Kommentar zum Bundesgerichts-Urteil Der Freispruch für die Swisscom ist eine Blamage für die Wettbewerbshüter
Das Bundesgericht zerpflückt die Argumente von Weko und Bundesverwaltungsgericht mit einfacher Wirtschaftstheorie. Das lässt beide Stellen in schlechtem Licht erscheinen.
Die Swisscom ist bei der Wettbewerbskommission (Weko) eine Art Dauerkundin: Kaum ein Jahr vergeht, in dem die grösste Telecomanbieterin des Landes die Wettbewerbshüter nicht beschäftigt. Seit 2015 befasste sich die Kommission mindestens achtmal mit der Swisscom.
Das ist deshalb bemerkenswert, weil ausgerechnet ein staatsnaher Betrieb eine Bundesbehörde auf Trab hält. Und es ist problematisch, weil die Eidgenossenschaft mehrere Rollen als Besitzerin, Aufsicht und Regulatorin gleichzeitig wahrnimmt.
Dabei stellt sich die Swisscom als streitbare «Klientin» heraus, welche die Interessen ihrer 76’000 Aktionäre unnachgiebig vertritt. Die Firma schöpft in der Regel den Rechtsweg via Bundesverwaltungsgericht bis hin zum Bundesgericht aus, um Sanktionen der Kommission anzufechten.
Streit zwischen Swisscom und Weko geht weiter
Dabei geht die Swisscom mitunter als Siegerin hervor, wie das aktuelle Urteil aus Lausanne zeigt: Das Unternehmen hat seine marktbeherrschende Stellung nicht missbraucht, um den Zuschlag für die Versorgung von Postfilialen mit Internet zu erhalten. Der Swisscom bleibt so eine Kartellstrafe von 7,5 Millionen Franken erspart. Bereits 2011 hatte das Bundesgericht eine Weko-Rekordbusse von 333 Millionen Franken gegen die Swisscom aufgehoben.
Das jüngste Urteil des obersten Schweizer Gerichts wirft ein schlechtes Licht auf die Weko und das Bundesverwaltungsgericht, das die Wettbewerbswächter stützte. Beide Stellen erhalten von den Richterinnen und Richtern eine Belehrung in einfacher Wirtschaftstheorie: Der Umstand, dass die Post den Vertrag mit der Swisscom freiwillig um ein Jahr verlängert habe, spreche gegen den Einsatz von Druckmitteln durch die Swisscom, heisst es im Urteil: «Ein Unternehmen, welches sich einen Preis hätte aufzwingen lassen, würde kaum nach Ablauf einer vierjährigen Vertragsdauer den Vertrag nochmals um ein Jahr verlängern.»
Der Dauerstreit zwischen der Swisscom und der Weko geht indes weiter. Zuletzt hat die Behörde per vorsorglicher Massnahme den Ausbau des Glasfasernetzes durch die Swisscom gestoppt. Das Bundesgericht bestätigte diesen Entscheid.
Im Verlauf des Jahres wird die endgültige Verfügung der Weko erwartet. Darin kann die Weko eine Busse anordnen. In diesem Fall ist indes davon auszugehen, dass die Swisscom wieder den vollen Instanzenweg ausreizt.
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