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Sweet Home
Hier fand Yves Saint Laurent seine Farben

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Die «Saint-Laurent-Farben» entdeckte ich in einem kleinen, eleganten Pariser Atelier, in dem ich einst als Textildesignerin arbeitete. Der Patron, ein ungarischer Künstler, hatte sie klar definiert: leuchtende Rottöne wie Zinnober und Magenta, das magische Ultramarin, Türkisblau, frisches Grasgrün, ein strahlendes Sonnengelb und natürlich auch Schwarz, Weiss und ein Blanc cassé gehörten dazu.

Ein wenig wie die «Yellow Brick Road» im Film «The Wizard of Oz» führt eine glänzend rote Strasse durch den märchenhaften Jardin Majorelle.

Die Dessins, die wir entwarfen, verkaufte er an Textilfirmen, die daraus Stoffe für die Couturiers kreierten. Eine davon war die renommierte Zürcher Seidenfirma Abraham, deren Eigentümer Gustav Zumsteg mit Yves Saint Laurent befreundet war. Eines Tages kam Monsieur Hargittai, der Patron des Textildesignstudios, zurück von einer Reise, bot mir ein Truffe du jour von Sprüngli an und meinte: «Vous avez vendu un dessin» – Sie haben ein Muster verkauft. Ich durfte mit meinen Arbeitsutensilien von der kleinen Kammer in den grösseren Hauptatelierraum ziehen. Und das war der Beginn meiner Liebe zu diesen starken, sinnlichen Farben und zur Mode von Yves Saint Laurent.

Die blauen Wände lassen die herrlichen Farben der Pflanzen noch mehr leuchten.

In diesem Frühling, auf einer Pressereise nach Marokko, habe ich endlich Marrakesch und den Jardin Majorelle besucht, wo Yves Saint Laurent seine Farben fand und erfand. «Vor Marrakesch war alles schwarz», meinte er einst. «Diese Stadt lehrte mich Farben.»

Im ehemaligen Atelier von Jacques Majorelle befindet sich heute das Berbermuseum mit der Sammlung von Pierre Bergé.

Der Couturier Yves Saint Laurent (1936–2008) war 30 Jahre alt, als er das erste Mal mit seinem Partner Pierre Bergé (1930–2017) nach Marokko reiste. Er verliebte sich in das Land, in seine Kultur und seine Schönheit. Das Paar hatte verschiedene Zuhause in Marokko, das berühmteste aber war die Villa Oasis neben dem Jardin Majorelle in Marrakesch.

Seit seinem ersten Besuch in Marokko besuchte Yves Saint Laurent den wunderbaren Garten regelmässig. Weitab des betriebsamen Strassenlebens der Stadt bot er ihm Ruhe und Inspiration. 1980 kauften Saint Laurent und Bergé den Jardin Majorelle und retteten ihn damit, denn auf dem Grundstück wäre sonst ein Hotel entstanden.

Die Farben der Architektur und der Natur finden bildschön zusammen.

Erschaffen wurde der Garten vom französischen Maler Jacques Majorelle (1886–1961). Der Sohn des berühmten Jugendstil-Kunsttischlers und Möbeldesigners Louis Majorelle wuchs in Nancy in Künstlerkreisen auf und absolvierte ein Kunststudium in Paris. 1919 reiste er mit seiner Frau nach Marokko. Hypnotisiert von den Farben des Landes, kaufte er sich mit dem Erbe seines Vaters ein Grundstück am Stadtrand von Marrakesch und liess sich dort ein Atelier im Berberstil und eine kubische Villa bauen.

Die kobaltblaue Fassade des heutigen Berber-Museums im Jardin Majorelle.

Bald schon begann Majorelle, dem Garten und den Gebäuden Farben zu geben. Dominant ist ein leuchtendes, magisches Kobaltblau, das er patentieren liess – es ist heute noch als «Bleu Majorelle» bekannt.

Architektur und Töpfe zeigen sich in strahlenden Primärfarben.

Den Garten gestaltete Jacques Majorelle wie ein Bild. Er gruppierte die Pflanzen in einem Spiel von Licht und Schatten und kreierte Wasserbecken und verschlungene Wege. Von seinen Reisen brachte er immer wieder neue botanische Funde heim, wie Bougainvillea, Kokospalmen, Kakteen, Bananenstauden, Seerosen oder Jasmin. Da der Erhalt des Gartens kostspielig war, öffnete ihn Jacques Majorelle bereits 1947 für Besucher. Nach seiner Scheidung 1956 war er gezwungen, sein Anwesen Stück für Stück zu verkaufen, woraufhin der Garten verwilderte.

Brunnen mit marokkanischen Kacheln in zauberhaften Blau-und Grüntönen.

Nachdem Yves Saint Laurent und Pierre Bergé 1980 das Anwesen gekauft hatten, restaurierten sie es mit viel Liebe und Sorgfalt und immer getreu der Vision von Jacques Majorelle. Sie zogen dabei den französischen Interiordesigner Jacques Grange, den amerikanischen Architekten Bill Willis und den amerikanischen Gartendesigner Madison Cox bei.

Marrakesch wird auch die Rosa Stadt genannt – ein wenig davon wurde auch in den Jardin Majorelle eingeflochten.

Yves Saint Laurent und Pierre Bergé bereicherten den vier Hektaren grossen Garten um mehr als doppelt so viele neue Pflanzensorten. Der Gartendesigner Madison Cox restaurierte nicht nur bestehende Pavillons, Teiche, Plattformen und Wege, sondern fügte auch neue hinzu. Ebenso ersetzte er das Gras durch roten Kies, was bedeutend Wasser spart.

Besucher und Besucherinnen können auf einer glänzend roten Strasse durch den paradiesischen Garten schlendern.

Der Jardin Majorelle gehört heute zu den wichtigsten Touristenattraktionen von Marrakesch. Man muss innerlich abschalten können, um die Schönheit des Gartens zwischen den unzähligen Touristen, Instagrammern und Fashion-People aufnehmen zu können. Wenn man will, kriegt man das hin: Ich schaffte es gar, die meisten Fotos ohne Menschenmassen zu machen. Irgendwie hat der Garten mit seiner einzigartigen Schönheit diese Ruhe bewahrt, zumindest für jene, die sich ihm mit Geduld öffnen.

Frau mit gerüschtem Sonnenschutz und geblümtem Kleid im Jardin Majorelle.

Und ein bisschen People-Watching lohnt sich auch. Denn der Jardin Majorelle zieht, dank Yves Saint Laurent, Modemenschen aus aller Welt an. Und die sind natürlich, im Gegensatz zu den vielen sportlichen und abenteuerlustigen Touristen, die ich sonst so auf meiner Marokkoreise gesehen habe, stylish und elegant angezogen.

Schmökern in der Buchhandlung des Jardin Majorelle, die viel warmes Orange zeigt.

Auch ein hübsches kleines Café und Restaurant, eine Buchhandlung und einen Souvenirladen findet man im Paradiesgarten. So kann man also auch wunderbare Bildbände, interessante Kunst-, Mode- und Botanikbücher oder Seidenfoulards, Handtaschen oder ein cooles Love-Poster von Yves Saint Laurent aus Marrakesch mit nach Hause nehmen.

Ziegelsteine und das typische Rosa von Marrakesch bestimmen das Äussere des Musée Yves Saint Laurent.

Kurz bevor Pierre Bergé im November 2017 verstarb, wurde im Oktober 2017 das Musée Yves Saint Laurent gleich neben dem Jardin Majorelle in Marrakesch eröffnet. Es ist neben dem Musée Yves Saint Laurent in Paris das zweite, mit dem Bergé seinen lebenslangen Partner würdigte. Die Architektur wurde dem französischen Studio KO anvertraut. Dieses spielte dabei mit Gegensätzen wie Kurven und geraden Linien, einem raueren, von vielen Ziegelsteinen bestimmten Äusseren, das an Webmuster denken lässt, und einem Inneren, das wie das Futter eines Kleidungsstücks glatt und leuchtend ist.

Wunderschöne Architektur von Studio KO im Musée Yves Saint Laurent in Marrakesch.

So gibt es im Museum auch Orte, die dank den Farben, den Materialien und dem Licht an Wasser denken lassen. Die beiden Saint-Laurent-Museen und der Jardin Majorelle gehören zur Fondation Pierre Bergé – Yves Saint Laurent. Diese wird heute geleitet von Madison Cox, dem Witwer von Pierre Bergé.

Gut zu wissen:

  • Der Jardin Majorelle ist täglich von 8 bis 18.30 Uhr geöffnet.

  • Das Musée Pierre Bergé des Arts Berbères ist täglich von 8.30 bis 18 Uhr geöffnet. Die Tickets sind online buchbar auf www.jardinmajorelle.com

  • Das Musée YSL in Marrakesch ist täglich, ausser mittwochs, von 10 bis 18.30 Uhr geöffnet. Die Tickets sind online erhältlich auf www.museeyslmarrakech.com

  • Adresse: Rue Yves Saint Laurent, 40000 Marrakesch

Yves Saint Laurent revolutionierte die Mode

Das Musée Yves Saint Laurent in Marrakesch: Couturekleider aus geblumten Seidenstoffen.

Die Ausstellung «Fleurs», die noch bis zum 5. Januar 2025 dauert, zeigt Kreationen mit floralen Mustern. Private durften nicht fotografieren, sonst hätte ich Ihnen hier ein Kleid gezeigt, das aus einem Seidenstoff von Abraham kreiert wurde.

Die Reise nach Marokko wurde unterstützt von Edelweiss Air.