellen warnen vor Terrorgefahr rund um den Airport der afghanischen Hauptstadt. «Aufgrund der Sicherheitsbedrohungen vor den Toren des Flughafens Kabul raten wir US-Bürgern, derzeit nicht zum Flughafen zu reisen und die Tore des Flughafens zu meiden», teilte die US-Botschaft in der Nacht zu Donnerstag mit – ohne die Bedrohungslage genauer zu benennen.

US-Bürger, die sich derzeit am Abbey Gate, East Gate oder North Gate aufhielten, sollten das Gebiet «sofort» verlassen, warnte die US-Vertretung in Kabul.

(FILES) In this file photo Afghans gather on a roadside near the military part of the airport in Kabul on August 20, 2021, hoping to flee from the country after the Taliban's military takeover of Afghanistan. - Two US congressmen have revealed that they violated official orders to travel to Kabul during the chaotic airlift that has seen the United States and allies try to evacuate tens of thousands of people fleeing the Taliban.The revelation by Democratic congressman Seth Moulton and his Republican colleague Peter Meijer prompted an angry statement from the Democratic leader of the House of Representatives Nancy Pelosi on August 24, 2021. (Photo by Wakil KOHSAR / AFP)

Die britische Regierung forderte Bürgerinnen und Bürger in der Nähe des Flughafens auf, sich an einen sicheren Ort zu begeben und auf weitere Anweisungen zu warten. Sie sprach in ihren Reisehinweisen am Mittwoch von einer «weiterhin hohen Bedrohung durch Terroranschläge». «Wenn Sie sich beim Flughafen aufhalten, entfernen Sie sich zu einem sicheren Ort und warten Sie auf weitere Hinweise», hiess es auf der Webseite des britischen Aussenministeriums.

Die deutsche Botschaft warnte in einem Schreiben an deutsche Staatsbürger vor Schiessereien und Terroranschlägen.

Uno-Bericht: Sicherheitslage weitgehend ruhig

Die Sicherheitslage in Afghanistan ist seit der Machtübernahme der militant-islamistischen Taliban weitgehend ruhig. Das geht aus einem wöchentlichen Bericht der UN-Agentur zur Koordinierung humanitärer Hilfe (OCHA) hervor, der am Mittwochabend veröffentlicht wurde. In den allermeisten Regionen des Landes sei die Sicherheitssituation im Berichtszeitraum – der Woche nach der Taliban-Machtübernahme – vergleichsweise ruhig.

Ein Taliban-Kämpfer steht am Grenzübergang zwischen Afghanistan und Pakistan östlich von Kabul. (21. August 2021)

In dem Bericht hiess es, im Süden seien Zivilistinnen und Zivilisten weiter von Explosionen durch am Strassenrand versteckte Bomben betroffen gewesen oder von Kugeln durch Freudenschüsse in den Provinzhauptstädten. Die grossen Krankenhäuser in der südlichen Region hätten zudem eine grosse Zahl an Patienten aufgenommen, die bereits früher verletzt worden waren, wegen andauernder Gefechte und Strassensperren aber keine Möglichkeit gehabt hätten, in Krankenhäuser zu kommen.

Im Nordosten habe es Berichte über Gefechte in den Bezirken Pul-i Hisar, Dih Salah und Bano der Provinz Baghlan gegeben. Einem Bericht der «New York Times» zufolge hatten Hausdurchsuchungen durch die Taliban diese Gefechte mit lokalen Milizen ausgelöst. Aus den Provinzen Kabul und Panjshir seien mehrere Sicherheitsvorfälle und Gewalttaten gemeldet worden. Allerdings gibt es in dem Bericht keine Details hierzu.

Sie kämpfen weiter gegen die Taliban: Widerstandskämpfer im Panjshir-Tal. (25. August 2021)

In der Stadt Jalalabad im Osten seien Berichten zufolge zwei Zivilisten getötet und sechs weitere im Zuge eines Protests am Nationalfeiertag verletzt worden, hiess es weiter. Lokale Journalisten berichteten, Taliban-Kämpfer hätten das Feuer eröffnet. Vergangenen Samstag habe es bewaffnete Zusammenstösse zwischen Kämpfern der Taliban und der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) im Bezirk Alingar der Provinz Laghman im Osten gegeben.

US-Regierung: Keine Frist für Hilfe bei Ausreise

Die US-Regierung will auch nach dem 31. August US-Amerikaner und Afghanen bei der Ausreise aus Afghanistan unterstützen.

«Wir und die internationale Gemeinschaft erwarten, dass die Menschen, die Afghanistan nach dem Abzug des US-Militärs verlassen wollen, dies auch tun können. Daran arbeiten wir», sagte die Sprecherin des Weissen Hauses, Jen Psaki, am Mittwochnachmittag. Man prüfe eine Reihe von Möglichkeiten, wie man etwa weiter konsularische Unterstützung leisten können.

US-Aussenminister Antony Blinken sprach davon, dass es keine «Frist» für die Bemühungen gebe, ausreisewilligen US-Amerikanern oder Afghanen zu helfen. Die militant-islamistischen Taliban hätten sich verpflichtet, Menschen über den 31. August hinaus sicheres Geleit zu ermöglichen. «Und wir haben sicherlich Anreize und Druckmittel gegenüber einer zukünftigen afghanischen Regierung, um sicherzustellen, dass dies geschieht», sagte Blinken weiter ohne ins Detail zu gehen.

Die US-Regierung will auch nach dem 31. August US-Amerikaner und Afghanen bei der Ausreise aus Afghanistan unterstützen. (25. August 2021)

US-Präsident Joe Biden hatte am Dienstag nach einer Videoschalte mit den Staats- und Regierungschefs der G7-Länder erklärt, dass er an dem Plan festhalte, die amerikanischen Truppen bis zum 31. August aus Kabul abzuziehen. Das US-Militär kontrolliert derzeit den Airport in Kabul und sichert die internationale Evakuierungsmission dort ab. Die verbliebenen internationalen Kräfte am Flughafen sind bei ihren Evakuierungsaktionen auf den Schutz durch US-Truppen angewiesen.

//red