Gotthard-DebatteSo regeln unsere Nachbarländer die Gebühren
Eine Maut, wie sie zurzeit für den Gotthard diskutiert wird, gibt es in der EU schon lange. Nur diskriminieren dürfen die Abgaben nicht. Wobei Brüssel gegen einen «Tessinervorrang» wenig unternehmen könnte.
Was in der Schweiz für den Gotthard diskutiert wird, ist in der EU in einzelnen Mitgliedstaaten ganz normal. Im Nachbarland Österreich führt die sogenannte Autobahn und Schnellstrassen-Finanz-Aktiengesellschaft (Asfinag) allein fünf Streckenabschnitte auf, für die PW-Fahrerinnen und -Fahrer eine Maut entrichten müssen: «Auf baulich kostenintensiven Alpenquerungen gelten für Kraftfahrzeuge bis 3,5 Tonnen gesonderte Streckenmauttarife», heisst es bei der Asfinag.
Am Brenner kostet die Einzelfahrt zum Beispiel 11 Euro, doch es gibt auch Jahreskarten für 114 Euro oder Sondertarife für Pendler (45 Euro). Ähnlich wie die Schweiz kennt auch Österreich zudem das System mit einer Vignette, dem sogenannten Pickerl. Die Maut für den Brenner, den Karawankentunnel oder die Arlbergschnellstrasse ist also unabhängig davon fällig, ob der Autofahrer bereits eine Vignette hat. Wobei Vignettenbesitzer Ermässigung bei der Streckenmaut bekommen.
In Dänemark muss die Autofahrerin oder der Automobilist auf der Öresundbrücke nach Malmö oder der Storebaeltbrücke eine Maut entrichten. In Schweden kennen die Städte Stockholm und Göteborg eine Citymaut, wobei der Preis in den Stosszeiten höher ist als ausserhalb, also steuernd wirken soll. Was in der EU nicht geht, sind diskriminierende Mautsysteme. Hier haben vor einigen Jahren deutsche Mautpläne für viel Gesprächsstoff und auch Ärger zwischen einzelnen Mitgliedstaaten gesorgt. Die Regierung in Berlin wollte eine PW-Maut einführen, auch als sogenannte Ausländermaut verpönt. Vor allem aus dem Nachbarland Österreich kam massiver Protest.
«Ausländermaut» gestoppt
Autolenker mit Wohnort in Deutschland wären zwar von dem automatischen System auch erfasst worden, hätten aber über einen Freibetrag bei der KFZ-Steuer entschädigt werden sollen. Der Europäische Gerichtshof stufte die Ungleichbehandlung von In- und Ausländern als diskriminierend ein, worauf die Pläne eingestampft wurden. Sehr wahrscheinlich ist, dass Brüssel gegen eine diskriminierende Schweizer Maut protestieren würde. Solange kein konkretes Projekt vorliege, könne man sich nicht äussern, hiess es bei der EU-Kommission. Rechtlich hätte Brüssel aber wenig in der Hand. Beim Landverkehrsabkommen liegt der Fokus auf dem Warenverkehr. Aus EU-Sicht ist die Schweizer Jahresvignette eigentlich schon diskriminierend, weil Ausländer selbst für eine einmalige Nutzung unseres Autobahnnetzes gleich viel bezahlen müssen wie Einheimische, die jeden Tag unterwegs sind. Slowenien zum Beispiel musste deshalb nach dem Beitritt zusätzlich zur Jahresvignette auch «Pickerl» für Kurzbesucher einführen.
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