Geldberater: Geprellte CS-ObligationäreSollen wir bei der Credit Suisse Regressansprüche anmelden?
Wenn man belegen kann, dass man ein risikoaverses Kundenprofil hat und die Bank nicht über die Gefahren von AT1-Anleihen informiert hat, lohnt sich eine juristische Prüfung.
Im Jahr 2018 baten wir unseren Bankberater um Empfehlungen für die Anlage eines Teils unserer Ersparnisse. Als Rentner wünschten wir uns möglichst sichere Instrumente. Eine der Empfehlungen waren Anleihen der Credit Suisse, in die wir 25'000 Franken investierten. Leider haben wir mit der Übernahme der CS durch die UBS dieses Geld verloren. Wir haben erfahren, dass es sich um Anleihen vom Typ AT-1 handelte. Wir sind uns bewusst, dass es bei Investitionen keine Garantien gibt, aber sind der Meinung, dass diese Anleihen für Rentner, die Sicherheit suchen, nicht geeignet waren. Haben wir Regressansprüche gegenüber dem Berater oder der Bank? Leserfrage von B.O.
Der Begriff AT1-Anleihe steht für Additional-Tier-1-Anleihen (AT1), die oft Contingent Convertible Bonds CoCos genannt werden. Diese sind bei Banken beliebt, da sie den Instituten helfen, ihre Eigenkapitalanforderungen zu erfüllen. Die Eigenmittelverordnung schreibt Banken entsprechend der eingegangenen Risiken angemessene Eigenmittel vor. Diese bestehen aus hartem Kernkapital wie das einbezahlte Gesellschaftskapital und die offenen Reserven, zusätzliches Kernkapital etwa in Form von Additional Tier 1-Anleihen und Ergänzungskapital etwa in Form von Tier-2-Anleihen.
Zum Additional Tier 1 und zum Tier 2 gehören laut der Finanzmarktaufsicht Finma «Kapitalinstrumente, die in der Bilanz zwar Fremdkapital darstellen, aber auch dazu dienen können, Verluste aufzufangen.» Genau dies ist Ihnen als Inhaber von AT1-Anleihen der CS zum Verhängnis geworden. Für Banken sind AT1-Anleihen Kapitalpuffer für den Fall eines Bankenzusammenbruchs. Leider wurde dies vielen Privatinvestoren wahrscheinlich nie so klar kommuniziert.
AT1-Anleihen haben in einem Depot von Anlegern, die hohe Sicherheit wünschen, nichts zu suchen.
Tatsache ist: AT1-Anleihen sind nachrangige Anleihen. Beim Begriff «nachrangig» sollte man hellhörig werden. Nachrangig bedeutet, dass man im Falle einer Krise fast keine Rechte mehr hat. Man ist bei der Geltendmachung von Forderungen bei den Letzten im Umzug – so wie die Aktionäre. Der Unterschied ist nur, dass die meisten wissen, dass man im Krisenfall als Aktionär alles verlieren kann. Als Obligationär steht man in der Regel besser da – nicht aber als Inhaber von nachrangigen Anleihen. Im Klartext: AT1-Anleihen sind Risikoanleihen und haben in einem Depot von Anlegern, die hohe Sicherheit wünschen, nichts zu suchen.
Als Investor trägt man allerdings immer ein Anlagerisiko und kann dafür die Bank grundsätzlich nicht belangen. Die Frage stellt sich nun aber, ob Ihnen Ihre Bank diese Risikoanleihen ausdrücklich empfohlen hatte und ob diese dem im Kundendossier schriftlich festgelegten Risikoprofil widersprechen. Falls Sie schriftlich belegen können, dass Sie möglichst keine oder nur sehr geringe Risiken eingehen möchten und Ihnen die Papiere entgegen dieser Absicht zum Kauf empfohlen wurden, hätte die Bank allenfalls ihre Verantwortung nicht genügend wahrgenommen.
Es stellt sich die Frage, wie Ihre Kundenbeziehung definiert ist: Handeln Sie auf eigene Verantwortung oder besteht ein Beratungsauftrag? Bei Letzterem hätten Sie bessere Karten. Zu prüfen wäre, welche Unterlagen Sie über die AT1-Anleihen erhalten hatten und ob und wie genau Sie über die Risiken aufgeklärt wurden. Wenn Sie belegen können, dass Sie ein risikoaverses Profil aufweisen und die Bank Sie nicht oder nur rudimentär über die Gefahren von AT1-Anleihen informiert hatte, würde ich bei der Bank Regressansprüche anmelden. Es dürfte sich lohnen, die Sache mit einer Anwältin oder einem Anwalt zu prüfen.
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