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Behinderung der Justiz
In Südkorea formiert sich eine Wand aus rechtem Ungehorsam

SEOUL, SOUTH KOREA - JANUARY 03: Members from the Korean Confederation of Trade Unions (KCTU) participate in a protest against impeached President Yoon Suk Yeol on January 03, 2025 in Seoul, South Korea. A Seoul court issued a warrant to detain impeached President Yoon Suk Yeol over his botched martial law imposition, making him the first sitting South Korean president to face arrest. The state anti-corruption agency suspended its attempt to detain impeached President Yoon Suk Yeol over his failed martial law bid Friday following an hourslong standoff between investigators and presidential security staff. (Photo by Chung Sung-Jun/Getty Images)
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In Kürze:
  • Der suspendierte Präsident Yoon Suk-yeol verweigert sich den Ermittlungen der Korruptionsbehörde.
  • Die Verhaftung scheiterte, da seine Unterstützenden den Zugang zur Residenz blockierten.
  • Rechte Gruppen beschuldigen die Opposition und demonstrieren in Seoul.
  • Yoon sieht sich im Kampf gegen vermeintlich staatsfeindliche Kräfte.

Vom nächsten Versuch, Südkoreas suspendierten Präsidenten Yoon Suk-yeol zu verhaften, blieb am Ende nicht viel mehr übrig als eine resignative Note. «Wir bedauern zutiefst das Verhalten des Verdächtigen, der sich geweigert hat, die gesetzlich festgelegten Verfahren einzuhalten», sagte das nationale Amt für Korruptionsermittlungen (CIO) am Freitag in einer Pressemitteilung.

Davor hatte es ein Ermittlungsteam aus Mitgliedern des CIO, der Polizei und des Verteidigungsministeriums erneut nicht geschafft, den Haftbefehl gegen Yoon zu vollziehen. Ein Seouler Gericht hatte ihn am Dienstag auf CIO-Antrag erlassen, um Yoon nach drei vergeblichen Vorladungen endlich zur Befragung über seine Kriegsrechtserklärung vom 3. Dezember zu bringen.

Tags zuvor hatte sich die Polizei zurückgezogen, weil sich vor der Präsidentenresidenz im Seouler Bezirk Yongsan Tausende Pro-Yoon-Demonstranten eingefunden hatten. Die Polizei wollte einen Tumult vermeiden. Am Freitag blockierten Soldaten, die auf dem Residenzgelände stationiert sind, sowie Kräfte des präsidialen Sicherheitsdienstes und etwa ein Dutzend Fahrzeuge den Weg zur Residenz.

Als die Ermittler den Haftbefehl präsentierten, verweigerte ihnen PSS-Chef Park Chong-jun den Zutritt. Nach mehreren Stunden zog sich das Ermittlungsteam zurück. «Aus Sorge um die Sicherheit des Personals wegen des Widerstands», wie es in der Mitteilung der Korruptionsermittler heisst.

Yoon wähnt sich im Kampf gegen «staatsfeindliche Kräfte»

Wie verfährt man mit einem Machtmenschen, der sich den Behörden widersetzt? Yoons Angriff auf die demokratisch regierte Nation im Parlament begann mit der Kriegsrechtserklärung am 3. Dezember. Alle konnten live im Fernsehen verfolgen, wie Soldaten in jener Nacht das Parlament bedrohten, ehe 190 Abgeordnete die Kriegsrechtserklärung einstimmig abschmetterten. Im Parlament dominiert eine starke Opposition, die Regierungspartei PPP ist dagegen schwach.

Schnell folgten die Ermittlungen der Behörden gegen Präsident Yoon wegen des Verdachts des Aufstands und des Machtmissbrauchs. Mit etwas Verzögerung wurde er per Zweidrittelmehrheit im Parlament als Präsident suspendiert. Über die endgültige Amtsenthebung entscheidet das Verfassungsgericht.

Aber jetzt, da das Strafrechtsverfahren seinen Lauf nehmen soll, stellt sich heraus, dass der frühere Staatsanwalt Yoon auch den Rechtsstaat unterwandern will.

Yoons Fans beschuldigen die Opposition

Anders ist kaum zu erklären, dass Yoon sich den Ermittlungen verweigert. Seine Anwälte haben den Haftbefehl für illegal erklärt und Flugblätter verteilt, auf denen Yoon seinen rechten Anhängern mitteilt, er werde «bis zum Ende kämpfen, um dieses Land zu schützen».

Seine Fans glauben fest daran, dass nicht Yoon Südkoreas Demokratie und Ordnung gefährdet, sondern die Opposition. Diese wird angeführt von der liberalen Demokratischen Partei (DP), die bei der jüngsten Parlamentswahl im April 2024 grosse Gewinne gegen Yoons konservative PPP verzeichnet hat.

Yoon wähnt sich im Kampf gegen «staatsfeindliche Kräfte». Seine Anwälte unterstützen ihn dabei – entweder weil sie Yoon glauben oder von ihm bezahlt werden. Im politisch tief gespaltenen Südkorea hat ein Verschwörungstheoretiker wie Yoon ausserdem genügend Anhänger, um Tausende Demonstranten zusammenzubringen.

(FILES) South Korea's President Yoon Suk Yeol speaks during a ceremony marking the 104th anniversary of the March 1st Independence Movement Day against Japanese colonial rule, in Seoul on March 1, 2023. A South Korean court has issued an arrest warrant for impeached, suspended President Yoon Suk Yeol, investigators said on December 31, 2024, over his short-lived bid to impose martial law on the country. (Photo by JUNG YEON-JE / POOL / AFP)

Gegen diese Wand aus rechtem Ungehorsam haben es Südkoreas Behörden schwer. Sie wollen Aufstände vermeiden, Schuldfragen mit der Kraft der Gesetze klären und die Krise nach den ordentlichen Verfahren des Rechtsstaats aufarbeiten. Aber was tun, wenn ein Anführer sich dem Rechtsstaat verweigert und dadurch eine Menge anstachelt, die sich mit einem solchen vermeintlich starken Mann identifizieren kann?

Rechte Kreise sind animiert

Ein Vertreter des Ermittlungsteams erklärte am Freitag nach der gescheiterten Verhaftung, dass dem Chef des präsidialen Sicherheitsdienstes und seinem Stellvertreter eine Anzeige wegen Behinderung der Justiz drohe. Aber wer weiss, ob die beiden einer Einladung des Gerichts folgen würden – oder doch eher dem Beispiel des suspendierten Präsidenten, der sich anscheinend in der Residenz verschanzt hat.

Gemütlich ist die Lage im Tigerstaat jedenfalls nicht. Yoons Suspendierung, seine Botschaften und zuletzt der Haftbefehl scheinen Südkoreas rechte Kreise animiert zu haben. Schon vorher demonstrierten sie regelmässig in Seouls Innenstadt. Sie schwenken amerikanische und südkoreanische Fahnen und schwelgen in einseitigen Fantasien. Jetzt sind die Strassen vor der Präsidentenresidenz ihr Einsatzgebiet.

Wie die «Korea Times» berichtete, besetzten rechte Demonstranten schon am Freitagmorgen einige Hundert Meter der vierspurigen Strasse vor der Residenz. Parolen wie «Schützt Yoon Suk-yeol!» oder «Annulliert die Amtsenthebung» waren zu hören. 11’000 Yoon-Anhänger sollen zusammengekommen sein. 2700 Polizisten waren da, um Ausschreitungen zu verhindern.