Gefährlicher PsychoterrorStalking ist kein Kavaliersdelikt
Die Top-Tennisspielerin Emma Raducanu brach auf dem Court wegen eines Stalkers in Tränen aus. Der Vorfall zeigt drastisch, was Stalking auslösen kann.

- Emma Raducanu erlebte ein verstörendes Stalking-Ereignis bei einem Turnier in Dubai.
- Ein Mann zeigte «fixiertes Verhalten» und wurde von Sicherheitskräften entfernt.
- Stalking kann extreme psychische Belastung und Sicherheitsbedrohung verursachen.
- Die Schweiz arbeitet an einem Anti-Stalking-Gesetz.
Nein, es ist kein Kavaliersdelikt und auch keine kleine Unannehmlichkeit, die man – oder typischerweise frau – nun mal aushalten muss wie einen Mückenschwarm abends am See. Auch wenn es oft ganz harmlos beginnt, etwa mit einer schwärmerischen SMS oder einem Blumengruss. Stalker können einem das Leben zur Hölle machen. Am Dienstag hat nun die gesamte Weltöffentlichkeit live zusehen können, was Stalking seinen Opfern antun kann.
Die – weiss Gott öffentlichkeitsgeübte – Profi-Tennisspielerin Emma Raducanu aus London, in der Weltrangliste auf Platz 61, trat an der Damen-Championship in Dubai an. Und kam völlig aus dem Konzept, als sie im Publikum einen Mann entdeckte, der ihr schon tags zuvor ungebeten nahe gekommen war und einen Brief überreicht hatte. Die 22-Jährige unterbrach das Spiel, ging zur Schiedsrichterin hinüber, war sichtlich aufgewühlt und schien sich hinter dem Hochstuhl der Schiedsrichterin gar zu verstecken. Kurz darauf sah man, wie Emma Raducanu sich mit einem Tuch die vielen Tränen vom Gesicht wischte, bevor sie weiterspielte.
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Der Mann habe «fixiertes Verhalten» an den Tag gelegt, gab die WTA, die Women’s Tennis Association, in der Folge bekannt. Sicherheitskräfte entfernten ihn dann sofort aus dem Publikum, jetzt ist er für sämtliche WTA-Spiele gesperrt, zumindest bis ein «Gefährdungsassessment» vorliegt.
Raducanu bedankte sich auf Instagram für die Solidaritätsbekundungen und versicherte sich selbst und ihren Fans, sie werde okay sein. Sie sei stolz darauf, trotz allem weitergespielt zu haben. Bereits 2022 war die britische Tennisgrösse von einem (anderen) Stalker verfolgt worden, der am Ende als Souvenir einen Schuh ihres Vaters stahl, und sie entwickelte damals eine Angststörung. Diesmal will Raducanu sich nicht unterkriegen lassen. Der Mann erhielt ein fünfjähriges Kontaktverbot.

Für Jens Hoffmann, Experte für Stalking und Gründer eines Instituts für Bedrohungsmanagement, sind Stalker «sehr effiziente Realitätsverzerrer». Sie seien «Identitätsvampire» mit Persönlichkeitsstörungen, die ihre Grenzüberschreitungen meist gar nicht als solche wahrnehmen würden. Hoffmann bezeichnet Stalking in der «Süddeutschen Zeitung» als ein Gewaltverbrechen. Der Psychoterror zermürbe die Opfer an Leib und Seele, während die Täter immer besessener würden. Sie gierten nach Aufmerksamkeit, und die Verehrung wandle sich bei vermeintlichen Kränkungen rasch in Hass.
Hoffmann, der empfiehlt, Stalker konsequent zu ignorieren und die Polizei zu involvieren, hat bereits eine Menge prominenter und auch weniger prominenter Opfer beraten. Meistens sind es Frauen; die Täter sind dagegen zu 80 Prozent Männer, mehrheitlich ledig, oft arbeitslos, zwischen 30 und 40 Jahren. Rund die Hälfte aller Stalker seien Ex-Partner. Zudem fördern Geschlechterstereotype laut Experten die irrige Vorstellung, dass Männer hartnäckig um eine Frau «kämpfen» müssen, selbst wenn diese kein Interesse (mehr) zeigt.
Das Gesetz wird aufgerüstet
Nachstellen, Auflauern, Telefonterror, überhaupt übergriffiges Verhalten bis hin zur Gewalttat schränken das Leben der Opfer extrem ein und verursachen einen hohen Leidensdruck. In der Schweiz arbeitet man daher derzeit daran, Stalking zum justiziablen Straftatbestand zu machen. Es hatte 2024 zwar aus den Reihen der SVP auch einen Antrag dagegen gegeben, dieser war aber erfolglos geblieben. In Deutschland und Österreich gibt es Stalking als Straftatbestand seit den Nullerjahren.
Fehler gefunden?Jetzt melden.