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Kritik an der Nationalbank
Sehr viel Macht für nur drei Menschen

Anfällig für Gruppendenken: Das Direktorium der Schweizerischen Nationalbank mit Präsident Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und Andréa Maechler.
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In den letzten zwei Jahrzehnten hat sich in der Welt der Zentralbanken viel bewegt – doch die Schweizerische Nationalbank ist stehen geblieben: Das ist das Fazit eines neuen Berichts des SNB Observatory.

Das im Februar letzten Jahres gegründete Projekt setzt sich zum Ziel, die Politik der Schweizerischen Nationalbank mit kritischen Diskussionsbeiträgen zu hinterfragen. Es besteht aus den Ökonomen Stefan Gerlach, ehemaliger Vizepräsident der irischen Notenbank und heute Chefökonom der Bank EFG, Yvan Lengwiler, Wirtschaftsprofessor an der Universität Basel, und Charles Wyplosz, Professor am Graduate Institute in Genf.

Sie haben die Governance, das System zur Steuerung der Nationalbank, mit anderen erfolgreichen Zentralbanken verglichen – und dabei erhebliche Mängel festgestellt. Bis vor zwanzig Jahren sei die Governance «sehr gut» gewesen, doch «seither ist die SNB im Vergleich zum internationalen Standard zurückgefallen», stellen die Autoren fest. Es gebe bedeutenden Reformbedarf.

SNB im internationalen Vergleich wenig transparent

Die Nationalbank gehört zu den unabhängigsten Zentralbanken, lässt sich also bei ihrer Geldpolitik nicht leicht von der Politik vereinnahmen. Eine Zentralbank, die von Exekutive und Legislative weitgehend unabhängig sei, müsse jedoch transparent sein, damit sie zur Rechenschaft gezogen werden könne. Die SNB verbinde aber «aussergewöhnliche Unabhängigkeit mit geringer Transparenz». «Dies ist kein Merkmal einer guten Governance», so die Autoren.

Gemäss einer neuen Studie belegt die Nationalbank bezüglich Transparenz unter neunzehn untersuchten Zentralbanken lediglich den drittletzten Rang. Nur Singapur und Dänemark stehen noch schlechter da.
Tatsächlich ist die Nationalbank im Vergleich zu anderen Zentralbanken sehr zurückhaltend mit Informationen. Das Direktorium veröffentlicht viermal im Jahr eine Pressemitteilung zum Zinsentscheid, mit relativ wenig Erläuterungen. Ausser zur Inflation gibt es keine Prognosen zu wirtschaftlichen Variablen wie Wirtschaftstätigkeit, Arbeitslosigkeit oder Zinssätzen.

«Das Parlament hat kaum eine Chance, die Nationalbank zu beurteilen und zur Rechenschaft zu ziehen.»

Yvan Lengwiler, Professor für Nationalökonomie, Universität Basel

Zu den Überlegungen und Diskussionen im Direktorium, die zum Zinsentscheid geführt haben, erfährt die Öffentlichkeit nichts. Anders als die Zentralbanken der USA, der Eurozone, Englands oder Schwedens, die solche Informationen nach ihren Entscheiden veröffentlichen, sind die Protokolle der Direktoriumssitzungen der Nationalbank erst nach dreissig Jahren auf Anfrage einsehbar.

Die Rechenschaftspflicht vor dem Parlament halten die drei Ökonomen für ungenügend. Im Vergleich zu anderen Zentralbanken werde die Nationalbank vom Gesetzgeber kaum kontrolliert. «Das Parlament hat kaum eine Chance, die Nationalbank zu beurteilen und zur Rechenschaft zu ziehen», sagt Yvan Lengwiler. «Das ist bedenklich, schliesslich handelt es sich um eine der mächtigsten Institutionen des Landes, und mit ihrer Bilanz von rund 1000 Milliarden Franken geht es um sehr viel Geld.» 

«Ihre Intransparenz ist problematisch»

Ein weiterer Kritikpunkt betrifft das Direktorium mit dem Präsidenten Thomas Jordan und den Mitgliedern Andréa Maechler und Fritz Zurbrügg. So kleine Gremien seien anfällig für Gruppendenken. Die Ökonomen empfehlen deshalb, das Direktorium zu vergrössern, beispielsweise durch die Aufnahme externer Mitglieder, wie es etwa in England oder Schweden üblich ist.

Mit ihrer Kritik will das SNB Observatory die Debatte über die Nationalbank fördern, denn die Geldpolitik habe weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft, Unternehmen und Arbeitnehmerinnen, Konsumenten und Sparer. «Auch wenn die Nationalbank ihren Auftrag erfüllt, ihre Intransparenz ist problematisch, und die SNB hätte es in der Hand, das zu verbessern», sagt Yvan Lengwiler.