Kommentar zum Deal in ItalienSwisscom – Achtung, Ausland-Abenteuer
Der Megadeal mit Vodafone erinnert an schmerzhafte Erfahrungen der Swisscom in der ersten Telecom-Boomzeit. Und er dürfte eine vergessene Debatte neu befeuern.
Die gute Nachricht zuerst: Swisscom ist offenbar so fit, dass man sich einen 8-Milliarden-Zukauf in Italien zutraut. Für den Schweizer Konzern ist das ein grosses Ding und mit dem bestehenden Engagement bei Fastweb offenbar die logische Weiterentwicklung.
Die schwierige Botschaft lautet: Die Swisscom hat sich mit Milliardenengagements im Ausland nach der Jahrtausendwende schon einmal richtig bös die Finger verbrannt. Riesenabschreiber bei der deutschen Debitel, bei Fastweb und ein Übernahmeverbot der irischen Eircom. Bei letzterem Deal hatte der Bundesrat unter Führung von Christoph Blocher die Swisscom in die Schranken gewiesen.
Nun also der Vodafone-Kauf für 8 Milliarden Franken in Italien. Das kann gut gehen, weil man mit Fastweb schon vor Ort ist und die Verhältnisse kennt.
Soll die Schweiz Mehrheitseignerin bleiben?
Der Deal dürfte aber die eingeschlafene Debatte um den Status der Swisscom neu entfachen: Soll die Schweiz weiterhin Mehrheitseignerin bleiben? Oder muss der Konzern vollständig privatisiert werden? Als Hauptbesitzerin trägt die Eidgenossenschaft das unternehmerische Risiko mit. Wenn sie aussteigt, macht sie Kasse und muss nicht zittern, wenn ein Abenteuer schiefgeht.
Die Privatisierungsdebatte dürfte zusätzlich befeuern: Die Swisscom ist inzwischen ein Gemischtwarenladen. Sie ist mit Blue Cinema Kinobetreiberin, sie mischt mit Blue News im Medien- und Nachrichtengeschäft mit, sie überträgt mit Blue Sport Schweizer Fussball in unsere Stuben, sie versorgt Millionen von Menschen in Italien mit Telecomdienstleistungen, und eigentlich im Hauptgeschäft ist sie IT-Dienstleisterin in der Schweiz.
Der Trend bei Gemischtwarenläden geht derzeit eher in die Gegenrichtung: Entflechtung. ABB, Novartis und andere Konzerne haben es vorgemacht. Auch hier dürfte der Druck von Aktionären auf die Swisscom steigen.
Ausland-Engagement, Privatisierung und Gemischtwarenladen: Der Swisscom-Deal dürfte nicht einfach nur ruhig über die Bühne gehen, sondern heftige Debatten um die Zukunft des Konzerns mit bald deutlich über 20’000 Mitarbeitenden entfachen.
Korrektur: In einer ersten Version hiess es, der Konzern habe bald 8000 Mitarbeitende. Die Zahl bezog sich auf das Italien-Geschäft und schliesst Vodafone mit ein. Korrekt ist hierzu die Zahl von rund 9000 Mitarbeitenden. Der Gesamtkonzern Swisscom würde nach dem Zukauf in Italien deutlich über 20’000 Mitarbeitende beschäftigen.
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