Kommentar zu Parmelins Brüssel-BesuchSo macht der Bundesrat alles nur noch schlimmer
Seit Monaten schweigt der Bundesrat zum wichtigsten Dossier der Schweizer Politik. Diese Intransparenz wird immer mehr zum Problem. Bundespräsident Parmelin muss sie am Freitag beenden.
Seit Monaten wiederholt sich in Bern jede Woche ein seltsames Ritual.
Fast jeden Mittwoch stellt eine Journalistin oder ein Journalist an der Medienkonferenz des Bundesrats die immer gleichen Fragen: Hat die Regierung zum Rahmenabkommen endlich etwas entschieden? Hat sie in ihrem wichtigsten Dossier irgendeinen Plan?
Und jeden Mittwoch antwortet Bundesratssprecher André Simonazzi, dass er die Fragen nicht beantworte. Für etwas Variation sorgt immerhin, dass Simonazzi seine Nichtauskünfte abwechselnd auf Deutsch, Französisch oder Italienisch vorträgt. Ansonsten könnte der Bundesratssprecher auch ein Band abspielen.
Eine Zeit lang konnten beide Seiten über dieses Spiel noch schmunzeln. Doch in den letzten Wochen reagiert Simonazzi teilweise gereizt – als ob es eine Zumutung wäre, die unendliche Weisheit der hohen Landesregierung nur schon durch Fragen anzuzweifeln.
Die EU-Kommission nutzt die kommunikative Leere in Bundesbern, um ihren politischen Spin auszubreiten.
Doch die Zumutung leisten sich nicht die Fragesteller, sondern der Gesamtbundesrat.
Seine Nichtkommunikation im EU-Dossier wird immer mehr zum Problem für das ganze Land. Denn andere Kräfte füllen das Vakuum noch so gern. Im Inland sind es die Kritiker, die fast täglich Stimmung gegen das Rahmenabkommen machen, ohne selber brauchbare Alternativen zu präsentieren.
Und in Brüssel nutzt die EU-Kommission die kommunikative Leere in Bundesbern, um ihren politischen Spin auszubreiten. So behauptet sie neuerdings sogar, der Bundesrat habe in den letzten Monaten nicht einmal den Versuch unternommen, das Rahmenabkommen ernsthaft nachzuverhandeln. Zu keinem der drei Streitpunkte habe die Schweiz eigene Textvorschläge vorgelegt.
So happig dieser Vorwurf ist: Nicht einmal dazu nimmt der Bundesrat Stellung. Und so sind inzwischen sogar führende Aussenpolitiker in National- und Ständerat geneigt, dem Vorwurf der EU zu glauben, so unglaublich er auch klingen mag.
Definitiv ins Absurde kippte die Nichtkommunikation des Bundesrats letzte Woche: Er wollte zunächst nicht einmal das Datum des geplanten Gipfeltreffens von Bundespräsident Guy Parmelin und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bestätigen, obwohl die Gegenseite dies längst getan hatte.
Es ist nachvollziehbar, dass der Bundesrat vor diesem kapitalen Treffen nicht alle seine Karten auf den Tisch legt. Und so klammern sich die treusten Bundesratsversteher tapfer an die Hoffnung, ihre Regierung werde doch gewiss irgendeinen Plan haben.
Ihren Gegnern kommunikativ das Feld zu überlassen, ist einer der schlimmsten Fehler, die eine Regierung machen kann.
Doch selbst wenn der Bundesrat sein Schweigen als Teil einer cleveren Verhandlungsstrategie sehen sollte: Er hat das EU-Dossier damit noch schwieriger gemacht, als es ohnehin schon war. Mit seinem Schweigen liess er zu, dass das Rahmenabkommen jede Woche noch ein bisschen mehr zerredet, jede Woche noch ein bisschen schlechter gemacht wurde, als es ist.
Das muss nun endlich enden.
Nach seinem Gipfeltreffen mit der EU-Chefin muss Bundespräsident Parmelin am Freitagnachmittag Klarheit schaffen: Sieht der Gesamtbundesrat noch eine Chance für das Abkommen? Dann soll er in der Öffentlichkeit dafür kämpfen. Sieht er für das Abkommen keine Zukunft mehr? Dann soll er sagen, wie sein Plan B aussieht.
Ihren Gegnern kommunikativ das Feld zu überlassen, ist einer der schlimmsten Fehler, die eine Regierung machen kann. Erst recht in der Schweiz, in welcher der Bundesrat am Ende immer auch das Volk für seine Pläne gewinnen muss.
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