Scholz am SDP-ParteitagSPD bestätigt Scholz als Kanzlerkandidaten
Mit einer kämpferischen Rede versucht Scholz seine Partei aufzurütteln. Diese bestätigt ihn als Kanzlerkandidat.
- SPD bestätigt Bundeskanzler Olaf Scholz als Kanzlerkandidaten.
- Scholz sieht die anstehende Wahl als Richtungsentscheidung für Deutschland.
- SPD hat zwar Umfragerückstand, bleibt aber optimistisch für Trendwende.
- Scholz übt Kritik an CDU/CSU und warnt vor Gefahren für die Demokratie und unterstützt die Ukraine.
Die SPD hat Bundeskanzler Olaf Scholz auf ihrem Parteitag in Berlin als Kanzlerkandidaten für die Bundestagswahl am 23. Februar bestätigt. Bei der Abstimmung per Handzeichen gab es nur wenige Gegenstimmen.
«Es geht um verdammt viel», sagte Olaf Scholz in seiner 51-minütigen Rede auf einem Sonderparteitag in Berlin. «Wir streiten dafür, die Erfolgsmarke ‹Made in Germany› zu bewahren und zu erneuern – für die ganz normalen Leute in unserem Land. Also, kämpfen wir.» Die 600 Delegierten feierten ihn stehend mit sechseinhalb Minuten Applaus.
Die Sozialdemokraten wollen bei der Wahl am 23. Februar wieder stärkste Partei werden, haben derzeit in den Umfragen aber einen Rückstand von 13 bis 20 Prozentpunkten auf die führende Union und liegen auch hinter der AfD auf Platz drei.
Scholz zeigte sich trotzdem zuversichtlich, dass die Trendwende noch gelingen kann. «Winterwahlkämpfe können ein gutes Ende haben», sagte er. In Hamburg habe er sich zweimal im Februar zur Wahl gestellt und gewonnen. «Ich finde, das macht Mut in dieser Zeit.»
Richtungsentscheidung zwischen SPD und Union
Scholz wertete die Wahl als Richtungsentscheidung zwischen SPD und Union. «Wir stehen in Deutschland tatsächlich an einem Scheideweg», sagte er. «Die nächsten zehn Jahre werden entscheidende Jahre.» Wenn Deutschland am 23. Februar falsch abbiege, «dann werden wir in einem anderen Land aufwachen».
Mit Blick auf die Konkurrenz von der Union sagte der Kanzler: «Jetzt ist nicht die Zeit für Sprücheklopfer. Jetzt ist nicht die Zeit für die uralten Rezepte. Jetzt ist nicht die Zeit für Politik auf dem Rücken der ganz normalen Leute. Oder knapp: Jetzt ist nicht die Zeit für CDU und CSU in Deutschland.»
Scholz warf der Union und ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz vor allem vor, Einschnitte im sozialen Bereich zu provozieren, unter anderem weil sie das derzeitige Rentenniveau nicht stabilisieren wolle. Scholz verwies auch darauf, dass die SPD fast alle Steuerzahler entlasten wolle, während CDU und CSU auch Spitzenverdiener im Blick habe.
«Vielleicht hätte ich früher auf den Tisch hauen müssen»
Die Rückschau auf seine dreijährige Regierungszeit als Ampel-Kanzler kam in der Rede nur kurz vor. Er räumte ein, dass er die Regierung mit Grünen und FDP vielleicht früher hätte beenden müssen. «Vielleicht hätte ich früher auf den Tisch hauen müssen, nicht nur hinter den Kulissen, sondern öffentlich.»
Auf harsche Kritik an dem früheren Koalitionspartner FDP oder an den Grünen verzichtete der Kanzler diesmal weitgehend und arbeitete sich vor allem an der Union ab.
Eindringlich warnte Scholz vor Rechtspopulisten und Angriffen auf die Demokratie. Den Rechtsruck in Österreich nannte er «bedrückend». «Das können wir nicht einfach so zur Kenntnis nehmen», sagte der Kanzler. Auch in Amerika würden Kräfte daran arbeiten, «unsere demokratischen Institutionen zu zerstören».
Botschaft an Trump – ohne ihn zu nennen
Den künftigen US-Präsidenten Donald Trump erwähnte Scholz in seiner Rede zwar nicht, wies dessen Gebietsansprüche in Panama, Kanada und Grönland aber erneut indirekt zurück. «Das Prinzip der Unverletzlichkeit von Grenzen gilt für jedes Land – egal, ob es im Osten von uns liegt oder im Westen», sagte er. «Kein Land ist der Hinterhof eines anderen.»
Der Ukraine sicherte Scholz weitere Unterstützung zu und versicherte, dass er eine Verwicklung der Nato in den Krieg verhindern werde. Merz warf er erneut vor, dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zwischenzeitlich ein Ultimatum gestellt zu haben, das er später wieder relativiert habe. Das zeuge «weder von Standhaftigkeit noch von Verantwortung».
Er selbst werde standfest und besonnen bleiben. «Darauf können sich alle Bürgerinnen und Bürger in Deutschland verlassen.»
Parteitag bestätigt Scholz als Kanzlerkandidaten
Scholz war Ende November vom Parteivorstand erst nach zäher und kontroverser Debatte als Kanzlerkandidat nominiert worden. Zuvor hatte die Partei zwei Wochen lang öffentlich darüber diskutiert, ob nicht der deutlich beliebtere Verteidigungsminister Boris Pistorius als Ersatzkandidat für den nach dem Scheitern seiner Ampel-Regierung angeschlagenen Scholz eingewechselt werden soll.
Anders als bei seiner ersten Kanzlerkandidatur 2021 wurde Scholz diesmal nicht in geheimer Abstimmung gewählt. Die Parteiführung begründet das damit, dass Scholz nun als Kanzler und nicht als Herausforderer antritt und es in diesen Fällen üblich sei, «per Akklamation» zu entscheiden. 2021 hatten 96,2 Prozent der Delegierten bei einer geheimen Online-Abstimmung während der Coronapandemie für ihn gestimmt.
Ex-Kanzlerkandidat Steinbrück rechnet mit Niederlage der SPD
Mit Peer Steinbrück meldete sich ein ehemaliger Kanzlerkandidat vor dem Parteitag zu Wort und äusserte sich skeptisch zu der von Scholz angestrebten Aufholjagd. «Die Wahrscheinlichkeit weist darauf hin, dass die SPD mit ihm an der Spitze erkennbar nicht die stärkste Partei wird», sagte der frühere Finanzminister dem Nachrichtenportal t-online.
2021, als Scholz einen ähnlichen Rückstand aufgeholt hat, sei die Situation eine andere gewesen. Heute schleppe er «Erfahrungen oder Bewertungen» aus drei Regierungsjahren «in seinem Rucksack mit über die Hürden des Wahlkampfs». Das verändere die Ausgangslage «sehr weitgehend», sagte Steinbrück, der 2013 gegen die CDU-Kanzlerin Angela Merkel antrat und verlor.
2021 hatte die Aufholjagd zum jetzigen Zeitpunkt des Wahlkampfs, also sechs Wochen vor der Wahl, schon längst begonnen. Knapp fünf Wochen vor dem Wahltermin überholten die Sozialdemokraten die Union erstmals in einer Umfrage und stabilisierten den Trend dann.
DPA
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