Politische Krise in SüdkoreaMilitäreinheit hindert Ermittler an Verhaftung von Yoon
Ermittler der Antikorruptionsbehörde haben am Freitag den Versuch aufgegeben, den abgesetzten Präsidenten Yoon Suk-yeol festzunehmen.
Nach der Ankunft von Ermittlern in der Residenz von Südkoreas suspendiertem Staatschef Yoon Suk-yeol sind diese laut einem Agenturbericht von einer Armeeeinheit an der Vollstreckung des Haftbefehls gegen Yoon gehindert worden. Die Ermittler der südkoreanischen Antikorruptionsbehörde seien am Freitag im Inneren der Residenz in Seoul «von einer Militäreinheit blockiert» worden, berichtete die südkoreanische Nachrichtenagentur Yonhap.
Die Ermittler haben daraufhin den Versuch aufgegeben, Yoon festzunehmen. Die Antikorruptionsbehörde des Landes teilte mit, sie habe ihre Beamten aus Sicherheitsgründen zurückgezogen.
Yoons Anwalt Yoon Kap-keun kritisierte das Vorgehen der Ermittler als rechtswidrig. «Die Vollstreckung eines Haftbefehls, der illegal und ungültig ist, ist in der Tat nicht rechtmässig», erklärte der Jurist. Er kündigte «juristische Schritte» gegen die Vollstreckung des Haftbefehls an.
Yoon widersetzt sich seit Wochen den Versuchen der Ermittler, ihn zu befragen. Zuletzt verliess er seine Residenz am 12. Dezember, um in einer TV-Ansprache anzukündigen, dass er gegen die Versuche zu seiner Absetzung kämpfen werde. Damit beeinträchtigte er die Ermittlungen dazu, ob seine Einführung des Kriegsrechts vom 3. Dezember einer Rebellion gleichkommt. Die Antikorruptionsbehörde hatte am Dienstag von einem Gericht in Seoul eine Woche Zeit bekommen, um Yoon festzunehmen. Dessen Anwälte argumentieren, der Haftbefehl sei ungültig. Die Behörde habe nicht die Befugnis, wegen Rebellionsvorwürfen zu ermitteln.
Ermittler betreten Residenz
Der Haftbefehl gegen Yoon war am Dienstag im Zusammenhang mit den Ermittlungen wegen seiner kurzzeitigen Ausrufung des Kriegsrechts erlassen worden, nachdem der Politiker wiederholt eine Befragung verweigert hatte. Am Freitag schliesslich sahen Reporter der Nachrichtenagentur AFP, wie Ermittler der Antikorruptionsbehörde die Sicherheitsabsperrungen rund um die Präsidenten-Residenz in Seoul passieren konnten. Auch Polizisten betraten das Gebäude.
«Die Vollstreckung des Haftbefehls gegen Präsident Yoon Suk-yeol hat begonnen», erklärte die Antikorruptionsbehörde daraufhin. Der Haftbefehl ist bis kommenden Montag befristet. Gegen Yoon ermitteln die Staatsanwaltschaft sowie ein gemeinsames Team aus Polizei, Verteidigungsministerium und Antikorruptionsbehörde. Dieses soll die Umstände der umstrittenen Ausrufung des Kriegsrechts prüfen.
Tausende Polizisten vor Residenz
Tausende Polizisten versammelten sich am Freitag vor Yoons Residenz und bildeten einem Kreis um eine wachsende Gruppe von Unterstützern des abgesetzten Präsidenten, die stundenlang den eisigen Temperaturen trotzten. Sie schwenkten südkoreanische und amerikanische Flaggen und riefen, sie würden Yoon schützen. Es gab keine unmittelbaren Berichte über grössere Zusammenstösse vor der Residenz.
Yoon hatte angesichts eines Haushaltsstreits am 3. Dezember überraschend von der Verhängung des Kriegsrechts Gebrauch gemacht und damit das In- und Ausland aufgeschreckt. Das von der Opposition dominierte Parlament nutzte jedoch in einer dramatischen Sitzung sein Vetorecht, woraufhin Yoon das Kriegsrecht nach wenigen Stunden wieder aufhob.
Am 14. Dezember stimmte das Parlament für die Absetzung des Präsidenten, der seitdem von seinem Amt suspendiert ist. Über eine endgültige Amtsenthebung entscheidet letztendlich das Verfassungsgericht.
Die kurzzeitige Ausrufung des Kriegsrechts hatte Südkorea in die schwerste politische Krise seit Jahrzehnten gestürzt. Die Spannungen verschärften sich vergangene Woche weiter, als das Parlament dafür stimmte, auch Yoons Nachfolger, Interimspräsident Han Duck-soo, des Amtes zu entheben.
Die Opposition hatte die Abstimmung mit der Begründung beantragt, dass Han sich geweigert habe, das Amtsenthebungsverfahren von Yoon abzuschliessen. An Hans stelle rückte Finanzminister Choi Sang-mok.
DPA/AFP/chk/oli
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