Spionageskandal um Zuger FirmaBundesanwalt stellt Verfahren zu Crypto-Affäre ein
Sonderermittler Peter Marti wollte herausfinden, warum es zu Indiskretionen aus einem Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der Räte kam. Nun lässt der Zürcher die Strafuntersuchung fallen.
Die Strafuntersuchung zur Crypto-Affäre wurde eingestellt. Beim Verfahren ging es um Indiskretionen aus einem Bericht der Geschäftsprüfungsdelegation der eidgenössischen Räte (GPDel). Peter Marti, der ausserordentliche Staatsanwalt des Bundes, gab die Einstellung der Strafuntersuchung in einer Mitteilung am Donnerstagabend bekannt. Die Einstellungsverfügung ist noch nicht rechtskräftig.
Anfangsverdacht nicht erhärtet
Die Strafuntersuchung betraf Amtsgeheimnisverletzung und Anstiftung zur Verletzung des Amtsgeheimnisses. Unter den Beschuldigten waren Markus Seiler, Generalsekretär des Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA), und Peter Lauener, der frühere Kommunikationschef des Departements des Innern (EDI).
Der begründete Anfangsverdacht, dass Seiler und Lauener sowie ein weiterer Beschuldigter aus dem EDA und ein Tamedia-Journalist Informationen aus dem vertraulich klassifizierten Berichtsentwurf der GPDel an Medien weitergegeben hätten, habe sich trotz umfangreicher Ermittlungen nicht erhärten lassen, schrieb der Winterthurer Marti. Medienanfragen zu dem Fall wollte er nicht beantworten.
Aufgeflogen war die sogenannte Crypto-Affäre im Februar 2020: Es wurde bekannt, dass der US-Geheimdienst CIA und der deutsche Bundesnachrichtendienst BND jahrelang über manipulierte Verschlüsselungsgeräte der Zuger Firma Crypto AG mithörten und über 130 Staaten ausspionierten.
Anzeige der GPK
Bei der Aufarbeitung der Affäre gelangten Informationen aus dem vertraulich klassifizierten Entwurf des Inspektionsberichts an einzelne Medien. Die Geschäftsprüfungskommissionen der eidgenössischen Räte (GPK) erstatteten deshalb bei der Bundesanwaltschaft Strafanzeige gegen unbekannt.
Im Januar 2021 setzte die Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft (AB-BA) Marti als ausserordentlichen Staatsanwalt ein. Er sollte die mutmasslichen Amtsgeheimnisverletzungen prüfen.
Bei seinen Untersuchungen stiess Marti dann aber auf noch weitere Informationslecks, insbesondere im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Im Visier war erneut Lauener, damals noch Kommunikationschef von Gesundheitsminister Alain Berset. Im Zuge der Ermittlungen verliess Lauener das EDI.
Weitere Untersuchungen
Marti war vor der Ausdehnung seiner Ermittlungen von der AB-BA autorisiert worden, die Corona-Affäre zu untersuchen und sein Mandat für die Crypto-Ermittlungen auszuweiten. Nach Auffassung von Rechtsexperten ist dies aber in dieser Konstellation nicht zulässig. Untersuchungen des weiteren ausserordentlichen Staatsanwalt Stephan Zimmerli dazu sind noch im Gang.
Seit Anfang 2023 befasst sich die Justiz zudem mit Indiskretionen im Zusammenhang mit dem Verfahren gegen Lauener. Es geht um die Frage, wie Mails und Einvernahmeprotokolle aus dem Verfahren an Medien gelangen konnten. Die AB-BA sucht derzeit einen ausserordentlichen Staatsanwalt oder eine ausserordentliche Staatsanwältin, der oder die die neuerlichen Indiskretionen untersucht.
SDA/fal
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