Jagdmethode entschlüsseltUm ein Mammut zu erlegen, harrten Steinzeitjäger aus, bis es direkt auf sie zurannte
Die gemeinsame Grosswildjagd gilt als Beweis für die Schlauheit prähistorischer Menschen. Jetzt zeigt sich: Sie waren noch geschickter und mutiger als angenommen.
Sie gilt als wichtige Leistung unserer Vorfahren, als Beweis, dass der Homo sapiens ein intelligentes, soziales Wesen ist: die Jagd auf Tiere, die den Menschen um ein Vielfaches an Grösse und Stärke überragen. Es ist für uns heute unvorstellbar, dass man ein Mammut mit steinzeitlichen Waffen erlegen kann. Und doch taten unsere Vorfahren genau das. Weil sie schlau waren, in Gruppen zusammenarbeiteten und die Riesentiere gemeinsam in die Enge trieben.
Eine neue Studie zeigt nun: Die prähistorischen Jäger und Jägerinnen waren noch geschickter und wagemutiger, als wir bisher vermutet haben. Mit den Methoden der experimentellen Archäologie haben Forscher der kalifornischen Berkeley-Universität herausgefunden, dass die Steinzeitmenschen vermutlich andere Jagdstrategien verfolgten, als man bisher angenommen hatte. Es waren dies Methoden, die effizienter sind, als einen Speer mit Muskelkraft nach einem Koloss zu werfen. Auch mit den stärksten Armen kommt man damit nur auf eine gewisse Beschleunigung. Doch diese neu entdeckten Jagdstrategien erforderten viel Kaltblütigkeit.
Steinzeitmenschen jagten mit Holzspeeren mit Steinspitzen
Als Jagdinstrumente dienten den Menschen damals hölzerne Speere mit scharfen Spitzen aus Feuerstein. Und die, so zeigten die Experimente, entfalten viel mehr tödliche Kraft, wenn sie in den Boden gerammt sind und das Tier in Rage auf sie zu rennt und sich selbst darauf aufspiesst. Der Schwung der angreifenden Tiere erhöht die Wirksamkeit der Waffe deutlich.
Doch wie schafften die steinzeitlichen Menschen dieses Kunststück? Die Forscher stützen sich in ihren Ergebnissen einerseits auf archäologische Funde aus dem steinzeitlichen Nordamerika, wo man Mammutreste mit Steinspitzen gefunden hat. Andererseits nutzte das Team auch ethnografische Berichte zu Jäger-Sammler-Kulturen aus späteren Epochen sowie historische Darstellungen aus der Antike, dem Mittelalter und der frühen Neuzeit. Die Beutetiere waren in diesen Fällen Bären, Löwen oder Wildschweine.
Jagdmethode war schlau – aber gefährlich
Damit sich die Tiere selbst aufspiessen, mussten die Jäger sie wütend machen oder in eine Richtung treiben. Einer oder mehrere Jäger hatten dann die schwierigste Aufgabe in dem gemeinsamen Unternehmen. Sie warteten mit Spiessen, die mit der Spitze nach oben zeigten.
Im entscheidenden Moment rammten sie das stumpfe Ende des Speers oder des Spiesses tief in den Boden, sodass die Waffe ungefähr in einem 45-Grad-Winkel stand. Das konnten sie jedoch – und das war der heikelste Teil dieser Jagdmethode – erst im letzten Moment tun, kurz bevor das aufgebrachte Tier sie erreicht hatte. Und selbst wenn sie die Waffe schon zuvor in den Boden rammten, mussten sie ausharren, um das wütende Beutetier an die richtige Stelle zu locken.
Das Ziel war, dass das zu erbeutende Tier mit voller Geschwindigkeit in die in den Boden gerammte Waffe lief. Erwischte der Jäger jedoch den falschen Moment, griff das Tier ihn direkt an.
Mammut war 4 Meter gross und wog 12 Tonnen
Untersucht haben die Forscher die Jagdmethoden der Clovis-Kultur. Diese prähistorische Kultur war vor rund 11’000 Jahren weitverbreitet auf dem nordamerikanischen Kontinent. Die Menschen lebten als Jäger und Sammler, was zur gleichen Zeit auf dem Gebiet der heutigen Schweiz, im sogenannten Mesolithikum, ebenso der Fall war. Dabei hatten sie es mit sehr grossen Beutetieren zu tun. Das Präriemammut beispielsweise hatte eine Schulterhöhe von 4 Metern und wog rund 12 Tonnen.
Um ihre These zu überprüfen, führten die Forscher mehrere Experimente durch. Sie testeten, wie stabil die hölzernen Waffen waren und was geschah, wenn der Spiess oder der Speer unter dem Gewicht des Tieres brach. Dabei zeigte sich: Brach der Speer, nachdem die Spitze in den Körper des Jagdtieres eingedrungen war, erhöhte das die Wirksamkeit der Waffe sogar noch.
In ihrer Studie zeigen die Forscher verschiedene Darstellungen auch von antiken Schlachten: beispielsweise ein Mosaik aus einem Haus in Pompeji, der römischen Stadt, die im ersten Jahrhundert nach einem Vulkanausbruch verschüttet wurde. Auf diesem Mosaik sieht man eine Szene aus einer Schlacht von Alexander dem Grossen aus dem vierten vorchristlichen Jahrhundert. Dabei versuchen die Griechen die Pferde der angreifenden Gegner mit der gleichen Methode aufzuhalten.
Fehler gefunden?Jetzt melden.