Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Linke Nationalrätin prescht vor
SP kratzt an der Unabhängigkeit der SNB

Die Zürcher SP-Nationalrätin Céline Widmer will die SNB anders aufstellen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Soll der Präsident oder die Präsidentin der Nationalbank künftig von der vereinigten Bundesversammlung gewählt werden? Das käme einer Revolution gleich. Heute wählt der Bundesrat die Mitglieder des dreiköpfigen Direktoriums – auf Vorschlag des Bankrats der SNB. 

Die Frage nach dem künftigen Wahlgremium soll der Bundesrat beantworten, wie SP-Nationalrätin Céline Widmer in einer Interpellation schreibt. In ihrem Vorstoss will sie Antworten auf Fragen nach der Organisation und der Transparenz der Nationalbank. Die Ideen zielen in eine Richtung: Die heutige Form der Nationalbank würde damit verändert. 

Am Donnerstag sorgte die Nationalbank für die grosse Überraschung. Sie erhöhte das Zinsniveau und überholte damit die Europäische Zentralbank (EZB). Das Ziel der Nationalbank ist, mit dem erhöhten Zins die Inflation zu bekämpfen.

Für Widmer ist der Entscheid der Nationalbank der Beweis dafür, dass es bei der SNB Handlungsbedarf gibt. «Das Thema der Führungsorganisation der SNB hat mit dem Entscheid vom Donnerstag noch an Bedeutung gewonnen», sagt Widmer. Dass ein solch gewichtiger Entscheid von einem Dreiergremium gefällt werde, das im internationalen Vergleich auch noch bezüglich Transparenz zurückfalle, sei «waghalsig». 

Konkret wirft Widmer in ihrer Interpellation – neben der Frage nach einer möglichen Wahl durch die vereinigte Bundesversammlung – auch die Frage nach der Grösse des Direktoriums auf. Zudem stellt sie die Frage, mit welchen Massnahmen die SNB transparenter werden könne. 

Unabhängigkeit als wichtigstes Gut

Solche politischen Forderungen für Eingriffe in den Aufbau und die Ausrichtung der Nationalbank sind nicht neu. Immer wenn solche Vorstösse im Parlament diskutiert werden, ist der Grundtenor klar: Die Unabhängigkeit ist das wichtigste Gut der Nationalbank – entsprechend haben es Vorstösse in diesem Feld schwer.

Die SP forderte 2015 in einem Postulat, dass der Bundesrat in einem Bericht darlegt, wie die Transparenz der Nationalbank erhöht werden könnte. Zudem sollte der Bericht eine Gelegenheit sein, den «Begriff und die Bedeutung der Unabhängigkeit der Nationalbank» auszuführen. Obwohl der Bundesrat das Postulat zur Annahme empfahl, wurde es im Rat versenkt. 

Fritz Zurbrügg (links), Thomas Jordan und Andréa Maechler überraschten am Donnerstag mit einem Zinsanstieg.  

Was Unabhängigkeit der Nationalbank im äussersten Fall bedeutet, liess sich 2015 beobachten. Damals hob die Nationalbank am 15. Januar den Euro-Mindestkurs auf. Der Bundesrat wurde zeitlich nur ganz kurz vor der gesamten Öffentlichkeit über den Schritt informiert. 

«Als Linke habe ich ein Interesse daran, dass nicht die bürgerliche Mehrheit im Parlament einen Kandidaten durchdrücken kann.»

SP-Nationalrätin Céline Widmer

Widmer versteht ihren Vorstoss nicht als Angriff auf die Unabhängigkeit der Nationalbank. «Ich verstehe, dass man das so sehen kann. Aber es ist sonnenklar: Die Nationalbank muss unabhängig sein», sagt Widmer. «Als Linke habe ich ein Interesse daran, dass nicht die bürgerliche Mehrheit im Parlament einen Kandidaten durchdrücken kann.»

Sie verweist auf die Wahl des Direktoriums der Finanzkontrolle oder des Datenschützers, die unabhängig seien, trotz Wahl durch die vereinigte Bundesversammlung. Doch sie will, dass die Nationalbank dem Parlament gegenüber mehr Rechenschaft ablegen und sich besser erklären muss. 

Widmer ist mit ihren Forderungen nicht allein. So veröffentlichte das sogenannte SNB Observatory eine Studie, die Transparenz und Aufbau des Direktoriums kritisiert. Und auch andere Parlamentarier hegen grundsätzliche Sympathie dafür, dass über den Aufbau und die Transparenz der SNB diskutiert wird. 

So sagte Grünen-Nationalrat Gerhard Andrey im vergangenen Herbst zu dieser Zeitung: «Die Frage, ob ein Dreierdirektorium den heutigen hochkomplexen Anforderungen noch gerecht wird, ist durchaus berechtigt.»

Widmer sagt nun: «Das Gremium ist zu klein für die Tragweite der Entscheide, zu wenig breit abgestützt.» Der Entscheid der SNB, die Zinsen zu senken, werde sich stark auf die Schweizer Wirtschaft auswirken. «Und ein solcher Entscheid wurde in einem Gremium getroffen, das keinerlei Transparenz an den Tag legt.»

Vermehrte Transparenz würde die Unabhängigkeit der Nationalbank nicht beschneiden, sagt Widmer. «Es gibt Beispiele wie etwa die US-Notenbank Fed, die deutlich transparenter und trotzdem unabhängig ist.»

Mehr Austausch mit der Presse vorgesehen

Erst einmal will Widmer nun Antworten vom Bundesrat. «Wichtig ist, dass wir endlich über das Thema breit diskutieren», sagt Widmer. Doch für sie ist klar: Der nächste Schritt wird folgen. Wohl in der Herbstsession wird sie einen konkreten Vorstoss eingeben mit der klaren Forderung: Die Nationalbank soll transparenter werden, sich breiter abstützen und sich dem Parlament stärker erklären müssen.

Ein kleiner Schritt punkto Transparenz kündigte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag an einer Pressekonferenz an. Künftig sollen mehr Pressekonferenzen stattfinden, an denen Journalistinnen und Journalisten Fragen stellen können.