Umfrage zur SRGAuf SRF-Unterhaltung könnten sie verzichten, sagen unsere Leserinnen und Leser
Der Bundesrat will bei der SRG sparen – ohne zu sagen, wo. Für unsere Leserschaft sind Information und Konsumentensendungen unverzichtbar. Für «Happy Day» gilt das nicht.
Nun wird mal wieder heftig über SRF diskutiert: was es anbieten soll, welche Sendungen zu seinem Kernauftrag gehören.
Ausgelöst hat die jüngste SRF-Debatte vor einer Woche Medienminister Albert Rösti: Im Namen des Bundesrates schlug er vor, die Radio- und Fernsehgebühren von heute 335 auf 300 Franken zu reduzieren. Diese Einsparung soll eine Alternative zur radikaleren Halbierungsinitiative sein, mit der die obligatorische Radio- und Fernsehgebühr auf 200 Franken gesenkt würde.
Zukünftig solle sich die SRG auf Information, Bildung und Kultur fokussieren, sagt der Bundesrat. Gekürzt werden könne im Sport- und Unterhaltungsbereich – und dort, wo die SRG «Programme teuer einkauft und Private konkurriert», wie Rösti in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag» erklärte. Gespart werden könne aber auch durch «Effizienzmassnahmen».
Bei Röstis Kürzungsvorschlag bleibt jedoch vieles vage. Wir haben daher unsere Leserinnen und Leser gefragt, welche Bereiche und Sendungen für sie unbedingt zum SRF-Angebot gehören – und wo sie allenfalls verzichten könnten.
Die nicht repräsentative Umfrage stiess auf grosses Interesse: Über 14’000 Leserinnen und Leser beantworteten in den vergangenen vier Tage unsere Fragen.
Hier sind ausgewählte Resultate der Umfrage:
Der Kernauftrag an SRF scheint klar
Information ist mit 99 Prozent ganz klar das, was für die Teilnehmenden zum Kernangebot von SRF gehört. Ebenfalls gewünscht sind Bildungs- und Kultursendungen (mit jeweils etwas mehr als 75 Prozent). Dieses Ergebnis entspricht dem, was Medienminister Rösti als Kernbereiche einer zukünftigen SRG genannt hat.
Information: Ja
Geradezu zwingend zum SRF-Angebot gehören für unsere Teilnehmerinnen und Teilnehmer die Informationssendungen wie die «Tagesschau», «Meteo» und «Schweiz aktuell». Ebenfalls mehrheitsfähig sind Konsum- und Gesundheitssendungen wie der «Kassensturz» und «Puls». Für über die Hälfte ist zudem das «Sportpanorama» Teil eines Service public – im Unterschied zum «Guetnachtgeschichtli» und vielen Unterhaltungssendungen, die in der Umfrage nicht mehrheitsfähig sind.
Unterhaltung ist für eine Mehrheit verzichtbar
Das Verdikt unserer Umfrage ist klar: Unterhaltungssendungen finden keine Mehrheit. Und zwar unabhängig von Wohnort, Geschlecht und Bildungsniveau der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Und dies, obwohl diese Sendungen beim SRF-Publikum sehr erfolgreich sind: Die Sendung «Happy Day», die in unserer Umfrage gerade mal 12 Prozent zu einem Service-public-Angebot zählen, erreichte im letzten Jahr im Schnitt 568’000 Zuschauerinnen und Zuschauer oder einen Marktanteil von 39 Prozent. Noch etwas erfolgreicher ist mit 41 Prozent beim Marktanteil der «Donnschtig-Jass». Doch auf diese Sendung würden gemäss unserer Umfrage 70 Prozent verzichten. Auch andere Sendungen, die in unserer Umfrage als verzichtbar scheinen, sind echte Publikumslieblinge, etwa das von Sven Epiney moderierte «Wer wohnt wo?»: Im Schnitt schauten sich diese Sendung 448’000 Zuschauerinnen und Zuschauer an. Wenig Kredit hat in unserer Umfrage die äusserst erfolgreiche «Landfrauenküche», die sich durchschnittlich 498’000 Zuschauerinnen und Zuschauer anschauten.
Unterhaltung gehört jedoch zum aktuellen Kernauftrag der SRG, festgehalten in der Konzession. Unterhaltung ist auch der Hauptgrund, warum Fernsehen geschaut wird: In der letzten Befragung zur Nutzung von elektronischen Medien im Auftrag des Bundesamtes für Kommunikation gaben 37 Prozent an, das TV-Gerät zu Unterhaltungszwecken einzuschalten. Nur 12 Prozent nutzen das Fernsehen ausschliesslich, um sich zu informieren.
Mehr als die Hälfte der Befragten hingegen schauen Fernsehen, um sich sowohl zu unterhalten wie zu informieren. «Für ein Fernseh-Vollprogramm im klassischen Sinn, wie wir es auch von ARD, ZDF und BBC kennen, sind Unterhaltungssendungen absolut unerlässlich», schreibt der frühere Sat-1-Chef Roger Schawinski auf Anfrage. Für einen Service public ausgeschlossen seien die bei Privatsendern beliebten Reality-Trash-Shows, «die weder bei den erwähnten Sendern noch bei der SRG im Programm stehen». Dies bedeute jedoch nicht, «dass sich über die Qualität und Relevanz einzelner Sendungen keine Fragen stellen», wie Roger Schawinski sagt.
Ähnlich sieht das auch Casper Selg von der «Allianz Pro Medienvielfalt», die für den Erhalt des bisherigen SRG-Angebots und damit gegen die Halbierungsinitiative und weitere Sparvorschläge kämpft: «Die SRG braucht ein Vollprogramm mit Unterhaltung und Sport», schreibt der langjährige, inzwischen pensionierte «Echo der Zeit»-Moderator, dies unter anderem, «um grosse Reichweiten zu erzielen, was den Qualitätssendungen aus den Bereichen Information und Kultur ebenfalls viel Publikum verschafft». Flaggschiffe wie die «Tagesschau» seien teuer. Wenn die Reichweiten von SRF einbrechen würden, steige der Druck, auch Informationsangebote «zu kürzen oder gar abzuschaffen».
Bildung als entscheidender Faktor
An unserer Umfrage nahmen mehrheitlich Leserinnen und Leser mit einem Universitäts- und Hochschulabschluss teil. Beim Bildungsniveau zeigen sich denn auch die grössten Unterschiede, während andere Faktoren wie Geschlecht oder Wohnort kaum eine Rolle spielen. Etwas zugespitzt lässt sich sagen: Je geringer das Bildungsniveau, umso eher zählen Unterhaltungssendungen bei SRF zum Service public.
Jüngere wollen eher SRF-Angebote im Netz
Für eine Mehrheit der Umfrageteilnehmerinnen und -teilnehmer ist es unbestritten, dass SRF seine Inhalte – neben den Radio- und TV-Kanälen – auch auf Apps und im Internet ausspielt. Die Akzeptanz dieser Angebote liegt im Schnitt bei 79 Prozent (für www.srf.ch) beziehungsweise bei 64 Prozent (für die SRF-Apps). Im Unterschied zu den älteren Generationen wollen die 18 bis 34-Jährigen auch eher Inhalte auf Plattformen wie Youtube, Instagram, Tiktok und Facebook.
Eine grosse Akzeptanz bei den Jüngeren hat insbesondere Youtube: Mit 50 Prozent findet die Hälfte der 18 bis 34-Jährigen, dass SRF Inhalte auf der Videoplattform von Google ausspielen soll. Diese Ergebnisse decken sich mit dem Auftrag der SRG: Sie muss – gemäss aktueller Konzession – für eine jüngere Zielgruppe Inhalte auf Plattformen von Drittanbietern wie Google und Facebook ausspielen, wo die bis zu 45-Jährigen sich informieren und unterhalten.
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