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Standard-Suchmaschine
Monopolklage gegen Google kommt reichlich spät

epa10857588 Chief Economist at Google Hal Varian enters a vehicle after leaving outside the E. Barrett Prettyman United States Courthouse at the end of the first day of the Google antitrust case in Washington, DC, USA, 12 September 2023. The Justice Department has begun an antitrust case against Google in DC's federal court. The Justice Department has argued that Google holds an internet-search monopoly and has used illegal means to protect it.  EPA/MICHAEL REYNOLDS
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«Im Interesse der amerikanischen Konsumentinnen und Konsumenten, der Werbetreibenden und aller Unternehmen, die auf das Internet angewiesen sind, ist es an der Zeit, das monopolistische Verhalten von Google zu beenden und den Wettbewerb wiederherzustellen»: Das US-Justizministerium steigt mit hohen Ansprüchen in den ersten Prozess gegen einen der Monopolisten des Internets ein. Die Beweislage indessen ist ungleich heikler als beim letzten Verfahren vor 25 Jahren gegen Microsoft. Zudem beruft sich die Klage auf Marktbedingungen, die wegen des aktuellen Kampfs um die künstliche Intelligenz bereits überholt sind.

Der Prozess ist auch ein Eingeständnis, dass die amerikanische Politik bei der Überwachung und Regelung der Internetriesen völlig versagt hat. Zwar hat der Kongress die Chefs von Google, Meta, Apple und Microsoft in den letzten Jahren mehrmals zu hochnotpeinlichen Verhören nach Washington gerufen und gewichtige Dokumente über deren Machtmissbrauch produziert. Doch die geballte Lobbymacht der Konzerne war stärker als das zerstrittene Parlament.

epa10857526 President of global affairs and chief legal officer at Google Kent Walker (L) gets in a vehicle after leaving beside activist Ian Madrigal (R) of Baltimore, who is dressed as the Monopoly man, outside the E. Barrett Prettyman United States Courthouse at the end of the first day of the Google antitrust case in Washington, DC, USA, 12 September 2023. The Justice Department has begun an antitrust case against Google in DC's federal court. The Justice Department has argued that Google holds an internet-search monopoly and has used illegal means to protect it.  EPA/MICHAEL REYNOLDS

Die USA verfügen bis heute über kein verbindliches Datenschutzgesetz oder ein griffiges Wettbewerbsrecht für die Hightechindustrie. Auf der einen Seite treibt das Justizministerium Klagen gegen Google und Apple voran, auf der anderen Seite versucht das Handelsministerium mit anderen Mitteln, die Macht von Amazon und Meta zu bändigen. Die Verfahren werden noch Jahre dauern, da die betroffenen Konzerne jeden Entscheid anfechten und verzögern können. Was die Urteile dann noch bringen, ist fraglich.

Trotzdem bleibt der Regierung nur der Weg durch die Gerichte. Nach drei Jahren Vorbereitung machte gestern das Justizministerium im Fall «USA gegen Google» den Anfang.

10 Milliarden Dollar für Sicherung des Monopols

Das Verfahren dreht sich um die Zahlungen von Google an Unternehmen wie Apple, Samsung und Verizon dafür, dass diese die Google-Suchmaschine in ihren Geräten vorinstallieren. Weltweit werden 91 Prozent aller Suchanfragen über Google abgewickelt. Für diese einmalige Marktmacht zahlt Google gemäss der Klage jährlich über zehn Milliarden Dollar an andere Anbieter.

Diese Zahlungen hätten allerdings nichts mit einem Monopol zu tun, macht Google geltend. Entscheidend für die Vormacht sei die Konkurrenz selbst, da sie den Anschluss verschlafen und zu wenig in die Weiterentwicklung eigener Suchmaschinen investiert habe. Der Vorwurf ist an Microsoft, Mozilla und Apple gerichtet. Wer wechseln wollte, sagte ein Google-Anwalt gestern, können dies jederzeit tun – mit «buchstäblich nur vier Klicks».

Das Google Hauptgebäude in Zürich.

(Tamedia AG/Thomas Egli, 5. Januar 2016)

Apple hatte Google 2002 erstmals als Standard-Suchmaschine installiert, zunächst ohne Zahlungen. Besorgt um den Verlust seiner Führung, schlug Google dann 2005 vor, Apple zu bezahlen, und drohte gemäss Anklage, die Zahlungen zu stornieren, sollten andere Unternehmen ähnlichen Zugang erhalten. Auch wurden Apple und Samsung davon abgehalten, eigene Suchfunktionen auszuweiten oder zusammen mit Konkurrenten neue Maschinen zu entwickeln. «So geht ein Monopolist vor, der sich um jeden Preis behaupten will», formuliert es die US-Justiz.

Google profitierte von Microsoft-Klage

Das Verfahren folgt weitgehend der Monopolklage gegen Microsoft vor 25 Jahren. Doch die Bedingungen haben sich fundamental verändert: Microsoft unter Führung von Bill Gates war alleiniger Monopolist auf weiter Flur. Der Konzern dominierte mit dem Windows-Betriebssystem die gesamte Infrastruktur des noch jungen Internets. 90 Prozent aller Computer liefen auf dem Windows-System, und Microsoft kontrollierte damit sowohl die Software wie die Dienstleistungen der PCs.

«Alle haben wegen Microsoft die Paranoia», fasste Medienzar Rupert Murdoch damals die Stimmung zusammen. Microsoft verlor den Fall und erlitt einen schweren Rückschlag, der erst Jahre später überwunden war. Einer der Profiteure der neuen Marktordnung war Google, der nun 25 Jahre später selbst unter Druck geraten ist.

Der Wettbewerb im Kampf um die künstliche Intelligenz spitzt sich zu.

Die Ausgangslage heute ist völlig anders. Mindestens ein halbes Dutzend Techkonzerne streiten sich um die Dominanz im Internet. Zwar beherrscht Google die Suchfunktionen, doch Meta kontrolliert den grössten Teil der sozialen Medien, und Amazon und Microsoft teilen sich den Cloud-Markt auf. Zugleich spitzt sich der Wettbewerb im Kampf um die künstliche Intelligenz zu, ohne dass Gewinner und Verlierer bereits klar wären.

Auf diesen unablässigen Kampf der Rivalen beruft sich Google in erster Linie. Die Innovation sei nicht behindert worden, und die Nutzer hätten mehr Auswahl denn je. Von einem Missbrauch könne keine Rede sein.

Chat-GPT ist für Google weit bedrohlicher

Der Prozess gegen Google gleiche dem Versuch, das Scheunentor zu schliessen, nachdem die Pferde bereits entwichen seien, sagt Kara Swisher, eine der besten Kennerinnen der Techindustrie. Sie verweist darauf, dass die Kartellwächter Anfang 2013 ihre ersten Ermittlungen gegen Google abbrachen, da das Unternehmen freiwillig einige kleinere Änderungen an der Suchmaschine vornahm. Und dies trotz eines knallharten Berichts, der zwei Jahre später bekannt wurde und Google exakt die gleichen Missbräuche vorwarf, die heute Gegenstand des Prozesses sind.

Die Klage kommt zu einer Zeit, in der künstliche Intelligenz und neue Formen der Suche, zum Beispiel mit Chat-GPT, eine weit grössere Bedrohung für Google sind. Das Verfahren dürfte 2024 abgeschlossen werden. Die Regierung will im Fall eines Sieges «strukturelle Erleichterungen» durchsetzen, was bis zur Zerschlagung des Unternehmens gehen könnte. Wahrscheinlicher sind aber härtere Auflagen für den Betrieb der Suchmaschine, die bis dahin aber kaum mehr dem heutigen Modell gleichen dürfte.