Neues E-BikeEr erfand den Stromer – jetzt konkurrenziert er seine Ex-Firma
Thomas Binggeli lanciert mit dem Twinner ein neues Elektrovelo. Damit wird er ausgerechnet ein Mitbewerber seines früheren Unternehmens, das er für gutes Geld verkauft hat.
Elektrofahrrad-Pionier Thomas «Thömu» Binggeli sorgt einmal mehr für Aufmerksamkeit. Am Dienstagabend präsentierte der Gründer der E-Bike-Marke Stromer in Niederscherli bei Bern sein neues Produkt: den Twinner. Dieses Fahrrad mit Elektromotor und Tretunterstützung bis zu 45 Stundenkilometern ist aus Carbon gebaut, was bei einem hohen Tempo eine bessere Dämpfung und grössere Stabilität garantieren soll als bei anderen Materialien. Antiblockiersystem-Bremsen sorgen für Sicherheit.
Eine Neuheit ist die Möglichkeit, per App auf dem Smartphone den Ladestand des Akkus anzupassen und unter 100 Prozent einzustellen. Das erlaubt es, die Lebensdauer der Batterie zu verlängern. Denn mit der Zeit lässt die Leistung des Akkus durch vollständiges Aufladen schneller nach. Zudem lassen sich via App eine Diebstahlsicherung aktivieren sowie eine Heckkamera oder heizbare Griffe steuern.
Warme Finger auf dem Velo im Winter – Komfort steht beim Mobilitätskonzept von Twinner im Vordergrund. Das neue Zweirad soll die Hürden fürs Pendeln von Tür zu Tür senken und so den Umstieg vom Auto aufs abgasfreie Fahrrad erleichtern.
Verkaufspreis zunächst bei 9750 Franken
Binggeli lanciert sein neues E-Bike in zwei Varianten: Das zurzeit verfügbare Modell kostet 9750 Franken. Im Frühling oder Sommer des nächsten Jahres soll ein zweites Modell zu einem tieferen Preis auf den Markt kommen.
Das neue Vorhaben von Binggeli lässt aufhorchen: Mit dem Twinner tritt der Berner ausgerechnet mit dem Stromer in Konkurrenz – also jener Marke, mit der sich der heute 49-Jährige einen Namen gemacht hat. Binggeli hatte 2011 mit dem Stromer das weltweit erste Elektrovelo lanciert, dessen Akku im Unterrohr eingebaut war. Zehn Jahre später verkaufte er sein Unternehmen Mystromer mit Sitz im bernischen Oberwangen zu einem ungenannten Preis an die französische Investmentfirma Naxicap.
Aus unternehmerischer Sicht hat Binggeli mit viel Geschick seine ehemalige Firma zu einem guten Preis verkauft – und mit dem Wissen, das er aus der Gründung des Stromers erlangte, in schneller Geschwindigkeit ein ähnliches Elektrovelo konzipiert.
Beispielsweise setzt der Twinner wie der Stromer stark auf die Schnittstelle zwischen Fahrrad und Smartphone. Der Stromer lässt sich bereits seit 2014 mit dem Smartphone verbinden. Ausserdem sind die Fahrräder der älteren Marke ebenfalls mit einem elektronischen Diebstahlschutz ausgestattet. Der Markteintritt des neuen Konkurrenten setzt somit Mystromer unter Druck.
Als nicht börsenkotiertes Unternehmen macht der Stromer-Hersteller lediglich ausgewählte Angaben zu seinen Marktanteilen. Demnach ist Mystromer in den Niederlanden und Belgien Marktführer mit knapp 50 Prozent beziehungsweise 37 Prozent. Im abgelaufenen Geschäftsjahr konnte Mystromer den weltweiten Absatz gegenüber 2021 um 17 Prozent steigern.
Binggeli bestreitet, zum Nachteil seiner ehemaligen Firma zu handeln. Der Markt für Elektrovelos wachse und sei gross genug für mehrere Anbieter. «Ausserdem belebt Konkurrenz das Geschäft», so Binggeli.
Konkurrent Mystromer sieht die neue Ausgangslage betont gelassen. Hochgeschwindigkeit-Elektrovelos seien noch ein Nischenprodukt. «Wir begrüssen daher jede weitere Marke, die dieser Kategorie zu mehr Bekanntheit verhilft und den Markt belebt», sagt Tomi Viiala, Co-Chef von Mystromer. Er weist darauf hin, dass Binggeli über seine Hauptfirma Thömus AG ein offizieller Händler für den Stromer ist. Bis zum Verkauf nach Frankreich wurde Mystromer unabhängig von Thömus geführt.
Binggeli gründete Thömus bereits 1991 und entwickelte die Firma vom Velohändler zu einem Fahrradhersteller mit der gleichnamigen Marke weiter. Bei der neuen Marke Twinner spielt Thömus eine tragende Rolle.
Swatch-Miterfinder ist Investor
Thömus hält zusammen mit dem Investor Ernst Thomke einen wesentlichen Anteil an Twinner. Thomke wurde bekannt als Miterfinder der Uhrenmarke Swatch Anfang der 1980er-Jahre. Genaue Angaben zum Beteiligungsverhältnis macht Binggeli indes keine. Nur so viel verrät er: «Ernst Thomke und ich sind gleichberechtigte Partner.»
Allerdings ermöglicht Twinner dem breiten Publikum, sich an der Marke zu beteiligen. 100 Personen erhalten die Gelegenheit, je 50’000 Franken zu investieren. Im Gegenzug gibt es ein Aktienpaket im Wert von 30’000 Franken sowie ein limitiertes und nummeriertes Twinner-Elektrovelo.
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