Kommentar zur ParalleljustizStoppt diese unkontrollierte Sonderstaatsanwaltschaft!
Niemand darf wissen, was Dutzende ausserordentliche Staatsanwälte in der Schweiz genau tun. Niemand kontrolliert sie. Das muss sich dringend ändern.
Nirgends kann der Rechtsstaat so stark in das Leben der Menschen eingreifen wie mit dem Strafrecht. Er kann unsere Wohnungen und Arbeitsplätze durchsuchen, unsere Computer, Handys, Familienfotos oder Tagebücher beschlagnahmen, er kann uns einsperren. In der Schweiz dürfen dies 26 kantonale Staatsanwaltschaften sowie die Bundesanwaltschaft.
Doch nun ist – von der Öffentlichkeit unbemerkt – so etwas wie eine 28. Staatsanwaltschaft entstanden. Rund vierzig Sonderermittler hat die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) in den vergangenen fünf Jahren eingesetzt. Zum Teil bearbeiten die ausserordentlichen Staatsanwälte des Bundes Strafanzeigen von Querulanten, zum Teil aber auch staatspolitisch delikate Fälle.
«Jahrelange gesetzwidrige Praxis»
Vieles deutet darauf hin, dass die Einsetzung der Sonderermittler nicht immer korrekt erfolgte. Strafrechtsprofessor Marcel Niggli spricht von einer «jahrelangen gesetzwidrigen Praxis».
Wer die Angehörigen dieser 28. Staatsanwaltschaft sind, was sie getan haben und was sie tun, soll niemand erfahren. Die AB-BA verweigert Auskünfte zu Namen der Sonderermittler, zu beigezogenen Hilfspersonen und PR-Beratern, zu Aufgabengebieten, zu den Kosten.
Hinzu kommt, dass die Eingesetzten unkontrolliert agieren. Ihnen steht keine Oberstaatsanwaltschaft vor. Dies hat fatale Folgen. Die prominentesten Sonderermittler-Fälle liefen völlig aus dem Ruder: jener um die Geheimtreffen zwischen der Spitze der Fifa und der Bundesanwaltschaft und jener um mutmassliche Amtsgeheimnisverletzung bei der Geheimdienstaffäre Crypto AG.
Mitschuldig an der Misere ist die Bundesanwaltschaft. Sie schob in heiklen Fällen eine Zeit lang die Verantwortung an ihre Aufsicht AB-BA ab. Die Aufsicht schickte dann Sonderermittler los, die zum Teil ihrer Aufgabe nicht gewachsen waren. Das Parlament schritt, soweit bekannt, nicht ein. Nun müssen die Genannten dafür sorgen, dass die unkontrollierte 28. Staatsanwaltschaft gestoppt wird.
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