Sweet Home: HomestoryWohnen über den Gleisen
Hoch über dem Zürcher Hauptbahnhof hat Henriette Rosa ihrer modernen Stadtwohnung mit Styling und ein paar cleveren Einrichtungstricks einen neuen, frischen Look verpasst.
Vor über fünf Jahren zog Henriette Rosa mit ihrer Familie von Gockhausen in eine neue Überbauung am Zürcher Hauptbahnhof. Sie geniesst die Veränderungen. «Hier pulsiert alles. Wir sind gleichzeitig in einem lebendigen, urbanen Quartier und, da sich die Wohnung im obersten Stockwerk befindet, auch ein wenig auf einer Oase», schwärmt Henriette. Das Kommen und Gehen der Züge nimmt man in den Wohnräumen nicht wahr. «Auf der Terrasse aber fühle ich mich ein bisschen wie an einem Hafen. Und wenn die Züge vorbeifahren, erwacht in mir das Fernweh.»
Die Wohnung befindet sich auf einer Ebene, hat eine offene Küche mit Esszimmer, ein Wohnzimmer und drei Schlafzimmer. In zwei der Schlafzimmer wohnen ihre beiden Söhne, 16 und 19 Jahre alt. Und im gleichen Haus, in zwei anderen Mietwohnungen, leben ihre beiden erwachsenen Töchter, von denen eine ein kleines Kind hat, Henriettes erstes Enkelkind. Über die Wendeltreppe in der Mitte der Wohnung gelangt man auf die Dachterrasse.
Diesen Frühling hat Henriette ihrer Wohnung eine Auffrischung gegönnt. «Es kamen keine Möbel dazu, aber ich habe alles ein wenig neu arrangiert und mit Styling, neuen Accessoires und ein paar Ideen für ein neues, frisches Wohngefühl gesorgt.» So bekam etwa die leere Wand der Küchenkombination eine Spiegelverkleidung. «Eine simple Idee, die dem Raum optisch neue Dimensionen und Perspektiven verleiht.»
Auf der Wohnetage hat es mehrere Balkone. Diese sorgen für eine helle, lichtdurchflutete Stimmung, bieten Aussicht auf eine grüne Bepflanzung und grenzen ab zur urbanen Umgebung, die der Bahnhof mit seinen Gleisen bildet.
Eine Stylingidee, die sofort ins Auge sticht, ist das Einsetzen von zitronengelben Akzenten. Da ist erst mal der grosse Wellenspiegel mit einem hellen zitronigen Rahmen. Er ist vom schwedischen Designer Gustaf Westman. «Ich glaube, ich war eine der Ersten, die einen dieser Spiegel in die Schweiz bestellte», erzählt Henriette. Damals war er noch um einiges günstiger als heute und der Transport war erst noch inbegriffen. Das riesige Stück kam unversehrt in einer Holzkiste an, es macht Henriette immer noch jeden Tag grosse Freude. Neu sind auch die Kissen, die mit Stoffen von Kvadrat bezogen wurden, welche Tiger- und Leoparden-Jaquardmuster zeigen. Das Gelb wird nochmals aufgenommen mit dem Lampenschirm der Vintage-Tischleuchte auf dem Sideboard und den Zitronen in der Keramikschale.
«Die Zitronen sind nicht bloss Deko, wir trinken sehr viel Zitronensaft.»
Von den meisten Büchern hat sich Henriette getrennt. Dafür thront ein grosses Ölbild von einem Buchladen an der Esszimmerwand und sorgt auf kokette Art für Gemütlichkeit. In die Wohnung tritt man durch einen Gang, der zuerst in den Essbereich und in die offene Küche führt. Auch hier zieht sich über die ganze Raumbreite ein schmaler Balkon, auf dem wiederum grüne Pflanzen wachsen.
Die Wand gegenüber vom Balkon trennt den Wohnbereich ab. Henriette hat sie mit einem schmalen Holzregal bestückt, welches sie ganz ihrer Sammlung einzigartiger Keramikstücke widmet. Henriette pflegt eine grosse Passion für Keramik. Sie arbeitet beim Zürcher Familienunternehmen enSoie, ist dort Store Managerin und unter anderem auch für den Einkauf der Keramik verantwortlich. Diese Keramikobjekte sind aus der Kollektion «Chaque Mois», für die Anna Meier, Creative Director von enSoie, jeden Monat neue und andere Stücke von Hand bemalt. Darüber hängt ein Bild, welches eine formale und farbige Umsetzung von Tanzschritten darstellt. Henriette war Tänzerin, hat in London Modern Dance studiert und ist danach mit mehreren Ensembles aufgetreten. So vereinen sich hier verschiedene Stationen aus ihrem Leben.
Henriettes Passion für schönes Geschirr ist verbunden mit ihrer Liebe zur Gastfreundschaft. «Bei uns sind oft Familie und Freunde am Tisch vereint.» Dabei macht die Gastgeberin oft sogenannte Grazing Platters, riesige Platten und Boards voller Köstlichkeiten wie Käse, Gemüse, Charcuterie, Früchte und mehr. «Je nach Mahlzeit und Art der Einladung decke ich den Tisch ganz unterschiedlich, mit anderem Geschirr und anderen Textilien und Dekorationen.»
Der grosse, aber leicht und elegant wirkende Tisch hat eine wunderschön maserierte Platte aus Vogelahorn. Die Stühle sind von Hans J. Wegner und Vico Magistretti. Zusammengebracht wird die freundliche Tischrunde mithilfe von einem sanften, sandfarbenen Teppich. Die Küchenkombination zeigt zwei verschiedene Farbtöne an den Fronten und eine schokoladenfarbene Wandabdeckung hinter der Arbeitsfläche. Auf dem tieferen Korpus stehen noch mehr edle Stücke aus Henriettes Keramiksammlung, und natürlich sind auch die Schubladen und Schränke voller solcher Schätze. Die Griffe der Schranktüren und Schubladen wirken wie tanzende Tupfen und geben der klassischen Küche das gewisse Etwas.
Überall in der Wohnung, aber besonders in der Küche und im Essbereich, stehen liebevoll gestylte Arrangements. Sie ziehen die Blicke auf sich, machen neugierig und schaffen Freundlichkeit. Henriette macht so mit hübschen Dingen, Blumen und Früchten die Wohnung persönlich, warm und einladend.
Sitzt man am Tisch, eröffnet sich hinter dem üppigen Grün auf dem schmalen Balkon eine grossartige Aussicht auf den Zürcher Kreis 5. Dieser ist mit den vielen neuen Wohnungen und Gewerberäumen noch lebendiger geworden.
«Man fühlt sich hier sicher und nie allein. Kaum geht man raus, ist man zu jeder Zeit mitten einer pulsierenden Umgebung mit Cafés, Läden und Restaurants.»
Auch auf der Küchentheke sind liebevolle Arrangements zu entdecken. Und natürlich solche mit zitronengelben Akzenten. Auf die kleinen Zitrönchen ist Henriette stolz. Wir haben alle noch nie welche gesehen und finden, dass sie perfekt sind im bunten Keramikschälchen. Das Zitronenbild hat einer ihrer Söhne gemalt.
Hier laden Datteln und Feigen zum Zugreifen ein. Dazwischen eine zitronengelbe, kabellose Minitischleuchte und Kunst.
Henriette Rosas Berufsleben zeigt interessante Stationen auf. Nach ihrer Tanzkarriere arbeitete sie backstage, und zwar als Produzentin im Filmbereich. Dort organisierte sie aufwendig produzierte Spielfilme mit grossen Teams. Sie war für alles verantwortlich, für jede Location, jedes Detail, von Versicherungen über Essen und Wehwehchen von Schauspielern bis zu Allüren von Kunden oder Reiseplänen der Crew. Obschon sie das alles sehr liebte, wurde es mit einer grossen Familie irgendwann mal zu viel – sie wechselte in eine andere Welt, nämlich in die der schönen Dinge. Seit 18 Jahren arbeitet sie im Zürcher Familienunternehmen enSoie.
Die Liebe zu den schönen Dingen fand Henriette schon in ihrer Kindheit. Ihre Eltern hatten ein Antiquitätengeschäft mit Uhrenwerkstatt mitten in der Berner Altstadt. «Von ihnen habe ich die schöne Pendule auf dem Sideboard im Wohnzimmer.» Ihr Lieblingsstück in der Wohnung ist aber die antike Tischleuchte mit Bambusfuss und Lampenschirm aus Stoff von Josef Frank. «Auch den Vogel liebe ich, wir hatten mal mehr Vögel, aber mit denen hat unser Kater Fritz zu heftig gespielt.»
Das Schlafzimmer war eine gestalterische Herausforderung. «Es war wahrscheinlich eher als Büro gedacht denn als Schlafzimmer. So ist keine Wand im rechten Winkel und die Rückwand gar leicht abgerundet.» Jeder Teppich wirkte irgendwie schräg und nahm dem Raum die Ruhe.» So entschloss sich Henriette für einen weissen Spannteppich, der wollig und weich ist, aber aus recyceltem Plastik aus dem Meer produziert wurde. Die helle, frische Gesamtstimmung, die sich mit viel Weiss und Zitronengelb durch die ganze Wohnung zieht, hat Henriette im Schlafzimmer weitergeführt. Über der weissen Bettwäsche liegt lose eine Kuscheldecke aus Flauschstoff, die Henriette mit Seidentaft gefüttert hat. Die Wand hinter dem Bett ist in einem sehr hellen Silbergrauton gestrichen.
Kleine Stillleben, Blumen und viel entspannte Eleganz sind die Zutaten der Schlafzimmereinrichtung. Auch hier gibt es einen kleinen Balkon und ein Fenster. Auch wenn die nächste Hausfassade ziemlich weit weg ist, braucht ein Schlafzimmer Vorhänge. Diese sind aus einem losen, weissen Raschelgewebe, das fast wie gehäkelt wirkt.
Kein Schlafzimmer ohne Ablagesessel. Henriette hat dafür eine Bank eingesetzt. Mit Leo-Kissen und Kuschelfellen bestückt, ist sie fast ein kleines Sofa. Darüber hängt Kunst von Henriettes Patenonkel.
Der zweite Stock der Wohnung ist die Dachterrasse. Henriette erzählt, dass sie gerade am Abend zuvor, der warm und golden war, mit einer Freundin hier sass und quatschte. Auf einer Terrasse leuchteten schöne Lichterketten, auf einer anderen hatte jemand ein romantisches Date. «Es ist wie ein anderes Universum hier oben: nahe bei der Wohnung und zugleich weit weg.»
Henriette hat noch mehr Lob für die Terrasse: «Da man nicht von der Wohnung auf die Terrasse sieht, kann ich sie ganz unabhängig von der Wohnungseinrichtung einrichten. Und das Beste: Im Winter müssen wir nicht vom Sofa aus auf eingepackte Bäume schauen.»
«Ich liebe das Gleismeer. Es verbindet mit der Welt und lässt Reisefieber aufkommen.»
Das Ein- und Ausfahren der Züge hat auf Henriette eine beruhigende Wirkung. Sie liebt es auch, wenn sie Durchsagen hört, besonders wenn Züge angemeldet werden, die nach Paris fahren: «Dann reise ich in Gedanken immer ein bisschen mit.»
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